Mortal Kombat X

Eine der langlebigsten Prüglerreihen aller Zeiten meldet sich zurück: Mortal Kombat X lässt wieder abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen über den Bildschirm purzeln und sowohl Spieler als auch Spielfiguren mit lautem Aufschrei das Gemetzel bestaunen.

Was muss man noch zu Mortal Kombat sagen? Seit 1992 auf dem Markt, als Gegenantwort zum vergleichsweise harmlos-niedlichen Street Fighter 2 konzipiert, teils verantwortlich für die Gründung der amerikanischen Spielebewertungsorganisation Entertainment Software Rating Board (ESRB) aufgrund seiner Gewaltdarstellungen und natürlich dank eben jener verheerend-übertriebenen “Fatalities”, also blutige sowie Kampf-beendende finale Aktionen, ein fixer Bestandteil der Videospielszene.

Was bisher geschah…

Nach diversen Ausflügen in andere Genres (Mortal Kombat: Special Forces, Mortal Kombat: Shaolin Monks), von der traditionellen 2D-Ebene hin zu 3D (Mortal Kombat 4, Mortal Kombat: Deadly AllianceDeception etc.), von der Verwertung der Lizenz in anderen Mediengattungen (z.b. ein gleichlautender Spielfilm von 1995, nach der kurzlebigen TV-Serie Mortal Kombat: Conquest bzw. unlängst als Web-Serie Mortal Kombat: Legacy) bis hin zu diversen Comics haben Programmierer Ed Boon und Designer John Tobias sicherlich eine der bekannteste Spielereihen überhaupt konzipiert.

Nach dem Handlungs- wie auch Hardware-technischen Schlusspunkt, dass das in Sachen Content (fast schon) überladene Mortal Kombat: Armageddon von 2006 (für die PS2, Xbox, Wii) darstellte, schien die Reihe ihr kreatives Potential erschöpft zu haben. Zwar folgte in der Konsolen-Nachfolgegeneration mit Mortal Kombat vs. DC Universe ein weiterer, aber geschmähter (weil in Hinsicht auf Gewaltexzesse eingeschränkter) Ableger, doch erst mit dem Erscheinen des offiziell neunten Teils der Reihe, schlicht Mortal Kombat benannt, sollte ein tatsächliches Reboot erfolgen – in so ziemlich jeder Hinsicht. Hierbei wurden nicht nur die Geschehnisse der Vorgängerteile in Sachen Handlung mit einem Schlag umgekehrt, sondern auch in Bezug auf das Gameplay lies man von komplexen Neuerungen ab und besonn sich auf das Wesentliche, mit durchschlagendem Erfolg sowohl bei Kritikern als auch Spieler rund um den Globus.

  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(8)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(2)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(6)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(9)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(0)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(1)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(10)
  • Mortal-Kombat-X-©-2015-Warner-(11)

Mit einer Welle an Vorschusslorbeeren – dank haufenweise Bild- und Videomaterial im Vorfeld – geht nun Mortal Kombat X an den Start und versucht auf dem grandiosen Vorgänger aufzubauen. Erneut findet sich ein starker Fokus auf dem Story-Modus, der – und das sei abermals erwähnt – in diesem Genre einzigartig ist: Nicht nur, dass die Reihe selbst über Jahrzehnte hinweg interessante Charaktere hervorgebracht hat, nein, diese Figuren dürfen tatsächlich auch in einem fiktiven Universum (oder eigentlich mehreren) mehr sein als bloße Hau-Drauf-Schablonen für den Spieler und in einer als solchen zu erkennenden Story ihre Motive bzw. Beweggründe darlegen. Zwar mit Wirbelsäulen-Entfernung und Genickbruch, aber angesichts des Genres darf man dahingehend wohl ein Auge zudrücken – vor allem im direkten Vergleich zur Konkurrenz a la Tekken oder Soul Calibur. So beschäftigt sich die Story von Mortal Kombat X zwar auch mit “Banalitäten” wie magischen Artefakten, Machtgier und Blutrache, hinterlässt damit aber immerhin in der knapp vierstündigen Rahmenhandlung keinen schlechten Eindruck. Es wird hier jedenfalls eines erreicht: Die neuen Charaktere, in die der Spieler kapitelweise schlüpfen darf, werden etabliert und in den Mortal Kombat-Kanon integriert.

