Meine lieben Miteltern

Mir ist schon klar, dass ihr uns manchmal durch den Kakao zieht. Bei so vielen Familienmitgliedern lässt sich ja auch immer einer finden, der etwas ausgefressen hat. Und es macht mir im Grunde genommen auch nichts aus, ich ergebe mich selber auch immer wieder mit Genuss dem verwerflichen Laster des Lästerns, wohl wissend, dass mich danach das schlechte Gewissen wieder plagen wird. Ich war nicht umsonst Klassenbeste in der Sonntagsschule…

Nein, meine lieben Miteltern, ich finde es wirklich nicht schlimm, dass ihr hinter unserem Rücken über uns tratscht, ich habe sogar Verständnis dafür, dass ihr es in Hörweite eurer Kinder tut. Passiert mir auch immer wieder. Aber wenn eure Kinder schon mithören, könntet ihr ihnen vielleicht endlich beibringen, dass das, was im Vertrauen in der Familie gesagt wird, nicht nach draussen gehört? Okay, bei einem Dreijährigen kann es schon mal geschehen, dass er sich trotzdem verplappert. Bei einem Vier- oder Fünfjährigen auch. Aber bei einer Elfjährigen? Die sollte doch allmählich wissen, dass man um des lieben Friedens Willen gewisse Dinge besser für sich behält.

Oh ja, ihr fragt euch jetzt, wie ich mir so sicher sei, dass die bissige Bemerkung den Eltern nachgeplappert ist. Es gibt da ein paar Indizien, die mich auf die Idee gebracht haben. Zuerst einmal der Inhalt der Bemerkung: “Tja, sowas geschieht halt, wenn man nicht nach seinen Kindern schaut” und das in einem Moment, wo ich gerade sehr intensiv damit beschäftigt war, mich um mein jüngstes Kind zu kümmern und die Bemerkung nicht im Geringsten passte. Dann war da noch der Tonfall. Genau wie der Papa, wenn er am Lästern ist. Ja, genau, der Papa dieses Kindes und ich haben auch schon zusammen gelästert, darum weiss ich, wie es tönt, wenn er andere durch den Kakao zieht. Zu guter Letzt ist auch der Zeitpunkt ziemlich auffällig: Drei Tage, nachdem ich das halbe Dorf nach meinen Kindern und Prinzchens bestem Freund absuchen musste, weil die Racker der Nachbarin entlaufen waren. Auf der Suche traf ich auch euch an und fragte, ob ihr vielleicht vier kleine bis mittelgrosse Ausreisser getroffen hättet.

Wie gesagt, meine lieben Miteltern, es macht mir nichts aus, dass ihr nach dieser Begegnung über uns gelästert habt, aber bitte bringt eurer Tochter bei, in Zukunft den Mund zu halten. Es wäre mir lieber gewesen, ich wüsste nicht, wie ihr wirklich über unseren Erziehungsstil denkt. Im direkten Gespräch wäre ich nämlich nie auf die Idee gekommen, dass wir die Dinge so anders sehen als ihr.

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