Lesetipp: „Start Where You Are“ (Chris Gardner)

Lesetipp: „Start Where You Are“ (Chris Gardner)

Das Streben nach Glück spielte weltweit 4,4 Milliarden Dollar ein. Dabei handelt es sich um die Hollywood-Verfilmung des Lebens von Chris Gardner. Und es lohnt sich, einen genaueren Blick auf dieses turbulente Leben zu werfen.

An den Start gehen

Motivationsbücher sind ja immer so eine Sache. Oft bekomme ich als Leser den Eindruck, dass einem das Blaue vom Himmel versprochen wird. Oder eben der klassische American Dream, der sich als Du kannst alles schaffen, wenn du es nur willst auch längst in unserem kollektiven Bewusstsein festgesetzt hat. Bei uns heißt der deutsche Traum lediglich ein bisschen anders: Selbstverwirklichung.

Tipp: Lesen Sie auch den Themen-verwandten Beitrag „Warum wir nicht alles erreichen können“.

Chris Gardners Weg ist eine solch klassische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Biografie. Doch in Gardners Geschichte liegt mehr Reife, mehr Qualität, mehr Authentizität. Als alleinerziehender Vater obdachlos zu sein, ist eine Hausnummer. Gardners eigener Startpunkt ist damit ein anderer als z. B. der eines Sprosses aus reichem Hause, der zumindest augenscheinlich bessere Karten im Leben hat.

Genau das ist die kraftvolle Botschaft, die Gardner seinen Lesern mit auf den Weg gibt: Starte dort, wo du bist. Spiele mit dem Deck, das du in der Hand hältst. Diese Botschaft ist so einfach wie wahr, sie hat nichts mit falschen Versprechen oder übersteigerten Erwartungen an das Leben zu tun. Denn wo sonst sollen wir starten, wenn nicht dort, wo wir heute sind?

Wissen auf vielen Ebenen

Gardner ermutigt uns, eine Bilanz vorzunehmen. Er führt uns vor Augen, dass das Streben nach Glück nur dann wahrhaftig ist, wenn wir uns ehrlich betrachten. Dazu ist es wichtig, die Vergangenheit anzuerkennen – die Schattenseiten eingeschlossen. Erst dann können wir begreifen, dass wir oftmals durch unsere eigenen Entscheidungen dort gelandet sind, wo wir uns jetzt befinden. Nicht durch Zufälle.

Viele Menschen neigen hingegen dazu, Umstände und andere Personen verantwortlich zu machen. Oder tun sich umgekehrt schwer damit, eigene Erfolge anzuerkennen und sagen: „Ich hatte ja nur Glück“.

Aber Erfolg ist kein Glück, sondern das Ergebnis von Vorbereitung und Möglichkeit, wie diese fünf Schriftsteller beweisen. Und Gardners Buch eignet sich gut für diese Vorbereitung.

Die drei wertvollsten Lektionen aus dem Buch

Wo der Film sich auf die Glückseligkeit durch ökonomischen Erfolg einschießt, ist Gardners Buch ein Kompendium, das sich mehrmals und in verschiedenen Lebensphasen zu lesen lohnt. Im Folgenden schildere ich die drei Lektionen des Buches, die mich am stärksten bewegt haben.

1. Auch die Baby-Schritte zählen

Wenn wir ein Ziel vor Augen haben, erscheint uns der Weg dahin lang und beschwerlich. Logisch: Je größer das Ziel, desto länger ist der Weg dorthin. So kann es passieren, dass wir uns angesichts all der uns bevorstehenden Herausforderungen regelrecht erschlagen fühlen. Gardner liefert für dieses Problem eine ebenso einfache wie ermutigende Lösung, indem er sagt: Auch die Baby-Schritte zählen.

Jeder kleine Schritt ist, wenn er bewusst mit der Ausrichtung auf unser Ziel gegangen wird, ein Schritt nach vorn, der uns näher an unser Ziel heranbringt. Nehmen wir an, Sie wollen ein Blog starten. Dann wäre es ein kleiner aber wesentlicher Schritt, ein anderes Blog zu erkunden. Was macht der Blogger und wie macht er es?

Oder Sie möchten einen Roman verfassen. Dann wäre es ein Baby-Schritt, ein Wort zu schreiben. So absurd es auch klingen mag: Mit diesem einen Wort sind Sie Ihrem Ziel näher. Natürlich ist das kein Meilenstein. Doch wenn Sie einmal verinnerlicht haben, dass jeder Schritt zählt, liegt in dieser Wahrheit eine große Kraft, die Ihnen dabei hilft, Ihr Vorankommen zu schätzen.

