Nach 11 Jahren: Jähes Ende einer Beziehung


Nach 11 Jahren habe ich eine Beziehung beendet. Anfangs sah das richtig gut aus. Aber nach 11 Jahren war die Luft raus. Und dann ging alles ganz schnell und … kommentarlos.

Glood bye nach 11 Jahren

Glood bye nach 11 Jahren

Mobiles Telefonieren war Anfangs ein Luxus. Wer dabei sein wollte, durfte 40 Euro im Monat entrichten, nur um dabei zu sein. Pro Minute wurden weitere 80-90 Cent fällig, immerhin in 10 oder 15 Sekunden manchmal auch in krummeren Takten abgerechnet, um 12 Cent (23 Pfennige) pro Einheit hin zu bekommen.

Die Zahl der Kunden stieg, die Preise fielen. Erst zwei, dann drei und später vier Netzbetreiber buhlten um die Kunden, besonders E-Plus tat sich durch kreative Ideen, Marken, Tarife und Angebote hervor. 2005 brachten sie einen Schocker. Einen Preis rund um die Uhr, pro Minute und pro SMS: 19 Cent. Damals eigentlich unvorstellbar. „Simyo“ hieß die neue Marke. „Weil einfach, einfach, einfach ist“, der Werbespruch (neudeutsch „Claim“). Das war klar und deutlich.

Die Werbung für dieses Produkt war kreativ, locker unterhaltsam und beschäftigte bald auch die Juristen. Wie konnte man es wagen, von einer Firma namens „Simyo Industries“ zu erzählen, die irgendwo in Tschechien (?) ihre Labore haben sollte und ein Pantoffeltierchen mitsamt dem Einfachheits-Gen mit einer SIM-Karte gekreuzt hatte? Das war so „fantastisch“, dass ein englisches Unternehmen mit Filiale in Deutschland „not amused“ war. Deren deutsche Kollegen bekamen später auch zur späten Nachtzeit Besuch. Simyo projezierte eine riesige SIM-Karte auf deren denkmalgeschütztes Hochhaus und rief zur Nutzung ihres sparsameren Simyo-Tarifes auf. Man einigte sich später auf eine Spende für einen guten Zweck, welche die Simyo Gründer gerne investierten.

Sündhaft teure Werbefilme in New York an Original-Schauplätzen gedreht, wo ein Unbekannter in Wohnungen eindrang und hohe Telefonrechnung zeriss und blutverschmiert herumliegen liess und geschockte Anwohner und ein ratloses Ermittlerteam hinterließ, bis sie ihn schließlich am Tatort dingfest machten und vor Gericht zerrten. Er gestand sofort schuldig, die Preise „halbiert“ zu haben.

Logisch: Die Kunden waren begeistert, die Branche in Aufregung und alles schien prima. Immer wieder wurden Tarife angepaßt, sprich gesenkt und die Kunden fühlten sich gut. Man gehörte einer digitalen Avantgarde an, war preisbewußt, informiert, mobil, hip.

Die Gründer stiegen aus. Danach wurde es deutlich ruhiger.

Es kamen neue Angebote. Laufzeitverträge mit Handy. Mindestlaufzeit 24 Monate, das Handy für den berühmten einen Euro. Doch die Abrechnungs-Software bei Simyo konnte nur Prepaid. Also baute man ein „Postpaid“ System (Telefoniere jetzt, zahle die Rechnung später) auf einem Prepaid-System, in dem man jedem Kunden monatlich rund 80 Euro „virtuell“ auflud und am Monatsende abrechnete und eine Rechnung verschickte. Dabei konnte es vorkommen, dass Postpaid Kunden eine Meldung bekamen, dass sie kein Guthaben mehr hätten und aufladen sollten. Die Verwirrung war eine Riesige.

Schlaue Kunden widerstanden allem Werben um Laufzeitverträge, denn technisch war es nicht möglich, später wieder zur echten Prepaid-Plattform zurück zu kehren. Mancher Stammkunde wanderte stattdessen enttäuscht von dannen.

Ich selbst war Simyo Kunde ab dem legendären Startdatum im Jahre 2005. Die Karte, die mir damals „zum Testen“ ausgehändigt wurde, hatte eine gruselige Numer, schlecht zu merken. Da man auf den Simyo-Seiten auch „Wunschrufnummern“ aussuchen konnte („Solange Vorrat reicht“) fand ich eine, die als Vanity die Kombination GAJEK (42535) enthielt. Bestellt, geliefert, telefoniert, Gut gefühlt.

Eines Tages war die SIM-Karte defekt. Es dauerte einen Stapel Telefonate, emails, Anfragen bei der Hotline, informellen Kontakten und in diversen Foren, bis die Geschichte „eskaliert“ wurde und nach über 6 Wochen Unterbrechung eine neue SIM-Karte mit meiner bereits vorhandendenen Rufnummer produziert und verschickt wurde. Die konnte dann im Mini und Micro-SIM Format auseinander gebrochen werden und so legte ich die Karte erstmalig in ein iPhone 4 ein.

