Interview mit Kati Naumann, der Autorin von „Monika Häuschen“

Ich berichte hier gerne über Bücher, Filme oder Hörspiele, die unseren Nachwuchs begeistern. Bei wirklich tollen Geschichten finde ich es zudem spannend, über die Hintergründe zu erfahren, sprich, in erster Linie über die Autorin, den Autor. Vor kurzem habe ich die Hörspielreihe „Monika Häuschen“ rezensiert, hier nun das Interview mit der Erfinderin von Monika. CDs von Monika Häuschen werden derzeit bei vaterfreuden.de verlost. Hier nun aber das Interview mit Monikas Mama:

Wie bist Du auf die Idee gekommen, eine Hörspielserie namens ‚Monika Häuschen‘ aufzulegen?

Eine Schnirkelschnecke als Hörspielheldin ist natürlich nicht besonders spektakulär, aber ich habe eine Schwäche für die schutzlosen und nicht ganz so schillernden Wesen der Welt. „Monika Häuschen“ gab es übrigens wirklich. Meine älteste Tochter brachte sie eines Tages aus dem Garten mit, hat ihr diesen putzigen Namen verpasst und sie ein paar Tage in einem Marmeladenglas beobachtet, bevor sie wieder in Freiheit kriechen durfte. An diese kleine Schnecke habe ich mich erinnert, als feststand, dass ich eine Naturhörspielserie schreiben möchte. Dass mich Naturthemen so begeistern, hängt sicher mit meiner Kindheit zusammen, die ich zu großen Teilen im Thüringer Wald verbracht habe, an der Seite von wunderbaren Großeltern, die mir jede Raupe und jeden Käfer als unglaublichen Zaubertrick der Natur präsentiert haben. Und wie man Sachthemen solide recherchiert, habe ich bei meinen vielen Drehbucharbeiten fürs ZDF für die Kinderquizsendung 1,2oder3 trainiert.
Eine Idee allein nützt natürlich noch nicht viel. Ich hatte von Anfang an Tobias Künzel als Produzenten zur Seite und das große Glück, dass unsere Plattenfirma Universal/Karussell an Monika Häuschen glaubt und mir beim Schreiben alle Freiheiten lässt. Die Folge zu konzipieren und zu schreiben ist natürlich nur ein Baustein. Zum Leben werden die Figuren erst durch die Sprecher erweckt und mit ihnen haben wir wieder Glück in jeder Beziehung. Wenn ich Monika höre, vergesse ich oft, dass es eigentlich die unglaublich begabte Kathrin Bachmann ist, die da gerade spricht. Steffen Lukas hebt in der Sprecherkabine manchmal fast ab, so sehr versetzt er sich in den flatternden Gänserich hinein. Tobias Künzel ist die Rolle des Regenwurms natürlich auf den Leib geschrieben. Tom Deininger als Erzähler ist unser aller Ruhepol. Wir sind im Laufe der vielen Folgen alle enge Freunde geworden, das bezieht auch unseren Toningenieur Dirk P. Posner mit ein. Wir beflügeln uns gegenseitig und wenn ich eine Folge schreibe, dann inspiriert mich der Gedanke an die Sprecher. Eine neue Folge aufnehmen zu dürfen, ist für uns alle jedes Mal wie eine Feier, bei der wir alle gleichzeitig Geburtstag haben.

Der Schnecke Monika sind zwei andere Charaktere zugesellt, Schorsch der Regenwurm und Günter, ein Graugänserich. Gab es für diese Figuren Vorbilder?

Meinst Du bei der Erschaffung der Charaktere? Vielleicht unbewusst. Regenwurm Schorsch hat sehr viel von seinem Sprecher Tobias Künzel:-) .
Ich stamme ja aus der ehemaligen DDR und da gab es diese festen Größen im Kinderfernsehen: Schnatterinchen, Pittiplatsch, Herr Fuchs, Frau Elster… Mein absoluter Liebling war Pittiplatsch, weil der immer so herrlichen Blödsinn gemacht hat. Das hat mich ganz sicher bei der Figur von Schorsch beeinflusst. Vielleicht gibt es auch so ein unterbewusstes Vorbild für Herrn Günter?

Welche Zielsetzungen verbindest Du mit diesen Charakteren bzw. mit der Konstellation dieser Charaktere?

