Katzenfänger

Die Katze soll zu uns kommen, hat Schwiegermama gesagt, als uns allen klar wurde, dass eine Heimkehr auch nach dem Spitalaustritt bis auf Weiteres nicht in Frage kommt. Das Tier werde sich bestimmt schnell wieder bei uns einleben, wo es doch in unserem Wandschrank das Licht der Welt erblickt habe, meinte Schwiegermama. Ich bin mir da offen gestanden nicht so sicher.

Gut, als sie noch ein Kätzchen war, fühlte sie sich tatsächlich ausgesprochen wohl bei uns. Flink kletterte sie jeweils an meinem Bein hoch, um sich auf meine Schulter zu setzen und mir beim Kochen zuzuschauen. Den ganzen Tag blieb sie mir auf den Fersen, um mich nicht aus den Augen zu verlieren. Doch nach ihrem Auszug gewöhnte sie sich schnell an das beschauliche Leben als Wohnungskatze einer älteren Frau und es dauerte nicht lange, bis sie uns mit einem zornigen Knurren empfing, wenn wir zu Besuch kamen. Irgendwann beschloss sie, sich ganz unsichtbar zu machen, wenn ihre laute Herkunftsfamilie ins Haus kam. Zum Glück erklärte uns Schwiegermama, die Katze verhalte sich immer so, wenn jemand vorbeikomme, sonst wäre ich wohl ziemlich eingeschnappt gewesen. Immerhin waren wir diejenigen, die mit reichlich Futter den Grundstein für ihre inzwischen ausgesprochen rundliche Figur gelegt hatten. 

Mir graut offen gestanden ein wenig vor dem kommenden Samstag, denn dann wollen wir das Tier davon überzeugen, sein ruhiges Zuhause zu verlassen. Schwiegermama meinte zwar, das sei ganz einfach, wir müssten bloss den Tierarzt rufen und der komme dann mit dem Kescher, um die Katze einzufangen. Mir aber widerstrebt diese Fangmethode und zwar nicht nur, weil mich das Geld für den Tierarzt reut, sondern auch, weil ich mir einbilde, mit Katzen auch ohne fremde Hilfe klarzukommen. Und wer weiss, vielleicht erinnert sie sich sogar wieder an unsere gemeinsame Zeit, wenn ich sie mit honigsüsser Stimme unter dem Sofa hervorzulocken versuche? Dann aber fällt mir wieder ein, wie sie mich bei unserer letzten Begegnung mit glühenden Augen anstarrte und mit zornigem Fauchen in die Flucht trieb. Was, wenn sie mich diesmal sogar anspringt und ich wenig später mit zerkratztem Gesicht an Schwiegermamas Krankenbett meine Niederlage eingestehen muss? Was, wenn das Tier das Weite sucht und ich mit der Nachricht ins Spital komme, die geliebte Katze sei auf Nimmerwiedersehen verschwunden? Bis in meine Träume verfolgt sie nicht inzwischen, so sehr fürchte ich, diesen Auftrag zu vermasseln. 

Ich denke, ich muss mir unbedingt eine Portion Gelassenheit zulegen, bevor ich am Samstag losfahre, um die Katze einzufangen. Vielleicht nehme ich mir die zwei Mädchen zum Vorbild, die heute Nachmittag an unserem Haus vorbei spazierten:

„Schau mal, eine Katze.“

„Wo?“

„Dort drüben. Siehst du sie nicht?“

„Ach so, jetzt sehe ich sie. Ich glaube, die ist tot.“

„Nein, ist sie nicht.“

„Doch, ich glaube schon.“

„Was, wenn sie wirklich tot ist?“

„Na, dann ist sie halt tot.“

„Stimmt, dann ist sie halt tot.“

Na ja, ganz so kaltblütig möchte ich nicht werden. Aber vielleicht ein klein wenig ruhiger…

Katzenfänger


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