Simyo im als „wacklig“ verspotteten Netz von E-Plus in einem iPhone? Komische Vorstellung. Doch das E-Plus-Netz erwies sich als weitaus besser als gedacht. Später legte ich diese Karte in einen BlackBerry Q10 ein und war damit recht glücklich. Die Daten flossen, nicht immer superschnell, aber sie flossen.

A propos BlackBerry: Lange hatte ich hier an dieser Stelle gefordert, dass Simyo auch den „früheren“ BlackBerry Server Dienst (BIS) unterstützen sollte, wie es bei Telekom, Vodafone, E-Plus oder oder VIAG/o2 für Vertragskunden der Fall war. Ja Vodafone öffnete die BlackBerry-Plattform sogar für Prepaid-Kunden, doch nur wenige wußten davon. Simyo durfte das nicht.

Sprach man mit Simyo-Getreuen, waren viele „enttäuscht“, wie wenig von der früheren „Einfachheit“ geblieben war. Mancher wandte sich neuen Zielen und Angeboten zu.

Ich blieb und freute mich über die Flexbilität. Wenn man nicht telefonierte oder surfte, kostete es nix. Andernfalls wurde nach Vebrauch abgerechnet. Eine schöne „old school“ Vostellung. Aber nicht mehr zeitgemäß. Hat man ein Smartphone, dann fließen auch Daten, selbst wenn man scheinbar „nicht“ tut. Das 200 MB Paket für 4,95 € im Monat war und ist ausreichend. Man kann es für 3 Euro nach Verbrauch nochmal nachbuchen. Bald entdeckte ich, dass 1 GB für 9,99 Euro die bessere Lösung gewesen wären … wenn ich nicht noch Karten in anderen Netzen hätte.

Als eine der wenigen Anbieter konnte bei Simyo das Guthaben automatisch per Kreditkarte nachgeladen werden (bei Telekom und Vodafone bis heute nicht möglich.) Früher einmal startete die Nachladung bei Unterschreiten von 5 Euro, neuerdings muss schon bei unter 10 Euro nachgeladen werden, ein Schelm, der Böses dabei denkt. Die Mindestmenge der Aufladung: 15 Euro. Früher konnte man per Dauerauftrag auch mit wenigen Euros seine Karte am Leben erhalten.

Fälle, wo eine wenig genutzte SIM-Karte auch innerhalb der eigentlichen Laufzeit (12 Monate) „aus heiterem Himmel“ deaktiviert wurde, sind mir persönlich nicht passiert, aber gehört habe ich davon schon mehrfach.

Mit der Fusion von Telefonica o2 und E-Plus gab es einen Einschnitt. Würde Simyo wieder als Trendsetter im Markt aktiv werden? Nichts passierte. Der Pressesprecher bei Simyo hatte irgendwann gewechselt, blieb aber unsichtbar. Sein letzter Blogeintrag von Mai 2015 zum 10 jährigen Geburtstag. Seitdem Funkstille. Das https-Zertifikat des Blog war abgelaufen, es dauerte „gefühlt ewig“, bis es ausgetauscht wurde, in der heutigen Zeit, wo Sicherheit das A und O ist , eher kontraproduktiv.

Würde Simyo mit Blau zusammengelegt? Was sollte mit Fonic passieren?

Yourfone ging an Drillisch, GTCom auch. Manche Marke gab auf, z.B. TUI connect. Lidl verließ o2 und lief zu Vodafone über, Lidl-Bestandskunden blieben im Netz von o2, kamen aber zu Fonic, das wurde kurz danach von Telefonica absorbiert. Auch Simyo wurde auf die Telefonica „verschmolzen“, es gibt also keine Firma Simyo mehr.

Das Konzept ist heute ein anderes: Wir haben Produkte und Funktionen, die von Fachabteilungen verwaltet werden und wir verkaufen das unter verschiedenen Markennamen, die verschiedene Tarife haben, die sich im Grunde ähnlich, aber nicht gleich sind.

Als mein Simyo-Guthaben auf 25,83 Euro absackte, reifte in mir ein Entschluss. Ich wollte diese Nummer weg portieren. Bisher hatte ich das vermieden, weil ich mir nie so im Klaren war, ob das „reibungslos“ verlaufen würde.

Schon länger hatte ich mir überlegt, welche Karten aus meinem Bestand ich behalten und welche „konsolidieren“ sollte, ein Vorgang, den wir in der Branche ja schon länger erleben. Nun habe ich aus der Startphase von 1&1 Mobilfunk einen Mobilfunkvertrag, der sich seinerzeit speziell an Kunden des email-Anbieters GMX richtete, im Netz von Vodafone D2 mit einer nur schwer „merkbaren“ langen Nummer (01525-…). Da ich im E-Plus Netz noch weitere Karten habe, entstand die spontane Idee, die Simyo-Rufnummer auf den Vertrag von 1&1 zu portieren.

