Österreich. Wenn sich Kinder Ihre Eltern nicht mehr leisten können

Wenn sich Kinder Ihre Eltern nicht mehr leisten können

berwis  / pixelio.de

Die Menschen werden immer älter. Die  Lebenserwartung liegt in Österreich durchschnittlich bei 78 Jahren für Männer und bei 83 Jahren für Frauen. Dieser für uns alle so erfreuliche Trend hat aber auch einen Nachteil, denn immer mehr Menschen benötigen im Alter kostenintensive Pflege, die sich nahe Angehörige wie Ehepartner oder Kinder kaum leisten können. 
Eine Studie der Generali Versicherung zeigt, daß rund 50% der befragten Österreicher Angst davor haben, einen Pflegefall in der Familie zu haben oder selbst Pflege zu benötigen. Und diese Furcht ist nicht nur verständlich sondern auch berechtigt, wenn man sich die demographischen Entwicklungen der nächsten Jahre genauer ansieht.
So leben derzeit in Österreich rund 1,5 Millionen Menschen, die mindestens 65 Jahre alt sind. 380.000 davon sind 80 Jahre oder älter ( Quelle Statistik Austria ). Laut einer Prognose des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) werden im Jahr 2050 rund 2,6 Millionen Menschen in Österreich mindestens 65 Jahre alt sein und davon circa 1 Million das 80. Lebensjahr überschritten haben. Experten gehen davon aus, daß rund ein Drittel der über 65jährigen pflegebedürftig sein wird.
Wenn sich Kinder Ihre Eltern nicht mehr leisten könnenBereits jetzt gibt es statistisch in jeder vierten österreichischen Familie einen Pflegefall. Neben dem Wunsch zu Hause und im Kreis der Familie zu bleiben, sind die häufig sehr hohen Kosten ein Grund dafür, warum die Pflege in den meisten Fällen ( siehe Grafik) durch einen nahen Angehörigen übernommen wird. Ein Drittel der Betroffenen lässt sich durch professionelle und mobile Dienste ebenfalls zu Hause betreuen.
Die häufigsten Ursachen für eine Pflegebedürftigkeit sind

  • Krankheiten des Kreislaufsystems
  • Psychische und Verhaltensstörungen
  • Krankheiten des Nervensystems
  • Krankheiten des Bewegungsapparates
  • Krebserkrankungen
  • Senilität und andere unspezifische Symptome

Besonders Demenzerkrankungen werden in den künftigen Jahren noch deutlich ansteigen und man rechnet dabei mit einer Verdoppelung der Krankheitsfälle. 

Wieviel kostet Pflege?


Das ist eine Frage, die sich leider nicht so einfach beantworten lässt. Einerseits, weil die tatsächlich anfallenden Kosten von der Höhe des Pflegegeldes und der Pflegestufe, wie auch vom Pflegebedarf abhängig ist. Andererseits weil es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen zum Kostenersatz ( Pflegeregress ) speziell bei Unterbringung in Alters- oder Pflegeheimen gibt. 
Üblicherweise verbleibt dem Heimbewohner 20% der Pension und die gesamten Sonderzahlungen, wie auch 44,30 Euro des Pflegegeldes als monatliches Taschengeld. 
Wie bereits erwähnt gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen hinsichtlich des Kostenersatzes gegenüber Dritten ( z.B. Ehepartner), jedoch können ausschließlich in der Steiermark auch Kinder zum Ersatz offener Pflegekosten herangezogen werden. Weiters gibt es in manchen Bundesländern auch Bestimmungen zum Kostenersatz, wenn der/die  Heimbewohner/in Vermögen egal welcher Art bis zu fünf Jahre vor der Heimaufnahme an Angehörige übertragen hat. 
Neben der stationären Betreuung in einem Alten- oder Pflegeheim gibt es auch noch verschiedenen Mobile Dienste, die man in Anspruch nehmen kann. 

Heimhilfe

Dabei geht es um die Unterstützung im Haushalt, um die Erledigung diverser Einkäufe oder um die Zubereitung von Mahlzeiten. Der Fonds Soziales Wien/ Heimhilfe gibt dabei einen Stundensatz von 19 Euro als maximalen Kostenbeitrag an. 

Hauskrankenpflege

Diese Leistung wird ausschließlich nur von diplomierten Krankenpflegern und Pflegehelfern durchgeführt und umfasst teilweise auch medizinische Versorgung, wie zum Beispiel Verabreichung von Injektionen und Medikamenten, Katheterpflege oder Sondenernährung und Wundversorgung. Dazu kommt noch Pflege und Mobilisation und vorbeugende Pflegemaßnahmen. Wiederum als Richtwert möchte ich hier die Kostenangabe des Fonds Soziales Wien/ Hauskrankenpflege anführen, wo ein maximaler Stundensatz von 24,95 Euro angegeben wird. 


