Meine Neigung zu Übergewicht - Ablesbar in meinem Genom

Nanu? Übergewicht??? Kompensiere ich es etwa seit Geburt durch einen gesunden Lebensstil?
Das Thema "Consumer genetics" - Behandelt am eigenen Fall (1. Fortsetzung)

Nachdem ich im letzten Blogbeitrag eine Auswertung meines sequenzierten Genoms in Bezug auf Sport und Fitness behandelt habe ( Stud. gen. 2017), ist mir dankenswerter Weise zwischenzeitlich auch eine solche Auswertung meiner sequenzierten genetischen Daten hinsichtlich des Bereiches Ernährung von Seiten der kanadischen Firma BioMD Genetics zugestellt worden.

Ohne wiederum gar zu sehr in die Tiefe zu gehen oder systematisch alles zu behandeln, möchte ich einiges daraus vorstellen und in Bezug setzen zu dem von mir erlebten Phänotyp. Das erste Kapitel ist der Regulierung des Körpergewichts gewidmet ("weight management"). Fällt mir diese Regulierung aufgrund meiner angeborenen, von meinen Eltern ererbten genetischen Voraussetzungen leichter oder schwerer? Es wird da nun ausgeführt, dass ich - von meiner genetischen Veranlagung in 31 aufgezählten SNP's her - leichter zu Gewichtzunahme neigen soll als 81 % der Vergleichsgruppe ("general population") (diese wird nicht genauer beschrieben) (S. 3). Als Hauptverantwortliche werden dafür benannt die SNP's

  • SEC16B - rs543874 - GG
  • FTO - rs1558902 - AT

Und hier muss ich nun sagen, dass mein Phänotyp sich darin nicht wieder findet. Dabei beruht die Aussage sogar auf 31 SNP's!!! - Bis zu meinem 45. Lebensjahr hatte ich bei 1,83 m Körpergröße 65 Kilogramm Körpergewicht. Und ich hatte nie Probleme, dieses "Gewicht" zu "halten" (s. Abb 1-4, mehr Beweisfotos siehe: 1). Nur während der Schwangerschaft meines dritten Kindes habe ich plötzlich (mit 44 Jahren) zehn Kilo zugenommen (ja!, ja!). Aber inzwischen liege ich durch bewusste Ernährung bei konstant 70 Kilo. Mein Körpermasseindex (KMI) (englisch Body-Mass-Index, BMI) liegt damit bei 20,9, also im Normalbereich, bzw. früher ja eher an der unteren Grenze des Normalbereichs.

Auch im engsten Familienkreis (r=0,5, n=8) sind ausgeprägtere Gewichtsprobleme nur selten zu beobachten. In der weiblichen Linie (auch gelegentlich bei r=0,25) ist oft vor der Heirat eine - wirklich nur leichte, im Grunde recht hübsche - Neigung zu "Pummeligkeit" zu beobachten. Diese kann auch später noch einmal zurückkehren. Sie kann aber - zum Beispiel nach einer Heirat - auch von ausgeprägter Schlankheit abgelöst werden und ist - zum Beispiel - nach einer Magen-OP (wegen Krebs) völlig abwesend.

In der engeren Verwandtschaft (also Großeltern, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen) (r=0,25, n=28) sind mir Gewichtsprobleme vor allem und nur bei einer weiblichen Person in ausgeprägterer Weise bekannt.

Meine auch aus der früheren Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Literatur abgeleitete Vermutung ging allerdings immer schon dahin, dass Körpergewicht (weltweit) auch von seelischen Einstellungen mitbestimmt ist. Darin liegt meines Erachtens auch eine bislang noch zu wenig beachtete Teilerklärung der Gewichtszunahme bei vielen Jäger-Sammler-Völkern, die von ihren angestammten seelischen Einstellungen und Lebensweisen entwurzelt worden sind (siehe dazu z.B.: Wiki).

