NSU: Alle unter einer Decke

NSU: Alle unter einer DeckeEin Sumpf, der am Gebirge hinzieht und alles schon Errungene verpestet. Drei Monate nach der Entdeckung der neonazistischen Terrorzelle aus Jena, die sich in Zwickau versteckt gehalten hatte, wird das Ausmaß der Verquickungen von Einzelpersonen, Politikern und Institutionen in die geheimgehaltene Mordserie der zwei tödlichen Drei immer erschreckender. Galt zu Beginn nur als sicher, dass Verfassungsschützer und Polizei eine schützende Hand über die Neonazisten und sich die andere vor die Augen gehalten hatte, gerät jetzt auch das von den ehemaligen SS-Angehörigen Paul Dickopf und Rolf Holle gegründete Bundeskriminalamt in den Strudel der Verquickungen. Wie die Welt unter Bezugnahme auf die hauseigene "Bild" berichtet, wurden "wichtige Daten vom Handy des mutmaßlichen NSU-Unterstützers André Eminger" auf Veranlassung des BKA gelöscht. Die Sonntagsausgabe der "Bild" verweise auf die Email von einer BKA-Mitarbeiterin an einen Bundespolizisten, in der dieser aufgefordert wurde, die Daten von dem Handy zu löschen, das das BKA der Bundespolizei nach der Festnahme von Eminger zur Auswertung übergeben hatte.
Was soll da vertuscht werden? Welche Informationen hatte Eminger, der verdächtigt wird, ein Paul-Panther-Video hergestellt zu haben, auf seinem Handy gespeichert - acht Wochen nach Beginn der Großfahndung nach Unterstützern der NSU? Handelt es sich vielleicht um das Handy, das ein anderer Prominenter sich aus Angst vor Abhöraktionen fremder Geheimdienste von einem ganz, ganz engen Freund aus Kindertagen ausborgte?
Die Faktenlage ist noch flüssig, die Betroffenen bedauern es zutiefst, dass Freundschaftsdienste wie die Anfertigung eines Videos und die Benutzung eines NSU-Handys "ein falsches Licht" auf gemeinsame Beziehungen werfen. Es "wachsen die Zweifel am Aufklärungswillen der Sicherheitsbehörden", vermutet die FR geheime Ränkespiele im Hintergrund. Gut, dass wenigstens einige Behörden aufräumen: Gegenüber der "Bild" hat ein BKA-Sprecher die veranlasste Löschung der geheimen Hinweise auf eine vielleicht noch weitergehende Unterwanderung der Gesellschaft durch die Braune Armee Fraktion: "Um in diesem sensiblen Verfahren eine Dislozierung der vorhandenen Asservate in verschiedenen Behörden zu vermeiden, wurde seitens BKA die Bundespolizei gebeten, als Kopie vorhandene Handy-Daten zu vernichten."
Die Verwendung des Begriffes "Dislozierung", der die von der jeweiligen Truppenführung vergenommene räumliche Verteilung ihrer Einheiten auf die zu verteidigenden Frontbereiche beschreibt, deutet darauf hin, dass hier militärische Strategien angewandt werden, weil es sich um militärische Operationen handelt. Das Beobachtungsportal Endstation Rechts, das im Vorfeld schon vermutet hatte, die drei mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe seien 1999 vom Verfassungsschutz laufen gelassen worden, sie jetzt "Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker" laufen. "Experten vermuten, das BKA könnte so versucht haben, eigene Informanten im NSU-Umfeld zu schützen", heißt es, wobei diese "Experten" nicht näher bezeichnet werden, um sie zu schützen.
Obwohl wie es Goethe nannte, "Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen", ist es PPQ erstmals gelungen, alle vorhandenen Informationen über die Verstrickungen von Hitler, Böhnhardt, Mundlos, dem Verfassungsschutz, Jena, der FDJ, der Schweiz und Nokia grafisch aufzubereiten. Mit dem Schaubild oben, das für Unterrichtszwecke per Mail bei der Redaktion abgerufen werden kann, wird die im "Faust" aufgeworfene Frage "Doch wie? – Wo sind sie hingezogen?" wenigstens außergerichtlich geklärt. Ja, klagt Mephistopheles, "unmündiges Volk, du hast mich überrascht, sind mit der Beute himmelwärts entflogen; drum haben sie an dieser Gruft genascht!"
Der Wohnwagen. Mordplatz nach dem erfolgreichen Bankraub, ihr dritter oder zwölfter war, man weiß es nach nur drei Monaten bundesweiter Ermittlungen nicht. Mephistopheles: "Ich habe schimpflich missgehandelt, ein großer Aufwand, schmählich! Ist vertan; Gemein Gelüst, absurde Liebschaft wandelt den ausgepichten Teufel an. Und hat mit diesem kindisch-tollen Ding der Klugerfahrne sich beschäftigt, so ist fürwahr die Torheit nicht gering, die seiner sich am Schluss bemächtigt."


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