Schnecke und Regenwurm sind einander ebenbürtig und da sie beste Freunde sind, find ich das sehr wichtig. Sie passen größenmäßig zusammen und haben außerdem die gleichen Handicaps, sie besitzen weder Arme noch Beine. Das wirft aber auch Probleme auf. Die Serie muss fast immer im Garten spielen. Schnecke und Regenwurm sind eben nicht mal schnell an den Waldrand geflitzt. Ich muss also immer Abenteuer im Mikrokosmos suchen, eine ganz besondere Herausforderung, irgendwie fast philosophisch oder? Monika hat dabei den Part der Neugierde, sie hinterfragt immer und Schorsch macht Blödsinn und tapst von einem Fettnäpfchen ins andere. Das ist wie bei den Kindergartenkumpels oder einem alten Ehepaar. Über die dritte Figur, die das Wissen vermitteln soll, habe ich lange nachgedacht. Mir erschien ein Vogel gut, damit die beiden anderen die Chance haben, auch mal den Garten zu verlassen. Am besten fand ich einen Zugvogel, der weit gereist ist, was sein großes Wissen erklärt und die Möglichkeit mit sich bringt, von Tieren zu erzählen, die nicht in unseren Vorgärten vorkommen, wie Zebras oder Löwen. Das Hauptproblem dabei war, dass auf der Speisekarte der meisten Zugvögel Schnecke und Regenwurm bei den Desserts stehen. Es musste also unbedingt ein Vegetarier sein, wenn die Serie nicht schon nach der ersten Folge tragisch enden sollte. Deshalb also ist es eine Graugans geworden, auch weil damit der Begriff „dumme Gans“ widerlegt wird. Gänse sind schließlich sehr kluge und schöne Tiere.

Der einzige Mensch im Hörspiel, der namenslose Gartenbesitzer, ist eine Art side-kick, denke ich. Welche Funktion hat er? Geht es darum, den Faden der Geschichte zusammenzuhalten? Die Parallelität zu Problemen oder Situationen im menschlichen Leben zu verdeutlichen?

Der Erzähler ist tatsächlich die Brücke zur Menschenwelt und er hat damit eine sehr wichtige Funktion. Ich erkläre ja manchmal recht komplexe Phänomene und das aus der Sicht eines Gänserichs, der keine Ahnung von Kindergarten, Schule, Autos oder Robotern hat. Dann brauche ich den Erzähler, der das übersetzt und Beispiele aus unserem Leben anführt. Ich habe z.B. überlegt, wie ich das, was im Bauch des Bombardierkäfers  passiert, bevor er losballert, begreiflich machen kann. Dann fiel mir die Sache mit der Backpulverbombe ein, sowas kennt ein Gänserich natürlich nicht. Oder beim Taumelkäfer haben wir die zweigeteilten Augen. Das lässt sich sehr schön an den beiden Brillen des Erzählers erklären. Übrigens: Der Erzähler hört und versteht die Tiere, die Tiere ihn aber nicht.

Wissensvermittlung durch Unterhaltung – kennt ein solches Konzept auch seine Grenzen?

Die Grenze ist der Punkt, an dem es anstrengend werden würde. Monika Häuschen soll richtig Spaß machen und das Lernen muss unbewusst passieren. Deshalb unterbreche ich die Schlaubergervorträge auch immer mit Schorschs Meckereien und es dürfen nie mehr als zwei Erklärungen in einem Hörspiel sein.
Manche Naturphänomene sind natürlich so kompliziert, dass es sehr schwierig ist, sie auf populärwissenschaftliches Niveau runterzubrechen, ohne etwas falsch darzustellen. Ich rückversichere mich dann oft bei Fachleuten. Erst wenn ich selbst in der Lage bin, ein spannendes Phänomen wirklich zu begreifen, dann kann ich es auch Kindern erklären. Das ist für mich übrigens immer der erste spannende Schritt – ich versuche etwas zu verstehen, das ich in vielen Jahren Schule und Studium nicht kapiert habe.
Genauso wichtig wie die Vermittlung von Wissen ist mir übrigens die Vermittlung von Werten. Das ganze Wissen der Welt nützt uns nichts, wenn wir nicht verantwortungsbewusst damit umgehen.

Mein Eindruck ist, dass Monika Häuschen viele Kinder unterschiedlichster Altersgruppen ansprechen kann. Welche Elemente sind eher für die Kleineren gedacht, welche Aspekte soll das Interesse der großen (Schul-)Kinder wecken?

Es würde mich freuen, wenn das so funktioniert:-) Da ich als Mama oft und ständig die Hörspiele meiner Kinder mitgehört habe, möchte ich, dass alle Familienmitglieder Spaß an Monika Häuschen haben, egal welchen Alters. Natürlich ist zum Beispiel die Hamsterfolge, die sich mit dem Sachkundeunterricht überschneidet, für Grundschüler besonders schön. Aber trotzdem muss jeder Satz der Folge für die Kleinsten zu verstehen und für die Großen trotzdem spannend und lustig sein. Wenn ich also für die 3jährigen Fremdwörter erkläre, dann lasse ich Monika nachfragen und Schorsch bringt seine eigene Interpretation, dem ist nämlich sofort klar wie Tümpelbrühe, dass ein Musketier einer mit ganz vielen Muskeln sein muss und ein Macho nur Matsch in der Birne hat.

Aus meiner Perspektive ist das Statische der Charaktere sowohl Vor- wie Nachteil. Die Kinder freunden sich mit den einzelnen Geschichten sofort an, andererseits entfällt damit auch die Möglichkeit der Weiterentwicklung. Oder sehe ich das komplett falsch?