Das Gehirn ist schließlich der größte Energieverbraucher des Körpers. Und hinsichtlich solcher Einstellungen mag es - gemessen am heutigen Durchschnitt zumindest in Deutschland und der westlichen Welt - überdurchschnittlich viele günstige Einflüsse gegeben haben in meiner Familie. Meine Familie steht in vierter Generation der idealistisch gesonnenen Wandervogel- und Jugendbewegung nahe, womit sich wohl viele solche günstigen gesundheitlichen Einflüsse verbinden, die auch hinsichtlich eines diesem Lebensstil nahe stehenden "anthroposophischen Lebensstils" von der Wissenschaft beobachtet worden sind (2). Unsere Familie lebt im Grunde einen dem "anthroposophischen Lebensstil" ziemlich nahe stehenden Lebensstil, allerdings in der Regel in konsequenter Ablehnung von Okkultismus und Christentum, was den deutlichsten Unterschied zu einer Minderheit jener Menschen darstellt, die einen anthroposophischen Lebensstil leben (2).

Günstiger Umwelteinfluss: Gesunder Lebenstil meiner Familie


Meine Großmutter mütterlicherseits (r=0,25) - ein Wiener Wandervogel, Jahrgang 1911 - war beispielsweise geradezu eine Fanatikerin was gesunde (Rohkost-)Ernährung betrifft. Der Satz "Rohkost müsst ihr essen!" liegt sicherlich noch vielen ihrer Enkelkinder im Ohr. Sie schwor unter anderem auf "Dr. Bruker" (s. Wiki), von dem sie viele Bücher in ihrem Bücherschrank stehen hatte. Neben den Büchern anderer Ernährungs-Gurus. Sie gehörte - meiner Erinnerung nach - dem (österreichischen) "Bund für Volksgesundheit" an und hatte dessen Zeitschrift „Gesundes Leben" abonniert (s. Nürnbergwiki). Im Garten betrieb sie in unermüdlicher Schaffenskraft bis ins höhere Alter hinein drahtig und sehnig biologischen Gartenbau. Beispielsweise habe ich den Geruch von vergorenen Brennesseln, mit denen sie düngte, immer noch in "guter" Erinnerung.


Da ich inzwischen auch selbst Seminare über gesunde Ernährung gegeben habe (!) (wer hätte das einstmals gedacht!), habe ich nach und nach auch das eine oder andere über gesunde Ernährung hinzugelernt und in die tägliche Praxis umgesetzt. Meine gesunde Ernährung heißt:

  • Rohkost vorneweg (Großmutter sei Dank!)
  • möglichste Beachtung des Ampelsystems (wobei ich es zutiefst empörend finde, dass es - trotz allgemeiner Befürwortung von allen Seiten - immer noch nicht eingeführt worden ist) (s. Wiki)
  • täglich "Basis-Müsli" (von den Firmen "Rapunzel" oder "Rosengarten") mit frischem Obst - anstelle des gezuckerten Fertigmüslis zum Frühstück (empörend, dass fast alle Fertigmüslis gezuckert sind!)
  • so wenig Fleisch (und Eier) wie möglich
  • Halbfett-Margarine statt Butter
  • (echtes) Vollkornbrot
  • Achten auf ausreichend Ballaststoffe, sprich viel Obst und Gemüse

Viele dieser Ernährungsregeln werden mir am Ende der hier behandelten Auswertung durch die Firma BioMD Genetics auch gegeben. Sie sollte bei der Formulierung ihres Berichtes womöglich noch mehr an jene denken, die solche Ernährungsregeln schon befolgen, und deren genetische Neigung zu Übergewicht darum womöglich noch niemals im Phänotyp sichtbar wurde. Besonders schwer fällt es mir subjektiv übrigens weder heute noch früher, mein Gewicht zu halten. Das liegt aber womöglich auch an einer genetischen oder durch (Selbst-)Erziehung erworbenen Begabung zur Selbstdisziplin. Als Propagandist des Ampelsystem in meiner Familie arbeite ich daran, dass es möglichst immer weniger krasse Rückfälle und Ausnahmen darin gibt, dass ich mich an dasselbe halte. Zumal die Ausnahmen jedes mal meine Vorbildwirkung leider viel zu arg erschüttern .... (!)

