In eigener Sache: 1 Jahr nach der Stammzellspende bei der DKMS – Ein Rückblick

Der heutige Tag ist für mich persönlich von großer Bedeutung, denn es jährt sich meine Stammzellspende über die DKMS zum 1. Mal.

Grund genug, einmal abseits der ganzen Fotothemen einen Rückblick darüber zu schreiben und Euch zu motivieren, für die gute Sache ein Teil der Deutschen Knochenmarkspenderdatei und somit potentieller Lebensretter zu werden!

Worum geht es bei einer Stammzellspende und wer ist die DKMS?

Alle 16 Minuten erhält ein Mensch in Deutschland die Diagnose Blutkrebs. Viele Patienten sind dabei Kinder und Jugendliche, die ohne eine Stammzellspende nicht überleben können. Aber auch Erwachsene und Ältere kann es treffen. Da es der Suche nach einen passenden Spender für eine Stammzelltransplantation, dessen genetische Merkmale identisch zu denen des Patienten sind (nur dann nimmt der Körper des Patienten die gesunden Zellen an) der Nadel im Heuhaufen gleicht, ist es notwendig, eine zentrale Datenbank zu führen, in der alle potentiellen Spender erfasst und bei Bedarf einem passenden Empfänger zugeordnet werden können. Diese Aufgabe und Vermittlung sowie die Organisation der Spende inklusive aller Vor- und Nachbereitungen übernimmt die DKMS – die Deutsche Knochenmarkspenderdatei. Erkrankt ein Mensch an Blutkrebs, sucht die DKMS in der mittlerweile über 4 Mio Spender umfassenden Datenbank nach dem einen passenden Puzzleteil, was für den Erkrankten ein möglicher Lebensretter sein kann.

Weitere Infos dazu in einem Imagefilm der DKMS:

Was ist Blutkrebs?

Auch unter dem Begriff Leukämie bekannt, ist Blutkrebs eine Erkrankung des blutbildenden Systems, welches sich im Knochmark befindet. Beim Blutkrebs werden vermehrt weiße Blutzellen inklusive funktionsuntüchtiger Vorstufen gebildet und ins Blut geschwemmt. Diese funktionsuntüchtigen Zellen breiten sich zudem im Knochenmark aus und verdrängen dort die übliche Blutproduktion. Weiterhin können diese Zellen Funktionen von Organen beeinträchtigen. In der weiteren Folge entsteht ein Sauerstoffmangel im Blut, ein Mangel an Blutplättchen und an funktionstüchtigen weißen Blutzellen und später dann auch oft der Tod, sollte es keine Heilung in Form gesunder Stammzellen geben.

Zur Therapie ist es unbedingt notwendig, das krankhafte blutbildende System komplett zu zerstören und mithilfe von gesunden Stammzellen zu „resetten“. Daher ist das Finden eines passenden Spenders die einzige Möglichkeit, dem Patienten dauerhaft zu helfen und den Krebs so zu heilen. Dies gestaltet sich aber schwierig, da gesunde Zellen genetisch exakt auf die Merkmale des Patienten passen müssen, da sonst eine Abstoßung erfolgt und bei der Masse an unterschiedlichen Möglichkeiten kann man sich vorstellen, wie gering die Chance ist, einen passenden Spender zu finden. Umso wichtiger ist somit die Arbeit der DKMS.

Detailliertere Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Blutkrebs

Was passiert bei einer Stammzelltransplantation?

Einfach gesagt wird bei dem Erkrankten das komplette kranke blutbildende System mittels Chemotherapie zerstört und durch das neue, gesunde System des Spenders ersetzt. Dieses Verfahren läuft parallel, das heißt die Chemo läuft, wenn auch der Spender vorbereitet wird. Somit ist es auch nicht ratsam, sich als Spender kurz vor dem Spendentermin doch noch anders zu entscheiden, denn das wäre für den Patienten das sichere Todesurteil. Eine Motivation mehr für mich, das Prozedere trotz ein paar Unannehmlichkeiten bis zum Ende durchzuziehen.

