Natur- und Sozialkatastrophen: Weltuntergang am 21.12.2012 blieb aus

von Steffen Hirth
Es ist der 23.12.2012 und der von einigen Seiten prophezeite Weltuntergang ist vorgestern ausgeblieben. Auch eine von anderen vermutete anti-apokalyptische Bewusstseinserweiterung macht sich bei mir noch nicht bemerkbar. Eigentlich wäre das keine Meldung in der Geozentrale wert. Aus geographischer Perspektive interessant ist hingegen, was diese Spekulationen über menschliche Beziehungen zu ihrer und Wahrnehmungen von ihrer Umwelt aussagen. 
Diffuse Ängste und Unverständnis von Dingen, die sich in der Raumzeit abspielen, sind keine Seltenheit und deshalb auch ernstzunehmen. Auch wenn es beim vorläufig verschobenen Weltuntergang überwiegend um astronomische Fragen ging (z.B. der Maya-Kalender; Kometen, die auf die Erde treffen könnten; eine bestimmte Konstellation von Erde und Sonne in der Milchstraße; vgl. Abb. 1), hat auch die Geographie eine gewisse Aufklärungsverantwortung, etwa wenn es um so genannte Naturkatastrophen geht (im Zshg. mit dem 21.12. wurde bspw. auch um ein erhöhtes Auftreten von Erdbeben spekuliert; mehr...). 

Natur- und Sozialkatastrophen: Weltuntergang am 21.12.2012 blieb aus

Abb. 1: Auf scienceblog.de werden die häufigsten Fragen zum Weltuntergang am 21.12. aus wissenschaftlicher Perspektive beantwortet.