Sattheitsgefühl, Neigung zu Snacks, Sensibilität für Süßigkeiten

Während ich über SNPdia schon heraus bekommen hatte (s. letzter Beitrag), dass ich eine erbliche Anlage habe, die mir größere Befriedigung beim Essen verschafft als anderen, wird mir in dieser Auswertung der kanadischen Firma BioMD Genetics von dieser Anlage nun gar nichts gesagt, dafür wird mir - anhand von Gen FTO (rs9939609) - gesagt, dass ich "einen leicht verringertes Gefühl für Sattheit" hätte ("a slightly decreased sense of satiety"). Hm, während ich mich in dem SNPdia-Ergebnis sehr gut wieder fand, finde ich mich auch in diesem neuen Ergebnis zunächst einmal gar nicht wieder.

Zwischendurch-Mahlzeiten (Snacks) mag ich eher nicht, ein leichtes Hungergefühl erhöht sogar meine Leistungsbereitschaft (meine ich zumindest). In dieser Auswertung (von BioMD Genetics) gibt es zu der Neigung zu Snacks für mich zwei genetische Anlagen, die je in entgegengesetzte Richtungen wirken. Dann werden mir vier weitere Genvarianten aufgezählt, die eine erhöhte Tendenz mit sich bringen sollen, zu viel zu essen (S. 8). Auch darin finde ich mich nicht wieder. Oder sollte ich diesbezüglich zunehmend mehr dem genannten Lebensstil und den Lebenseinstellungen meiner Großeltern, Eltern und Verwandten dankbar sein, die ich in weiteren Teilen für mich selbst übernommen und weiter entwickelt habe?

Ich fahre sehr auf Süßigkeiten ab und muss mich da oft kontrollieren (was, wie schon angedeutet, nicht immer gelingt). Merkwürdigerweise findet die Auswertung diese meine Eigenschaft nicht in meinen Genen (S. 10):

GLUT2 (rs5400) GG - The genotype is not associated with an increased consumption of sweets.

"Ihr Genotyp ist nicht mit einem erhöhten Genuss von Süßigkeiten verbunden". Oh, oh, hier bekomme ich allmählich arge Zweifel an der Glaskugel der Humangenetiker. Da wird es dann wohl noch andere SNP's geben, die zumindest bei mir diesbezüglich eine - erhebliche - Auswirkung haben.

Zwei SNP's bestätigen mir, keine verringerte Empfindlichkeit meiner Geschmacksnerven gegenüber Süßem zu haben. Also auch sie werden nicht in Richtung von erhöhtem Verbrauch von Süßigkeiten hinwirken, da ich die Süße ja ausreichend empfinde.

Empfindlichkeit gegenüber Koffein


Zur Empfindlichkeit gegenüber Koffein wird ausgeführt (S. 18):

Es scheint, dass es eine schlechte Idee war, eine dritte Tasse Kaffee zu trinken? (...) Schon eine Tasse Kaffee macht Sie zu einem Superhelden, aber zwei zu einem schlaflosen Zombie? (Original: It seems like it was a bad idea to get that third cup of coffee? (...) One cup of coffee makes you a superhero, but two turn you into a sleepless zombie?)

Ein schöner Text! Ja, in einer solchen Beschreibung finde ich mich vollauf wieder. Das habe ich schon in der SNPdia-Auswertung dargestellt. Weiter heißt es:

Vielleicht sind sie sensibel gegenüber Koffein. Eine solche Sensibilität kann sich manifestieren in Schlaflosigkeit, Nervosität oder Angst nach dem Konsum von Produkten, die Koffein enthalten. (Perhaps you are sensitive to caffeine. Such a sensitivity can manifest itself as insomnia, agitation and anxiety after consuming caffeine-containing products. At the molecular level, this is connected with the receptors for caffeine and the particular properties of the metabolism of this substance in your body. There is also an evidence that drinking coffee may elevates your stress level, harm your stomach and intestines by irritating their linings, and cause heartburn (acid reflux).)