Die gespendeten Zellen werden möglichst noch am Tag der Spende dem Patienten mittels Infusion transplantiert und dann heißt es: Hoffen und warten. Die gesunden Stammzellen docken nun im Knochenmark des Patienten an und beginnen damit, gesunde Zellen zu produzieren. Klappt das, sehen die Chancen zur Genesung sehr gut aus.

Interessante Info dazu: Mir wurde erklärt, dass nach der Spende der Empfänger sogar meine Blutgruppe annimmt, auch wenn er im Vorfeld eine andere hatte. Weiterhin ist das „Erinnerungssystem“ des Bluts über bereits überstandende Krankheiten futsch, so dass es in der Folge vorkommen kann, dass der Empfänger wieder Kinderkrankheiten bekommen kann.

Registrierung und dann?

Der Gedanke zur Registrierung bei der DKMS kam mir vor längerer Zeit durch einen Bericht über das Thema Leukämie im TV. Die Registrierung ist simpel: Website besuchen, Adresse angeben, auf Post warten, Unterlagen ausfüllen, Wangenabstrich machen, fertig.

Die Unterlagen inkl. dem Wattestäbchen schickt man dann zurück an die DKMS und damit ist die Arbeit fürs Erste auch schon getan. Ach ja, die Registrierung kostet der DKMS 50,- € , die man auf Wunsch auch als Spende übernehmen kann, aber nicht muss.

>> Hier gehts zur Registrierung: http://www.dkms.de/de/spender-werden <<

Ablauf der Spende

Auch dazu gibt es einen informativen Film der DKMS:

Der Anruf

Ausgerechnet am 1. Tag bei meinem neuen Arbeitgeber kam morgens der Anruf der DKMS, dass ich für eine Spende in Frage komme, während ich im Foyer auf die Abholung durch den Teamleiter wartete. Somit konnte ich direkt damit punkten, demnächst ein paar Tage auszufallen. Super Timing. 🙂 Aber das Verständnis seitens Arbeitgeber war groß und ich wurde freigestellt, sogar ohne Urlaub nehmen zu müssen. Vielen Dank noch mal dafür. 🙂

 1. Schritt – Voruntersuchung beim Hausarzt

Da die Infos aus dem Wattestäbchenabstrich nicht ausreichen, um gänzlich sicher zu gehen, dass man als Spender in Frage kommt, geht es im 1. Schritt zum Hausarzt, wo ein paar kleine Blutproben entnommen und die Ergebnisse im Anschluss an die DKMS geschickt werden. Da die Ergebnisse dort passten, ging es in der nächsten Runde ins Krankenhaus zur umfangreichen Voruntersuchung, um sicherzugehen, dass ich nicht selber aus den Socken kippe, wenn es dann ernst wird.

2. Schritt – Voruntersuchung im Krankenhaus

Also auf nach Berlin in die Charité (die Spende wird nur in ausgewählten Krankenhäusern durchgeführt und die Charité war das von mir aus nächstgelegene), wo ich von Kopf bis Fuß durchgecheckt wurde – das ist übrigens noch ein Vorteil der Spende: Man bekommt gratis eine komplette Hauptuntersuchung, was ja auch nicht verkehrt ist. Das beinhaltet Ultraschalluntersuchungen, div. Blutproben, Gespräch mit Ärzten, EKG uvm. Einen Tag kann man dafür schon einplanen.