Diese Aufklärungsverantwortung möchte ich an einer Beobachtung veranschaulichen, die ein Beispiel für einen erschreckend sorglosen Umgang mit den Begriffen "Naturkatastrophe" und "Klimawandel" darstellt. Auf Gameswelt.de werden in einem Spezial-Beitrag anlässlich des 21.12. Videospiele vorgestellt, in denen Weltuntergänge ein Thema sind. Dort heißt es: 
"Es gibt aber noch weitere Arten des Weltuntergangs in Videospielen: Zum Beispiel durch Naturkatastrophen - also wenn Klimawandel und Co uns einen Strich durch die Rechnung machen. Bei 'Disaster: Day of Crisis' müsst ihr euch nicht nur mit der Terror-Organisation 'SURGE' herumschlagen, sondern auch mit einem ausbrechenden Vulkan oder einem alles verschluckendem Tsunami." (gameswelt.de)
Der Begriff "Naturkatastrophe" ist aus geographischer Sicht ohnehin schon problematisch, da die Folgen bestimmter Wetterphänomene oder tektonischer Aktivitäten nur von Menschen (und sicher auch einigen anderen Lebewesen) als Katastrophe empfunden werden können. Insofern wäre es sinnvoller von "Sozialkatastrophen" zu sprechen. Im Zusammenhang mit dem im Zitat angesprochenen Klimawandel wird dies gleich auf zwei Ebenen deutlich. Zum einen bekommen Menschen die Folgen des Klimawandels zu spüren, zum anderen sind Menschen die Hauptursache, der auf wenige Jahrzehnte gesehen drastischen Klimaveränderungen, die im 20. Jh. ihren Lauf genommen haben.
Zählen wir aus Perspektive eines physiozentrischen Naturbildes hingegen den Menschen zur Natur, klingt "Naturkatastrophe" wiederum ein Stück sinnvoller. Dann würde die Katastrophe von "Natur" ausgelöst und von "Natur" wahrgenommen. Es wäre aber trotzdem nicht ganz treffend bzw. eine grobe Pauschalisierung vom Klimawandel als Naturkatastrophe zu sprechen, zumal der entscheidende Einfluss menschlicher Aktivitäten als Ursache verschleiert würde. Die Verantwortung würde auf die Gesamtheit der Natur, also auch auf alle anderen Lebewesen sowie auf jene Menschen, die (weitgehend) klimaneutral leben, abgeschoben.
Eine Aufklärungsrolle obliegt der Geographie insofern, als sie Mensch-Umwelt-Beziehungen deutlich machen muss. Im Beitrag über Videospiele erscheint der Klimawandel als eine Geißel, die von oben auf uns herabregnet, die einfach passiert. Er wird als Naturkatastrophe bezeichnet, die dem klassischen Verständnis nach einfach auftritt und unvermeidbar ist. Auf die ebenfalls im Zitat genannten Phänomene Vulkanausbruch und Tsunami trifft dies ja zu - wir haben keine technischen Möglichkeiten sie zu verhindern. Doch selbst bei diesen obliegt der Grad der "Katastrophe" ja dem menschlichen Erfahren, das wiederum von der Vorbereitung auf und vom Umgang mit diesen Ereignissen bestimmt wird. Beim Klimawandel hingegen tritt der Mensch auch noch als Ursache der darauf folgendenen Ereignisse in Erscheinung - von Unvermeidbarkeit im Sinne natürlicher Fügung kann keine Rede sein. 
Den faktisch hybriden Charakter solcher Phänomene hervorzuheben und allgemein bekannt zu machen ist Aufgabe einer Geographie, die es mit dem Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ernst nimmt. Es sind eher unsere "normalen", alltäglichen Handlungen, die unsere Welt sozial wie materiell konstituieren, als irgendwelche Einflüsse "von außen". Irrationale Ängste zu vertreiben, würde viele Menschen aus ihrer Lähmung befreien, die dafür sorgt, dass nichts oder wenig gegen faktisch haltbare Risiken und Bedrohungen (wie die "Sozialkatastrophe Klimawandel") unternommen wird. 
Dieser Mangel an Aufklärung und daraus resultierende Ängste zeigen sich beispielhaft in einer Frage von "nikolina" auf scienceblogs.de zum bevorstehenden Weltuntergang am 21.12. durch den Planeten "Niburu". Die Antwort des Autoren, der die ihm gestellte Frage offensichtlich als zutiefst naiv empfindet und sie dennoch ernst nimmt, ist in seiner Geduld und Nachsicht fast schon rührend und deshalb - wie ich finde - vorbildlich:
nikolina Natur- und Sozialkatastrophen: Weltuntergang am 21.12.2012 blieb aus 19. September 2012:
Hallo Florian. Ich komme nicht so wirklich mit deinem Text zu Niburu klar. Deswegen noch mal dieselbe Frage. Wenn es Nubiru gäbe dann müsste er jetzt schon zuerkennen sein als ein grosser heller Punkt neben der Sonne und dem Mond? Neben der Sonne und dem Mond oder egal wo am Himmel? Und ich habe mal als Antwort bekommen das der Punkt so gross sein müsste wie die Sonne und der Mond ( wenn es ihn gäbe)? P.s Ich hoffe das du nicht mehr sauer bist. Danke
Antwort: Warum stellst du deine Frage nicht bei dem Artikel um den es geht? Du weißt doch, dass das hier keine Plauderecke ist. Nibiru wäre ein heller Punkt am Himmel, so wie Jupiter oder Saturn. Und wäre NICHT neben der Sonne. Es wäre ein heller Punkt am Nachthimmel, so wie all die anderen Punkte am Nachthimmel. Und jetzt fragst du mich wahrscheinlich wieder, warum ich so sicher sein kein, dass er nicht existiert, wenn doch da so viele Punkte sind. Und ich sag dir das gleiche, was ich dir schon dutzende Male gesagt habe: hunderttausende (Amateur)Astronomen in aller Welt wissen, welche Punkte wo am Himmel sein müssen. Und würden einen so hellen Planeten, der nicht dazu gehört, sofort entdecken. Geh in ein Planetarium! Geh zu einer Volkssternwarte! Geh zu einem astronomischen Verein! Geh in eine Bücherei! Informier dich wenigsten ein kleines bisschen über Astronomie. Ansonsten wirst du nie Bescheid wissen und immer weiter Angst haben. Und wenn du schon nichts neues lernen willst, dann hör doch zumindest auf, ständig weiter im Internet nach Zeug zu suchen, das dir Angst macht. Du musst mir jetzt hier auch nicht antworten. WIe ich schon sagte: Das hier ist kein Chatroom. Überall sonst in meinem Blog. Aber nicht hier.


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