So die allgemeinen Ausführungen, zu meinen Daten heißt es:

Sie haben eine Kopie des Gens, das zu einer erhöhten Sensibilität für Kaffee in Beziehung steht. Das Risiko abträglicher Auswirkungen beim Verbrauch von Produkten, die Koffein enthalten, ist höher als bei Menschen, die eine solche Variante gar nicht haben. (You have one copy of the gene related to an increased sensitivity to caffeine. The risk of adverse effects when consuming caffeinecontaining products is higher than in people who do not have such variants of this gene.)

Dies bezieht sich auf das Gen ADORA2A und das SNP "rs5751876".

Weiterhin habe ich offenbar die ganz normale mitteleuropäische Fähigkeit zur Alkoholverdauung. Da meine letzte Volltrunkenheit mehr als 36 Jahre zurück liegt (volltrunken nach über 10 Gläsern Bier, vermischt mit anderen Fröhlichkeiten), kann ich zu dem Thema ansonsten nicht besonders viel sagen. Alkohol liegt weit ab meines Interessengebietes.

Empfehlungen zur Einnahme von Vitaminen


Mir werden dann Empfehlungen gegeben, von welchen Vitaminen ich viele, von welchen ich weniger viele brauche. Vitamin B6, B9 und C soll ich möglichst viel zu mir nehmen (vier von vier möglichen Anteilen), davon Vitamin C vor allem wegen rs33972313 CT auf Gen SLC23A1. Dafür soll ich Sonnenblumen-Kerne (für Vitamin B6), Bohnen und Spinat (für Vitamin B9), sowie Pfeffer und Guaven (für Vitamin C) essen.

Vitamin D, E und SE brauche ich ebenfalls (drei von vier möglichen Anteilen). Dafür soll ich Kabejau und öligen Fisch essen, Mandeln und Pflanzenöle, Paranüsse und Austern. B12 brauche ich weniger (zwei von vier Anteilen), Vitamin A und FE am wenigsten (ein Anteil von vieren). Vermeiden brauche ich scheinbar grundsätzlich gar keine Art von Essen.

Hm! Dass ich in Korea fast verhungert wäre, weil ich dort kaum etwas essen konnte, weil ich es außergewöhnlich schwer zu haben scheine, mich an scharfes Essen zu gewöhnen, hat der Bericht scheinbar noch gar nicht herausbekommen. Oder gibt es dafür keine genetische Veranlagung, ist das allein Kindheitsprägung? Mir fällt es in fremden Ländern überhaupt schwer, mich vollständig auf das Essen vor Ort umzustellen (etwa in der Türkei). Dass jede Kultur, jedes Volk an seine eigene, traditionelle Ernährung auch genetisch angepasst ist, könnte womöglich noch herausgearbeitet werden in einem solchen Bericht (siehe 3, 4).

Ergebnis: Soweit eine erste Auswertung dieses Berichtes. Ein dominantes Thema desselben - meine angebliche Neigung zu Übergewicht - kann ich so nicht nachvollziehen, ebenso andere "Voraussagen". Insofern hat diese Auswertung - zumindest was meine Person betrifft - keineswegs so voll ins Schwarze getroffen wie der erste Bericht zu Sport und Fitness.

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  1. Bading, Ingo: Meine Lebenschronik in Bildern. Auf: Facebook
  2. Bading, Ingo: Der "anthroposophische Lebensstil" als demographischer Faktor. Auf: Studium generale, 26. Februar 2008, http://studgendeutsch.blogspot.de/2008/02/der-anthroposophische-lebensstil-als.html ; engl. "The reproductive benefits of an anthroposophic lifestyle", http://studgen.blogspot.de/2008/02/reproductive-benefits-of-anthroposophic.html
  3. Kathrin Burger, Kathrin: Ist "nordic" das neue "mediterran"? Skandinavische Forscher sehen in der New Nordic Diet eine gute Alternative zur Mittelmeerküche. In: Spektrum der Wissenschaft, 19.02.2016, http://www.spektrum.de/news/new-nordic-diet-statt-mittelmeerdiaet/1398774
  4. Nabhan, Gary Paul: Coming Home to Eat. The Pleasures and Politics of Local Food. W. W. Norton & Company 2009

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