So einfach ging es…

Es geht ganz einfach. Erster Schritt: Unter „Meine Daten“ im Portal von Simyo die „Opt In“ Erklärung ausfüllen, dass man seine Nummer vorzeitig zu einem anderen Anbieter mitnehmen möchte. Die Reaktion: Ein PDF zum Download und eine e-mail, dass man die Portierungserklärung erhalten habe und man sicherstellen solle, dass mindestens noch 25 Euro Guthaben auf der Karte vorhanden sind. Bei Simyo seien keine weiteren Maßnahmen erforderlich, der neue Anbieter kümmere sich um alles Weitere. Fertig.

Zweiter Schritt: Im Online-Tool des neuen Ziel-Anbieters (hier 1 &1) die Funktion „Rufnummer mitbringen“ finden und dort die gewünschte Nummer und den Original-Anbieter (hier Simyo) eintragen. Es kam eine e-mail von 1&1, dass man sich binnen 48 Stunden melden würde. Dazu nochmal genaue Hinweise zu den Bedingungen (maximal 30 Tage, nachdem der abgebende Provider vom Kunden informiert wurde) und eine reguläre Festnetzrufnummer, falls man noch Fragen hätte. Von Simyo kam … nichts.

Am nächsten Tag verschwanden 15 (fünfzehn) Euro vom Guthaben der Simyo-Karte und nicht 25, wie angekündigt. Eine „Rechnung“ oder Erläuterung dieser Summe fand ich nirgends. Keine Anzeige im Kundenkonto, keine e-mail, nichts. Dafür wenig später die erneute e-mail von 1&1 , dass man am 4.7. zwischen 0.00 und 9.00 umschalten werde. Verbunden mit dem Hinweis, dass die bisherige 1&1 Mailbox gelöscht werde, man möge die vorher nochmal abhören. Ein Hinweis seitens Simyo, auch die eigene Simyo-Mailbox rechtzeitig noch einmal abzuhören, weil sie ja ebenfalls verschwindet, kam nicht.

1&1 schickte mir auch eine SMS (Absender „121“) auf die vorhandene 1&1-Rufnummer, um auf die Portierung hinzuweisen, Simyo sendete mir… nichts.

Schließlich am 3. Juli um 23.58 buchte sich die Simyo-SIM-Karte einfach aus. Kein Wort des Abschieds, einfach weg.
Bereits um 0.23 übermittelte die 1&1 SIM-Karte die ehemalige Simyo-Rufnummer. Ankommend blieb die Nummer noch etwa 2 Stunden „nicht vergeben“, bevor das 1&1 Handy klingelte. Erstaunlicherweise konnte 1&1 im Netz die Nummer ausgetauscht werden, ohne das Handy neu zu starten. Faszinierend. Zu Beginn der 1&1 Aktivitäten hatte es noch geheißen, dass im Falle einer Portierung zwingend ein Kartentausch notwendig sei.

Am Morgen des 4.7. um 6.29 eine SMS von 1&1 mit der Mitteilung, dass die Portierung abgeschlossen sei. Das gleiche per e-mail von 1&1 und dem Hinweis, dass die Bonusgutschrift für das Mitbringen der Rufnummer spätestens auf der übernächsten Rechnung erfolgen werde.

Simyo hatte mir früher alle 1-2 Wochen eine Mail geschickt, warb für dieses und jenes, wollte unbedingt, daß ich einen Laufzeitvertrag abschließen würde, versprach mir Vorteile hier und da, aber einen freundlichen Abschiedsgruß, vielleicht die Frage, ob ich später als Kunde wieder kommen möchte, ob sie meine e-mail Adresse noch für Werbung weiter nutzen könnten, nichts. Gar nichts.

Die Abschaltung der Karte bei einer vorzeitigen Portierung dürfte in 99% der Fälle dem Kundenwunsch entsprechen, dem TKG entspricht sie nicht. Simyo hätte streng genommen die Karte mit einer neuen Rufnummer weiterlaufen lassen und mir das mitteilen müssen, zumindest ist das so Usus bei Laufzeitverträgen, ob Simyo das wenigstens dort so handhabt, weiß ich nicht.

Nun gut, ich merke mir das – für die Zukunft. Ich hege keinen Groll. Die Welt ist heute hektisch und Änderungen finden permanent statt. Kunden gehen und kommen vielleicht wieder, wenn sie eine gute Erinnerung haben. In diesem Falle ist die Chance einer Wiederkehr aber ziemlich gering. Vielleicht, weil es die Marke irgendwann eh nicht mehr gibt? Ich weiß es nicht.

Ich denke, eine kreative Marke, die ein wenig Schwung in die Branche brächte, die alte Zöpfe abschneidet und die Kunden mit guten Ideen, einer durchdachten Philosophie, etwas Lebensgefühl versorgt, hätte eine Chance.

Doch soweit hat wohl keiner gedacht oder denken wollen dürfen. Schade eigentlich.

Schlagwörter: 1&1, Blau, E-Plus, Mobilfunk, o2, Rufnummernportierung, Scheidung, SIM-Karte, Simyo, Telefonica, Telekom, VIAG-Interkom, Vodafone D2


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