Photoshopped – Irreführung durch bearbeitete Models

Photoshopped – Irreführung durch bearbeitete Models

Während im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert schöne Frauen in Werbeanzeigen der Phantasie und Kreativität begnadeter Maler und Werbezeichner wie Alfons Mucha oder Haddon Sundblom entsprangen und neben dem beabsichtigten Werbeeffekt auch einen künstlerischen Mehrwert schufen, haben die heutigen Werbekampagnen nur wenig mit dem Glanz früherer Zeiten gemein.

Sicherlich lässt sich auch den heutigen in der Werbung verwendeten Fotografien von schönen Models, Film- und Popstars ein gewisser künstlerischer Wert nicht absprechen. Mit Fotokunst à la Helmut Newton hat das alles allerdings kaum noch etwas zu tun. Spätestens wenn in der Postproduktion 5 Glättungsfilter über das Digitalbild gelegt und 20 Retuschierwerkzeuge verwendet werden, um die Augen größer, des Gesicht länger und die Taille schlanker zu machen, verliert sich auch der kleinste künstlerische Wert der Fotografie in den Myriaden von Photoshop Plug-Ins. Wie das in der Praxis aussieht, verriet uns Dove schon 2006 mit dem Clip “Evolution of a Model”:

Im Prinzip ist das ja auch nichts Verwerfliches. Für uns Nicht-Amishen ist der Einsatz moderner Technik auch in der Werbung kein Teufelswerk, sondern eine vollkommen normale und begrüßenswerte Entwicklung. Und natürlich muss Werbung auch nicht unbedingt etwas mit Kunst nach allgemeinem Verständnis zu tun haben, obwohl auch das unmenschlich retuschierte Topmodel sicherlich vom offenen Kunstbegriff des Art. 5 III unseres Grundgesetzes erfasst und geschützt sein wird.

Allerdings gibt es Grenzen. § 5 UWG regelt, dass Werbung uns Konsumenten nicht in die Irre führen darf. Ob eine solche irreführende Werbung vorliegt, entscheiden die Gerichte in der Regel nach Klagen von Mitbewerbern oder Wettbewerbsverbänden (vgl. § 8 III UWG). Stellt das Gericht fest, dass eine Werbeanzeige irreführend ist, hat der Kläger gegen das werbende Unternehmen einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 8 I UWG. Allerdings kann sich Jedermann – auch ohne den Rechtsweg zu beschreiten – beim Deutschen Werberat über eine solche Anzeige beschweren. Eine öffentliche Rüge des Werberats ist zwar nicht bindend aber oft dennoch wirkungsvoll, da die werbenden Unternehmen negative Presse vermeiden möchten.

Was ist nun der Sinn einer solchen Kontrolle von Werbeanzeigen? Mit einer irreführend manipulierten Werbeanzeige kann sich das werbende Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil sichern, den sie nicht aufgrund ihrer unternehmerischen Leistung oder der besonderen Fähigkeiten des beworbenen Produkts erlangt, sondern durch die schlichte Täuschung des Verbrauchers, also in unlauterer Weise. Solche Anzeigen verfälschen den Markt und die Wettbewerbsfähigkeit von Konkurrenzprodukten. Das Wettbewerbsrecht soll sowohl uns Konsumenten als auch die Mitbewerber und nicht zuletzt den Bestand des Wettbewerbs selbst vor einer solchen Entwicklung schützen.

Insbesondere digital nachbearbeitete Bilder liefern in letzter Zeit diesbezüglich Diskussionsstoff. Am 25. Oktober 2012 berichtet das Marketing-Portal HORIZONT.NET (» Link) über den jüngsten Fall solch irreführenden Photoshoppings. In einer Werbeanzeige für einen Mascara des Luxusartikel-Herstellers Dior ist die Schauspielerin Natalie Portman abgebildet (siehe Bild oben). Die hübschen Wimpern der Dame sind allerdings nicht das Produkt der teuren Wimperntusche, sondern entstammen der Anwendung einer berühmten Software aus dem Hause Adobe. Konkurrent L’Oréal petzte beim britischen Werberat ASA, der die Anzeige als “irreführend” und “übertreibend” beurteilte, woraufhin die Anzeige schnell vom Markt genommen wurde. Obwohl die Anzeige auch in Deutschland verwendet wurde, gab es hierzulande keine Konsequenzen.

Alex Goldberg
Berlin, 29. Oktober 2012


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