Missbrauch an der Odenwaldschule - Wie pädophile Verschwörer die Reformschule kaperten

Missbrauch an der Odenwaldschule

Trügerische Idylle im Odenwald: Die Täter stammten aus dem gleichen Umfeld Trügerische Idylle im Odenwald: Die Täter stammten aus dem gleichen Umfeld
Der pädosexuelle Schulleiter der Odenwaldschule war kein Einzeltäter.
Mit einer Gruppe von Pädophilen startete er eine feindliche Übernahme der berühmten Schule. In seinem neuen Buch erklärt Christian Füller, wie Schüler unter dem Deckmantel der Reformpädagogik systematisch missbraucht wurden.
In der Frankfurter Paulskirche sitzen die Zuschauer eng an eng. Es ist das Jahr 1978 und der Börsenverein des Buchhandels vergibt seinen Friedenspreis an die Kinderbuchgigantin Astrid Lindgren. Für Gerold Ummo Becker wird es der größte Erfolg seiner Laufbahn. Der Leiter der Odenwaldschule hält eine der Preisreden. Er macht seine Sache gut, er sagt: "Heute liegt wie in früheren Zeiten die wichtigste und schwierigste Aufgabe der Erziehung darin, dem Kind dabei zu helfen, einen Sinn im Leben zu finden."
Für die Schüler der Odenwaldschule war Beckers Auftritt die größte Niederlage, die sie erleiden konnten. "Das muss man sich mal vorstellen", erinnert sich einer der Schüler heute. "Du siehst ihn im Fernsehen, wie er Astrid Lindgren huldigt. Und am Morgen danach fummelt er in der Dusche wieder an dir rum. Das kriegst du nicht zusammen, völlig unmöglich."
Gerold Becker, 2010 verstorben, hat für viele Kinder keinen Sinn im Leben geschaffen, sondern er hat ihn zerstört. Dem Leiter der Odenwaldschule werden bislang 86 bestätigte Übergriffe und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgeworfen.  20 Jahre Missbrauch mit System
Der vormalige Pfarrer war aber nicht irgendein Pädosexueller, sondern der Leiter der wichtigsten deutsche Reformschule, der Odenwaldschule Oberhambach, auch Oso genannt. Sie hatte bei ihrer Gründung 1910 das Versprechen abgegeben, eine Alternative zu den autoritären Schulfabriken des 19. Jahrhunderts zu werden, ein Ort des Lebens und des Lernens. 
Dort versammelte sich die linksliberale Elite, im Odenwald gingen die Söhne der von Weizsäckers und von Dohnanyis zur Schule, dort haben Daniel Cohn-Bendit und Amelie Fried gelernt, was Demokratie ist. Für den Schriftstellersohn Klaus Mann war sie die demokratischste Schule Deutschlands. 
Dennoch hat das nicht verhindern können, dass an der Odenwaldschule über 20 Jahre hinweg sexueller Missbrauch stattfand. Er reichte vom Streicheln der Genitalien bis hin zur Vergewaltigung. Als das vergangenes Jahr aufflog, gab es eine Flut von Missbrauchsgeschichten aus der Schule des besseren Deutschland. 
Bisher ging man davon aus, dass mit Gerold Becker und Wolfgang Held dort im Wesentlichen ein Zweierteam sexuelle Gewalt ausübte. Beide hatten ihre Internatsfamilien im berüchtigten "Herderhaus", dem pädophilen Zentrum der Schule. Aber das ist eine Verharmlosung. Das "System Becker" reichte weit über dieses Zentrum hinaus.
Es begann Ende der sechziger Jahre mit einer regelrechten pädosexuellen Verschwörung gegen die Odenwaldschule. Bis zu fünf Pädophile unterwanderten damals die Schule. Sie lotsten sich gegenseitig an das Knusperhäuschen-Internat im Odenwald, und sie stammten alle aus dem gleichen Umfeld: Es waren Wandervögel und Jugendbewegte, die sich in der Nachfolge der berühmten "dj 1.11." sahen, der "Deutschen Autonomen Jungenschaft vom 1.11.1929". Das war eine wichtige und späte Strömung der Jugendbewegung, eine, die ein elitäres Sonderbewusstsein pflegte - und ein pädophiles obendrein.
Becker lotste Gleichgesinnte an die Schule, die nicht einmal Lehrer waren.
Die heute als Täter im Odenwald gehandelten stammen fast alle aus diesen Zusammenhängen. Sie verwirklichten im Odenwald eins zu eins die Ideen ihrer homoerotischen und pädophilen Vorfahren: Sie machten die Internatsfamilie, in der Lehrer und Schüler zusammen wohnen, wieder zu dem, was der fanatische Päderast und Reformpädagoge Gustav Wyneken (1875-1964) vorgesehen hatte: Den Ort, wo ein pädophiler Meister seine Jünger in die Knabenliebe einführt - die in der Praxis natürlich nichts anderes als Missbrauch kleiner Jungen war.
