Lindner und der Kaiser von Byzanz

Lindner und der Kaiser von ByzanzDer Parteitag der FDP, der vor einigen Tagen stattfand, stieß auf ein breites Echo der Öffentlichkeit. Man konnte Lindner im Fernsehen sehen. Und seiner motzigen Rede in Auszügen im Radio lauschen. Dass er die Große Koalition für einen Raubzug hält, konnte man gar nicht überhören. Selbst wenn man gewollt hätte. Seine und seiner Partei Ablehnung dieses Bündnisses zwischen Konservativen und Sozialdemokraten war jedem Sender und jeder Zeitung eine Nachricht wert. So wie auch seine Rede vor seinen Parteifreunden.
Für ein Land, in dem die Übermacht der kommenden Koalition dem Bisschen an Opposition, das noch bleibt, gerade mal je Fraktion fünf Minuten Redezeit erteilen will, ist diese Berücksichtigung einer Partei, die nicht mal im Bundestag vertreten ist, schon irgendwie erstaunlich. So erstaunlich wie der Umstand, dass man nicht auch anderen Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, mal ein breiteres Forum bietet.

Die FDP findet tagespolitisch betrachtet in diesem Lande nicht mehr statt. Weshalb schenkt man ihr dennoch so viel Sendezeit? Ist das alte Verbundenheit? Gewohnheit im Umgang mit einer Partei, die noch nie nicht dabei war? Haben die Bürger dieses Landes denn einen Anspruch darauf, über die (Miss-)Geschicke einer Partei zu erfahren, die einigermaßen ordentlich rausgewählt wurde, nur weil sie früher mal immer drin war? Und das alles während Die Linke und die Grünen mit kurzen Redezeiten im Bundestag abgespeist werden sollen? Und insbesondere Die Linke auch sonst relativ wenig Sendezeit und Aufmerksamkeit geschenkt bekommt?
Mit welcher Berechtigung die FDP von den Medien die Rolle als Kopf der APO verliehen bekommt, ist nur schwer in Erfahrung zu bringen. Es gibt eine Unzahl an Parteien, die nicht im Bundestag sitzen. Über keine wird allerdings so rege über Personalien berichtet. Gibt es nicht weitaus wichtigere Themen als den neuen Vorsitzenden einer Fahrstuhlpartei? Warum liest man eigentlich so wenig von der MLPD? Irrtum, wer meinte, die FDP sei mausetot. Sie bekommt heute noch mehr Aufmerksamkeit in ZDF Berlin direkt als Gysi im Parlament. Ist das die ausgleichende Rolle, die die Medien als publikative Gewalt einnehmen?
Früher mag der Chef der FDP ja ein einflussreicher Mensch gewesen sein. Heute ist er eine Fußnote. Oder sagen wir es so: Er sollte nach Faktenlage eine Fußnote sein. Der Basileus von Byzanz war ja auch mal ein mächtiger Mann, bis er nur noch Herr über eine lange Stadtmauer, einen morschen Palast und fünf abgegraste Wiesen war. Ob man zuletzt noch viel von ihm gesprochen hat?
Nach Norwich ist die Antwort hierzu eindeutig: Ja, man hat. Er sollte schließlich als Bollwerk gegen die Muselmanen erhalten bleiben. Wie die FDP heute. Nicht gegen die Muselmanen freilich - gegen den angeblichen Linksruck, den man allerorten wittert. Der östliche Herr der Christenheit war auch als machtloser Despot noch in aller Munde. Ganz so wie der Herr der Marktlehre heute.
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