Es stimmt schon, die Folgen sind so konzipiert, dass sie keine Reihenfolge haben und es egal ist, ob man mit der 1. oder 40. Folge einsteigt. Die Figuren können sich also im Laufe der Serie tatsächlich nicht verändern, aber sie tun es dafür innerhalb der Folge. Sie entwickeln zum Beispiel Mitgefühl für den fremden Mistkäfer , den am Anfang keiner mag und sie lernen oft etwas über sich selbst. Außerdem schaffe ich zwischendurch immer wieder Folgen, in denen die Charaktere aus ihrer bisherigen Rolle ausbrechen dürfen. Als Monika in „Warum haben Schnecken Häuser?“ zum Beispiel auf ihre Schwester trifft, lernen wir eine ganz neue Seite von ihr kennen. Die sonst so harmoniesüchtige Monika wird plötzlich eifersüchtig und richtig garstig – womit sie beinahe ein Unglück verursacht hätte. Diesen Part hat normalerweise Schorsch.

Ich frage mich immer wieder, warum Regenwurm und Schnecke die Gans siezen, umgekehrt aber geduzt wird. Eine Kleinigkeit, oder auch nicht?

In meiner Vorstellung sind Schnecke und Regenwurm Kinder, während Herr Günter erwachsen ist und Wert auf seine Würde legt. Er ist nun einmal ein gelehrter Herr. Und es bietet natürlich eine Steilvorlage für viele Gags, zum Beispiel wenn die 3 in der Eulenfolge „Vater, Mutter, Kind“ spielen und sich der Gänserich mit Herr Baby ansprechen lässt.

Welche Episode, welche Episoden sind Deine Lieblingsgeschichten und warum?

Von den bereits erschienen Folgen gibt es so viele, die ich besonders mag. Die Biberfolge , nicht nur weil da Olli Dittrich den Biber gesprochen hat, sondern wegen der vielen blubbernden Unterwasserszenen. Die Taumelkäferfolge  habe ich für meinen Enkel geschrieben, der zu diesem Zeitpunkt das Wort Karambolage so geliebt hat. Beim Iltis bringt Lars Wohlfahrt den unmöglich frechen Iltis herrlich glaubwürdig rüber und die Nachtstimmung finde ich hier so schön. Aber auch die Doppelfolge mit der wunderbaren Marie Gruber als Raupe und Schmetterling liebe ich, weil ich beim Schmetterling Germanys Next Topmodel parodieren konnte . Besonders mag ich auch die Folgen, in denen Familie zu Besuch kommt. Das sind dann sehr emotionale Folgen, in denen sich auch mal kleine Dramen abspielen. So etwas zu schreiben macht mir besonderen Spaß.

Wie geht es weiter mit Monika?

Wir haben 2 neue Folgen im Kasten, die noch in diesem Jahr erscheinen werden. Soll ich mit Trommelwirbel das Geheimnis um die neuen Gasttiere verraten? Es sind ein Spatz und Herrn Günters Mama, also eine zweite Gans. Soeben ist ja auch das Liederalbum von Monika Häuschen erschienen. Wir haben jahrelang bei unserer Plattenfirma Universal/Karussell gequengelt, dass wir das gern machen wollen. Wir, das sind in diesem Fall Tobias Künzel, der nicht nur Sprecher und Produzent der Serie ist, sondern auch Komponist des Titelsongs. Zusammen mit der Lieder-CD sind ein Notenbuch  und Aufführungsmaterial für Kindergärten und Grundschulen  bei Bosworth erschienen. Dafür habe ich aus den Songs Mini-Musicals gemacht und ich freue mich riesig, dass es gut aufgenommen worden ist und wir viele Rückmeldungen von Kindergruppen bekommen, die damit tatsächlich schon Aufführungen proben. Außerdem sind gerade kleine Lernfilmchen mit Monika bei Youtube eingestellt worden.  Im Vergnügungspark Belantis bei Leipzig werden zur Zeit mehrmals täglich ganz zauberhafte, kleine Puppenspiele mit Monika Häuschen aufgeführt, bei denen die Kinder mit den Hörspiel-Helden reden und sie sogar streicheln können. Es passiert also einiges. Was mir dabei immer wichtig ist, der Grundgedanke der kleinen Schnecke darf nie verloren gehen!

Welche anderen Projekte im Kinder(buch)bereich hast Du bereits gemacht oder schweben Dir noch vor?

Ich habe noch zwei andere Kinderhörspielreihen entworfen und geschrieben. Zum einen „Circus Roncalli“, der einzige Zirkus, der mir gefällt, weil sein nostalgischer Zauber in der Magie besteht und keine Tiere in der Manege verwurstet werden. Außerdem „Lady Muffin und Herr Klops“, eine Serie, mit der Kinder direkt zum Hörspiel kochen und backen können. Und ich habe eine neue Kinderbuchreihe entworfen und den ersten Band vorbereitet, den ich gerade schreibe. Da meine Agentur noch mit dem Verlag verhandelt und ich bei Verträgen ein bisschen abergläubisch bin, möchte ich dazu aber noch nichts verraten. Der Kinderbereich ist die eine Hälfte meiner Arbeit. Im Erwachsenenbereich geht meine Lesetour zu meinem 4. Roman „Die große weite Welt der Mimi Balu“ in diesem Monat zu Ende und ich bereite einen neuen Roman vor.


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