Und sie errichteten in der Odenwaldschule sogar eine spezielle Herrschaftsform - die aristokratische Androkratie. Das ist im Sinne des Homo-Urahnen Hans Blüher (1888-1955) eine elitäre Männerherrschaft, in der der Mann mit der größten Ausstrahlung der Chef ist. Das war zweifellos Gerold Becker, der in der pädagogischen und intellektuellen Szene Deutschlands höchste Anerkennung genoss - teilweise bis heute.
"Gerold Becker war die Lichtgestalt der Landerziehungsheime", sagt ein bekannter Reformpädagoge, der seinen Namen freilich nicht genannt sehen will. Die pädosexuellen Jungenschaftler waren meistens nicht mal Lehrer. An der vermeintlich besten deutschen Schule fanden sie dennoch Anstellung.
"Wir brauchen Typen, normale Lehrer gibt es überall", pflegten Schulleiter hier zu sagen. Die Nachfahren von Blüher und Wyneken hatten ein anderes Programm: Sie lebten ihre pädokriminellen Fantasien aus - unter dem Fähnchen der sexuellen Befreiung. Alle waren sie irgendwie berühmt: Der eine gründete das deutsche Woodstock, das Chansonfestival auf der Burg Waldeck, der andere die Berliner linksalternative "tageszeitung". Becker beherrschte zusammen mit seinem Freund und Lebensgefährten Hartmut von Hentig die Feuilletons; sein päderastischer Hausnachbar Wolfgang Held firmierte als der unantastbare Adoptivsohn des Komponisten Wolfgang Fortner, der für die Schule Singspiele schrieb.
Rotwein, Joints, VW-Bus-Reisen
Und sie alle verwandelten den Charakter ihrer Odenwaldhäuser: "Ich würde seine Familie eher als Kommune von Lehrern und Schülern bezeichnen", erinnert sich ein Zeitzeuge an die Schülerfamilie eines der Päderasten. Dort fand sich stets eine Rotweinflasche auf dem Tisch, Joints kreisten.
"Reihenweise standen VW-Bullis herum, mit denen die Lehrer dann mitsamt ihren Schülern auf Reisen gegangen sind - teilweise bis nach Griechenland und Frankreich." Die Schwerpunkte des Missbrauchs an der Schule waren laut einem Aufklärungs-bericht: Die Familie, der Ausflug, der VW-Bus.
Das Odenwälder Kollegium ließ sich blenden. Die Lehrer dachten, sie nähmen an einer pädagogischen Weltrevolution teil. Sie merkten nicht, dass die reformpädagogischen Sonntagsreden Beckers nur Tarnung für pädopohile Übergriffe waren.
Als Gerold Becker 1972 Schulleiter wurde, ging die Sturm- und Drangphase zuende. Nun wurde eine Art Untergrund-Oso eingerichtet. In der gab es ein Verteilsystem für hübsche Jungen, die aus dem Haus für die Acht- bis Elfjährigen in die pädophilen Familien gelockt wurden.
Andere Lehrer haben das bemerkt und sich darüber auch beschwert - bei Rektor Becker. Der wiegte dann sorgenvoll mit dem Kopf und versprach, etwas zu unternehmen. Aber es geschah nie etwas. "Was mich damals empörte, wundert mich heute nicht mehr", sagt eine Lehrerin von damals.
"Aufgrund meiner Erfahrungen hielt ich es schon für möglich, dass da etwas nicht stimmte", erinnert sie sich heute mit Blick auf die Herrschaft der Pädophilie an der Schule. "Doch dafür hatte ich keine konkreten Anhaltspunkte. Dass wir bewusst weggeschaut haben, ist nicht wahr."
Das Furchtbarste an der Schule war, so sagen es die unabhängigen Aufklärerinnen, die Juristinnen Claudia Burgsmüller und Brigitte Tilmann, dass die Schule die vielen Hilferufe ihrer Schüler ignorierte.
Die Odenwaldschule fuhr mit ihren Schülern auf Demonstrationen. Sie lehrte sie, dass der Sinn des Lebens im demokratischen Widerspruch lag - und überhörte die Kinder, als sie dringend Hilfe gebraucht hätten."
Quelle: Spiegel-Online 16.03.2011

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DasFoto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt


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