Neue Charaktere

Interessant ist sicherlich auch der Zeitsprung, der in MKX vollzogen wird: Kein Rückgriff auf die Vergangenheit (außer in vereinzelten Rückblenden), sondern eine Gegenwart mit alternden Haudegen wird hier präsentiert. So zeigt sich Großmaul Johnny Cage mit ergrauten Schläfen, Schlitzohr Kano mit tiefen (Stirn-)Falten und ein Großteil aller männlicher Figuren mit starkem Bartwuchs. Damit fügen sich nun auch die neuen, jungen Kämpfer mehr oder minder passend in die Riege an liebgewonnen Charakteren ein: Cassandra “Cassie” Cage ist die Tochter von Johnny Cage und Sonja Blade, Jacqueline “Jacqui” Briggs die Tochter von Cyberarm-Muskelpaket Jax, Takahashi Takeda ist Kenshis Sohn sowie Schüler von Hanzo Hasashi aka Scorpion und Kung Jin ist – der Name nimmt es vorweg – mit Kung Lao verwandt. Man mag da gar nicht vermuten, was hinter den Kulissen des blutigen Wettkampfes so alles getrieben wird.

Weiters gesellen sich etwas interessanter gestaltete Figuren zur Charakterauswahl hinzu, allen voran die mysteriöse Insektengestalt D’Vorah, der entfernt an eine Azteken-Gottheit erinnernde Kotal Kahn, das Master/Slave (oder für Mad Max-Kenner: Master/Blaster) Gespann Ferra/Torr und der pistolenschwingende Söldner Erron Black. Mit den neuen Kämpfern verabschieden sich – aus welchen Gründen auch immer – einige Fixstarter, besonders auffällig unter anderem die ehemaligen Endgegner Shao Kahn und Shang Tsung, das Cyberborg-Ninja-Gespann Cyrax und Sektor, aber auch kreative Figuren wie Nightwolf, Baraka und Kabal.

Mit 24 Charakteren (plus Goro, zukaufbar) erscheint die Spielerauswahl nun übersichtlicher und komprimierter, was die Entwickler mit einer der wesentlichsten Neuerungen von Mortal Kombat X wiederum umkehren: Jede Spielfigur hat nach der Auswahl drei unterschiedliche Varianten zur Verfügung, bei der sich Optik und Spielweise ändert. So lässt sich beispielsweise Raiden als “Master of Storms”, “Displacer” oder “Thunder God” spielen, wobei sich hier einerseits ein anderes Set an Special Moves finden lässt oder auch eine Verstärkung eben jener definiert wurde. Raiden als “Displacer” setzt so etwa auf Nahkampf und kann seine Teleportation in Combos integrieren, während er als “Thunder God” eher mittels Distanzangriffen seinen Gegner am besten malträtieren kann.

Zum Gameplay

Generell erweist sich der Titel als überaus abgerundet in Sachen Ausgeglichenheit der einzelnen Figuren und im Spielablauf generell: Die nun etwas “flüssiger” ins Spielgeschehen eingebetteten X-Ray Moves, also kurze Animationssequenzen, stören den Kampfverlauf nun nicht mehr so stark, auch die Level-spezifischen Interaktionselemente (z.B. das Schleudern einer Passantin auf den Gegner, ein Rundum-Schlag mit Shao Kahns herumliegendem Hammer) finden Gefallen und bieten Abwechslung. Das Gameplay definiert sich wie schon bei den diversen Vorgängern aus einfachen (auch im Sinne von: kurzen) Combos, die zusammen oder mit Special Moves kombiniert werden können; Würfe, Juggles, Reversals und Breaker sind ebenfalls im Repertoire. Im übersichtlichen Optionsmenü finden sich natürlich sämtliche Moves aufgelistet, die auch dankenswerterweise während des Kampfes eingeblendet werden können. Insgesamt finden sowohl Button-Masher als auch Profis Möglichkeiten, sich in Mortal Kombat X auf ihre Weise auszutoben, ohne das Langeweile aufkommt – und sei es nur aufgrund der Fatalities oder Brutalities. Der Titel sorgt für Unterhaltung.