2. Die Kavallerie wird nicht kommen

Diese Erkenntnis ist hart, denn sie widerspricht einer ebenso verbreiteten wie romantisierten Vorstellung des Lebens, die wir in zahllosen Epen wiederfinden: Der Held ist am Boden, niemand schert sich um ihn. Aber wie aus dem Nichts kommt im letzten Moment eine Lichtgestalt, die ihn rettet. Das ist, mit Verlaub, völliger Quatsch.

Lesetipp: „Start Where You Are“ (Chris Gardner)

Das Streben nach Glück (Mit Will und Jaden Smith)

Gardner macht deutlich, dass in der Realität keine Kavallerie zur Rettung des Helden kommt. Wir selbst müssen uns kümmern: um unsere Gesundheit, unsere Zukunft, unser Vorankommen im Leben. Das schließt nicht aus, Menschen zu begegnen, die einem auf diesem Weg helfen können. Nur auf diese Hilfe zu warten und die Hände in den Schoss zu legen, wird hingegen zu keinem Ergebnis führen.

3. Das Gesetz harter Arbeit ist kein Geheimnis

Manche Leute suchen nach Geheimnissen auf dem Weg zum Erfolg. Sie wollen Abkürzungen, nutzen Affirmationen, positives Denken, Visualisierung usw. Doch ins Handeln kommen viele nicht, es bleibt bei den guten Vorsätzen. Warum? Weil sie die banale Wahrheit nicht akzeptieren wollen, dass es keine Abkürzungen gibt. Harte Arbeit ist der effektivste Weg zum Erfolg. Wohl kaum jemand weiß das besser als Chris Gardner, der sich mit Herz, Verstand und Beharrlichkeit aus einer existenziellen Krise herausgearbeitet hat.

Wer in einem Bereich des Lebens gut oder gar sehr gut werden will, der wird um harte Arbeit nicht herumkommen. So einfach ist das und, wie Gardner in Start Where You Are richtig schreibt, kein Geheimnis.

Religion vs. Spiritualität

Dieses Buch wäre kein US-amerikanisches, wenn der wirtschaftliche und persönliche Aufstieg nicht mit Gott in Verbindung gebracht werden würde. Daran mögen sich einige Leser stoßen. Wer jetzt hingegen Dogmen befürchtet, der irrt. Gardner zieht keine Konfession der anderen vor, flüchtet sich auch nicht in einen religiösen Relativismus.

Stattdessen hebt er Grundsätze hervor, die sich im Bedürfnis des Menschen nach Wachstum und Entwicklung ausdrücken. Gardner zeigt, dass wir immer die Entscheidung haben, unsere Einstellung zu einer Situation zu wählen. Das ist die tatsächliche Macht, die wir besitzen. Sich dies bewusst zu machen und aus diesem Bewusstsein heraus immer wieder die ‚helle‘ und nicht die ‚dunkle‘ Seite des Lebens zu wählen – darum geht es dem Autor.

Fazit

Chris Gardners Geschichte ist eine typische Turbokapitalismus-bottom-to-top-Story, die als solche durchaus kritisch gelesen werden kann und auch sollte. Denn ein solcher Aufstieg hinterfragt nicht die Probleme unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems. Denn wären Gardner und sein Sohn auch in einem Land mit sozialen Netzen obdachlos geworden? Sicherlich nicht.

Nichtsdestotrotz hat Gardner u. a. durch die Obdachlosigkeit, unter der auch sein Sohn litt, viel gelernt und den Weg aus einer vermeintlich ausweglosen Lage herausgefunden. Und dieses Wissen ist ein Geschenk an uns Leser.

GARDNER, CHRIS: Start Where You Are. Amistad, New York 2010, 336 S., 12,49 €

Autoreninfo

Chris Gardner trat früh in die US-Navy ein. Nach dieser Zeit versuchte er, durch den Verkauf von Knochendichtemessgeräten wirtschaftlich Fuß zu fassen, was jedoch misslang. Obdachlos und hoch verschuldet fand er durch ein Praktikum Eintritt in die Finanzbranche. Später gründete er eine eigene Firma, mit der er es zu beachtlichem Wohlstand brachte. Bis heute unterstützt Gardner mit seinem Vermögen eine Vielzahl von Wohltätigkeitsorganisationen.


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