Wer sich ein genaueres Bild über Kosten und angebotene Leistungen der verschiedenen Pflegeheime und Mobilen Dienste machen möchte, dem kann ich nur die Infoseite des BMASK, empfehlen. Dort werden über eine bequeme Suchfunktionen detaillierte Informationen zu den verschiedenen Einrichtungen der jeweiligen Bundesländer angeboten. 

Kosten kaum zu bewältigen

Ein Großteil der pflegebedürftigen Personen bezieht Pflegegeld der ersten drei Stufen ( Quelle Statistik Austria) und die durchschnittliche Pension (Quelle Statistik Austria) beträgt 1.023 Euro. 
Dazu ein Beispiel: 
Herr Muster bezieht mit 442,90 Euro Pflegeld der Stufe 3 und außerdem eine Alterspension von 1.100 Euro. Somit beträgt das Gesamteinkommen 1.542,90 Euro. Herr Muster leidet unter fortgeschrittener Demenz und hatte vor Kurzem einen Schlaganfall der zur teilweisen halbseitigen Lähmung führte. Seine betagte und ebenfalls kranke Gattin kann Herrn Muster nicht alleine pflegen und daher wird ein Mobile Hauskrankenpflege und Heimhilfe in Anspruch genommen. 
Die diplomierte Krankenpflegerin besucht Herrn Muster täglich für ein Stunde und die Heimhilfe kommt drei mal pro Woche und unterstützt das Ehepaar Muster bei der Haushaltsführung und den Einkäufen. Gemäß den oben genannten Richtsätzen des Fonds Soziales Wien bedeutet das monatliche Gesamtkosten von 976,50 Euro. Damit bleiben dem Ehepaar Muster nur noch 566,40 Euro monatlich übrig, wovon jedoch noch Miete, Strom, Heizung und Einkäufe bezahlt werden müssen. Ohne die finanzielle Unterstützung Ihres Sohnes könnte sich das Ehepaar Muster die Mobile Pflege nur sehr eingeschränkt leisten. 
Selbstverständlich handelt es sich dabei nur um ein fiktives Beispiel und ich kann auch keine Gewährleistung dafür übernehmen, ob die genannten Zahlen auch hundertprozentig richtig sind. Ich fürchte aber, daß dieses Beispiel realistischer ist, als wir es alle wahrhaben wollen. 
Für pflegebedürftige Personen, die im ländlichen Raum leben, ist die Situation und die daraus resultierenden finanziellen Konsequenzen noch wesentlich schwieriger. Pflegeheime sind meistens weit entfernt und mobile Pflegedienste werden oft überhaupt gar nicht angeboten. In diesem Fall ist oft die 24 Stunden Betreuung die einzige Alternative, die jedoch, wie nachstehender Film zeigt, besonders kostenintensiv ist. 

Fazit: 

Das österreichische Pflegesystem ist sicher nicht das Schlechteste, bietet aber noch zahlreiche Möglichkeiten zur Verbesserung. Zum Beispiel wäre eine einheitliche und bundesweite Regelung des Kostenersatzes vorteilhaft. Ebenso wäre wünschenswert, wenn man auf allen Websites der verschiedenen Pflegeeinrichtungen Kostenangaben finden würde, um sich so ein besseres Bild machen zu können. Besonders große Institutionen wie Caritas oder Rotes Kreuz sind dabei recht zurück haltend. 
Überhaupt ist mir im Zuge meiner Recherchen aufgefallen, daß es sehr schwierig ist, alle notwendigen Informationen zu finden und zusammen zu tragen, da man dafür viele verschiedenen Websites aufsuchen muss. Wesentlich einfacher wäre eine große Website als zentrale Anlaufstelle, auf der man wirklich alle notwendigen Informationen findet. 


Doch selbst, wenn diese Verbesserungen durchgeführt werden, bleiben noch immer die enormen Kosten, die für die meisten Pflegebedürftigen und Ihren Angehörigen ein kaum lösbares Problem darstellen. In Anbetracht der staatlichen budgetären Situation ist aber dahingehend nicht mit einer baldigen Änderung zu rechnen, da höhere Pflegegeldleistungen kaum finanzierbar sind. 
Bleibt also nur noch die Möglichkeit, rechtzeitig privat vorzusorgen. Ob private Pflegeversicherungen tatsächlich eine brauchbare Alternative sind, werde ich demnächst in einem gesonderten Artikel erklären. 
Weiterführende Links: 


Infoservice des BMASK zu Pflegeeinrichtungen Pflegedaheim - Plattform für pflegende Angehörige Bundessozialamt Pflege Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger Help.gv.at Pflegevorsorge Verein ChronischKrank


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