Neben dem erwähnte Story-Modus finden sich nun die (im Vorgänger als “Challenge Towers” bekannten) “Living Towers” als Auswahl wieder, in denen nach klassischer Manier Gegner nacheinander erledigt werden müssen – jedoch mit stündlich, täglich oder monatlich wechselnden Auflagen wie Spieler-gefrierendem Eishagel oder One-Hit-X-Ray-Kills. Jene Auflagen können freigespielt und im “Test Your Luck”-Modus verwendet werden. Auch der Fingerfertigkeits- und potentiell Gamepad- sowie Gedulds-zerstörende “Test Your Might”-Modus ist integriert worden, stellt aber leider eher eine lieblose Beilage statt sinnvoll-unterhaltsame Herausforderung für Zwischendurch dar. Mit dabei ist zudem erneut die “Krypt”, über die sammelwütige Spieler ihre hart verdienten “Koins” gegen Konzeptzeichnungen, alternative Kostüme, zusätzliche Fatalities bzw. Brutalities und dergleichen eintauschen können. Die Mortal Kombat X-Krypt unterscheidet sich jedoch von jenen der Vorgänger: Aus der Ego-Perspektive kann im Stil eines reduzierten Dungeon-Crawlers ein weitläufiges Gebiet mit mehreren thematisch unterteilten (etwa eine Tempelanlage oder ein Höhlensystem) Bereichen erkundet werden, was eine recht nette Idee darstellt.

Vergleichsweise großes Augenmerk liegt nach dem Story-Modus auf dem Online-Modus: Mit dem ersten Start des Titels wird der “Faction War” eingeführt, bei dem es gilt, sich mit Spielern weltweit (und Plattform-übergreifend) auf die Seite einer von fünf Gruppen wie Black Dragon oder Lin Kuei zu schlagen und mit Kämpfen Punkte zu sammeln. Unregelmäßig tritt hierbei auch eine Invasion zutage, bei der die Gruppen untereinander spezifische Towers aufsuchen können, um quasi die Vorreiterrolle bei der Abwehr einzunehmen – abermals mit Aussicht auf Punktegewinn bzw. der Freischaltung von Goodies im Spiel, etwa Faction Kills (spezielle Fatalities der einzelnen Gruppen).

In Hinsicht auf die Präsentation zeigt sich Mortal Kombat X von seiner besten Seite: Große, atemberaubend animierte und überaus detailliert dargestellte Figuren prügeln sich in abwechslungsreichen Umgebungen; die Special Moves sind gewohnt brachial und farbenfroh in Szene gesetzt und die Soundkulisse wurde perfekt auf das blutige Geschehen auf dem Bildschirm abgestimmt. Einzige Wehrmutstropfen sind sicherlich die Absenz von Level-spezifischen Fatalites und die merkwürdig anmutende Integration von sogenannten “Tokens”, mit denen etwa Fatalities vereinfacht ausgeführt oder gleich ganze Kämpfe übersprungen werden können. Geschmackssache ist zudem die eher unkreative Gestaltung vereinzelter Charaktere, etwa Liu Kang, Jacqui Briggs oder der besonders banale Hanzo Hasashi-Look von Scorpion.

Damit hat sich Mortal Kombat X verdient auf den Thron aller bisherigen Teile gesetzt: Audiovisuell umwerfend, in Sachen Gameplay genauso umfangreich wie feinpoliert, vollgestopft mit Möglichkeiten für Einzel- und Multiplayer-Fans. Dass sich die Entwickler bei der DLC-Einbindung von Goro in der Kämpferauswahl oder über optionale Zukäufe (um etwa die gesamte Krypt freizuschalten) auf dem schmalen Grad zwischen Verlockung und Dreistigkeit bewegen, stößt allerdings doch etwas sauer auf. Kann man darüber hinweg sehen, so wird man mit einem kreativen Prügler belohnt, den man gespielt haben sollte.

Plattform: PS4 (Version getestet), PS3, PC, Xbox 360, Xbox One, Spieler: 1-2 (online), Altersfreigabe (PEGI): 18, Release: 14.04.2015 (PS4, PC, Xbox One), 02.06.2015 (PS3, Xbox 360), www.mortalkombat.com


wallpaper-1019588
Die Algarve feiert 50 Jahre Nelkenrevolution
wallpaper-1019588
Mobile Suit Gundam SEED FREEDOM: Bandai Namco zeigt den Film in den deutschen Kinos
wallpaper-1019588
[Manga] Demon Slayer [2]
wallpaper-1019588
Soundtrack einer Generation: Musik und visuelle Medien harmonisieren