KURZ-Geschichten von Günter Verdin (die Neunte,die Zehnte und die Elfte)

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9

Herr Kurz wird am Eingang

zur Diskothek abgewiesen.

„Wenn uns diese Pforten verschlossen sind,“

sagt Herr Kurz zu seiner Begleiterin,

„so müssen es die Pforten zum Paradies sein.

Denn in die Hölle kann jeder,

in dasParadies nicht.“

„Wenn dies also die Pforten

zum Paradies sind,“ sagt Herr Kurz,

„dann werden wir dahinter

nicht finden, war wir suchen:

Laster und Kurzweil,

Lärm und Ausschweifungen.“

„Deswegen,“ schließt Herr Kurz,

„lasse uns höllisch aufpassen,

dass wir nicht hineinkommen!“

10

Herr Kurz sucht das Abenteuer

möglichst zu meiden.

Doch es findet ihn immer.

Herr Kurz im Teufelsmoor.

Werwolf vertreibt sich die Zeit mit Unwesen.

Der Vampir trinkt ausgewähltes Blut aus Bukarest

( Blut aus Amerika trinkt der Vampir nicht mehr).

Wunderschöne Hexen kehren mit eisernem Besen

ihre Greueltaten unter den Tisch.

Der Tisch hat vier Menschenbeine.

Die Beine stecken in Wehrmachtstiefeln.

Die Stiefeln sind halb im Moor versunken.

Nie ist Herr Kurz über den Bodensee geritten.

Nun muss er durchs Teufelsmoor.

Die Angst schnürt Herrn Kurz die Kehle zu.

Doch er denkt:

a. Der Werwolf hat unzählige Menschen zerrissen.

b. Der Vampir holt sich täglich neue Opfer (nur nicht aus Amerika)

c. Die Hexen werden weiter foltern und massakrieren.

Jedoch:

ebensogut wie ich mich frage,

warum ausgerechnet mir

es nicht ebenso ergehen sollte,

könnte ich auch fragen:

warum gerade mir?

Herr Kurz hat augenblicklich seine Sprache wieder.

„Die Gefahr ändert sich nicht,“ sagt er,

„aber unsere Einstellung dazu.

Das Moor hat seine Schuldigkeit getan.

Ich gehe nun!"

11

Herr Kurz gleicht einem

unbewaldeten Erdtrabanten,so kugelig ist er

und grenzlos haarverödet

und ganz und gar nicht von dieser Welt.

„Ich fühle mich wie ein unbewaldeter Erdtrabant.“

sagt Herr Kurz zu seiner schönen Freundin.

Sie betrachtet ihn durch das Teleskop michglasverschwommener Zuneigung.

„Du bist mein unbewaldeter Erdtrabant!“

flüstert sie zärtlich und fühlt augenblicklich, wie ihre Anziehungskraft schwindet.

„Das darfst du nie wieder sagen!“

bebt Herr Kurz.

„Nie wieder, sage ich dir!“

Die Schöne hängt ratlos im Raum.

„Siehe,“ sagt Herr Kurz,

„wenn ich sage,

ich fühle mich wie ein unbewaldeter Erdtrabant,

so nehme ich eine Last

von den Schultern meiner Seele.

Wenn du es sagst,

verdoppelst du die Last.“

Die Schöne schwieg bedrückt.

„Nun siehe,“ sagte Herr Kurz,

„wenn ich sage, dass du schön bist,

so füge ich dir etwas bei.

Wenn du es sagst,

ist es eitel.“

Die Schöne strahlte sonnengleich.

Der Mond am Himmel schwieg.

Er war auch gar nicht gefragt worden.

Anmerkung zum Foto:

Anlässlich des Status als Europäische Kulturhauptstadt 2013 hat der französische Künstler Bruno Catalano zehn lebensgroße Figuren aus Bronze am Hafen von Marseille verteilt. Er nennt die Kunstaktion “Travellers”.

Die Figuren wirken, als wären sie noch nicht ganz angekommen, oder schon wieder halb abgereist.

Dabei hat das Reisemotiv natürlich auch einen ganz praktischen Hintergrund – das Gepäckstück dient als Bindeglied zwischen Rumpf und Beinen…

Redaktionelle Mitarbeit: Alexander Tomo


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