Papst und Güte

520876_web_R_by_Rolf Handke_pixelio.deLetzte Woche habe ich ja, so weit es mir möglich war, den Papst gelobt für den Versuch, den Polen klar zu machen, dass man Flüchtlingen helfen müsste. Ich glaube nicht, dass es beabsichtigt war, aber es wirkte sehr schnell so, als ob man es hätte nicht einfach so auf sich sitzen lassen können. Natürlich musste der Papst auch etwas anstellen, was mich nicht ganz so begeistert hat. So wie er ist, er ist ja ganz anders und bescheiden, fuhr er in einer ganz einfachen Strassenbahn in der Gegend rum. Jetzt könnte man meinen, ich sollte kein Problem damit haben, die sind ja umweltfreundlich, aber leider auch groß. Zu groß für einen einzigen Mann alleine. Wer sich das auch immer überlegt hat, angeblich der Papst ja persönlich und der hats bestimmt nur gut gemeint. Und da ist es wieder, das allseits beliebte „gut gemeint“, der böse Zwilling von „gut gemacht“. Weil so viel Platz war in dieser Riesenstraßenbahn dürfen auch noch andere mitfahren und was bietet sich an, Kinder? Nein, das ist ein alter Hut. Genauso beliebt, aber halt besser für das Image, Behinderte.

Jetzt bin ich hin- und hergerissen, auf der einen Seite ist es widerlich so eine Zurschaustellung zu veranstalten. Der nette alte Mann, der den armen Behinderten das Köpfchen tätschelt. Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch so, dass der Zweck die Mittel heiligt, ein Wortspiel entsteht auch mal von ganz allein. Und es sollte für mich wichtig sein, dass Behinderte überhaupt gezeigt werden, egal in welchem Zusammenhang. Und das in einem Land, was Arroganz und Ignoranz auf der Fahne stehen haben sollte. Warum ich das so hart formuliere? Nun, ich bin des öfteren da. Bei schönem Wetter sieht man den einen oder anderen Behinderten, zumindest sehe ich welche. Selbst kriege ich das Gefühl vermittelt, dass ich leicht zu übersehen bin.

Es ist ein Gefühl, was ich von zu Hause nicht kenne, dass ich mit jemandem spreche und die Person neben mir wird angeguckt. Und manchmal, da weiß man gar nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll, wenn man die englische Sprache quält oder einzelne deutsche Brocken aneinander reiht, während ich polnisch spreche. Dann bin ich wirklich sprachlos. Ja, ich weiß, man muss eine unverschämte Antwort geben, damit den Leuten, die mit einem nicht sprechen, mal auffällt, wie blöd sie sich verhalten, aber was soll man sagen, wenn einem partout nichts dazu einfällt und wenn die einfach überall sind. Mein Humor diesbezüglich nimmt immer von Tag zu Tag meines Aufenthaltes ab, was eigentlich ganz gut ist, weil dadurch werde ich dann doch unverschämter und die verwirrter. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass es von Jahr zu Jahr besser wird. Die Barrieren nehmen ab, immer mehr Rampen, Markierungen, aber die Einstellung, die bleibt.

So oft, wenn jemand etwas kritisiert, kann man antworten, er wäre ja nur neidisch. In meinem Fall, dieses Mal, am wenigsten. Ich bin so katholisch wie …, verdammt, mir fällt kein passender Begriff ein, obwohl „verdammt“ beschreibt es doch ganz gut. Strassenbahn fahren, nun ja zu Hause fahre ich mit U-Bahnen und die sind noch viel cooler. In den Medien war ich auch schon und alles andere war auch nicht so in meinem Sinne. Nachdem die Behinderten Strassenbahn gefahren sind, das Köpfchen getätschelt bekommen haben, wurden auch Interviews geführt. Und spätestens da, kam Rauch aus vielen meiner Körperöffnungen. Es waren extreme Fälle von Mehrfachbehinderten, was mit sich bringt, dass nicht sie, sondern ihre Betreuer interviewt wurden. Natürlich waren die Behinderten mit im Bild, weil muss ja so sein. Und an dem Wort „Betreuer“ störe ich mich, nun in dem Fall ist es vielleicht legitim, weil es sich halt um geistige Behinderungen handelt, aber, was man wissen sollte, ist, dass es im Polnischen nur den Begriff des „Betreuers“ gibt. Der Begriff der „Begleitperson“, wie man ihn aus dem Behindertenausweis kennt, das ist der Mensch, der immer umsonst irgendwo mit reinkommt, ließe sich problemlos ins Polnische übersetzen, die nennen das aber alle Betreuer. Ich selbst habe das Problem mit meiner Familie, den Begriff der „Assistentin“ einzuführen schon seit Jahren. Auch die Unterschiede der Begrifflichkeiten stoßen auf taube Ohren, es bleibt die Betreuerin.

Nach wie vor kann ich mich nicht entscheiden, ob das Marketing für den Papst zugunsten der Behinderten oder umgekehrt, wie auch immer, gelungen war. Ich hätte mir vielleicht verschiedene Behinderungsformen gewünscht, vielleicht waren auch welche da, nur die waren nicht so restlos begeistert wie die anderen, was dazu führte, dass aus Zeitgründen auf die Einspielung ihrer Interviews verzichtet werden musste. Und was die Polen angeht glaube ich nicht, dass sie sich so viele Gedanken dazu gemacht haben. Die haben sowieso noch einen langen Weg zu gehen und die Behinderten sind nicht die einzige Randgruppe, mit deren Gleichstellung die Polen noch zu kämpfen haben.

(Foto: Rolf Handke / pixelio.de)

Facebook: Bin enttäuscht, der Papst hat so vielen Behinderten den Kopf getätschelt und keiner konnte hinterher laufen.


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