Dort entscheidet sich dann auch, ob man die Stammzellen aus dem Blut gewinnen kann (also ähnlich einer Blutspende/Plasmaspende) oder ob man die anspruchsvollere Variante über eine OP am Beckenkamm gehen muss. In 80% der Fälle geschieht die Spende mittlerweile allerdings über die Entnahme aus dem Blut. Entgegen aller immer noch vorherrschenden Vorurteile hat die Spende über das Knochenmark aber absolut nichts mit dem Rückenmark zu tun, worauf mich im Vorfeld einige Personen besorgt angesprochen haben. Knochenmark und Rückenmark = 2 ganz unterschiedliche Baustellen. Also keine Angst davor, auch wenn die OP natürlich ein schwierigerer Eingriff für den Körper ist, als die Spende über das Blut. Beide Verfahren sind mittlerweile lange Jahre erprobt und somit auch vertrauenswürdig. Ein Restrisiko bleibt natürlich – es ist und bleibt ein OP. Daher war ich auch ganz froh, dass für mich die Entnahme aus dem Blut in Frage kam.

3. Schritt – Eigene Vorbereitung vor der Spende

Da sich in meinem Fall wie gesagt für eine periphere Stammzellspende entschieden wurde (also das „Filtern“ der benötigten Zellen aus dem Blutkreislauf) war es nötig, sich einige Tage vorab mit einem Aufbaupräparat selber zu spritzen, das bewirkt, dass vermehrt die benötigten Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut ausgeschwemmt werden. Wer sich nicht zutraut, eine Spritze selber zu setzen (es war nur eine sehr kleine, die in eine Hautfalte im Bauch gepiekst werden musste) kann aber auch einen Pflegedienst für diese Tage in Anspruch nehmen, was mir allerdings zu umständlich war. Also rein mit der Nadel – alles halb so wild. Eine Nebenwirkung hatte diese Aufbauphase bei mir allerdings: Nach 2-3 Tagen hatte ich das Gefühl eines heftigen Ganzkörpermuskelkaters inklusive großer Gelenkschmerzen, was aber vorkommen kann (nicht muss) und normal ist. Körperliche Anstrengung war in den Tagen echt kein Spaß, aber was tut man nicht alles… Zumal die Beschwerden nach der Spende nahezu schlagartig verschwunden waren.

4. Schritt – Spende

Wieder hieß es: „Ab nach Berlin!“ Dieses Mal für 2 Tage, wieder in das nette Hotel in der Nähe der Charité. Anreise am Vorabend, Spende am nächsten Morgen. 8 Uhr gings los.

Ich wurde darauf vorbereitet, die nächsten 4 Stunden im Bett liegend zu verbringen, links und rechts im Arm 2 Kanülen (bzw. Braunülen). Also hieß es: bequeme Lage finden, Arme gerade halten und schauen, was in der Folge mit mir angestellt wurde. Wie man sich in der Zeit bespaßt? Smartphone in die Hand am langen Arm, Kopfhörer rein und von Musik berieseln lassen oder im Internet surfen, chatten – das Übliche halt. Hunger und Durst wurden sofort durch die Betreuer gestillt, auch wenn es schon komisch ist, plötzlich gefüttert zu werden. Aber ohne Arme keine Kekse – was in dem Fall sogar wörtlich gemeint war. 😉 So verharrte ich dann die ganze Zeit und habe gehofft, nicht aufs Klo zu müssen, denn das wäre eine echte Challenge geworden.

Das Blut läuft in der Zeit der Spende durch eine spezielle Zentrifuge, in der die benötigten Zellen herausgefiltert werden; den Rest bekommt man wieder. Dieses Verfahren dauert eine ganze Zeit und am Ende war das Ergebnis ein Beutel mit ein wenig undefinierbarerer Flüssigkeit, die es aber in sich hat, wenn man die Wirkung bedenkt.

Unmittelbar nach der Spende schlich ich zurück ins Hotel, wo ich den Rest des Tages im Bett verbrachte, denn viel mehr war auch nicht möglich mit verbundenen Armbeugen und wackligen Knien. Am nächsten Morgen konnte ich aber bereits topfit die Rückreise nach Hamburg antreten. Spätfolgen: Keine! Gefühl: Super!

5. Schritt – Nachsorge

Die DKMS umsorgt einen auch nach der Spende laufend mit Infos und fragt den Gesundheitszustand etc. ab. Auch eine weitere Untersuchung beim Hausarzt mit Blutprobe stand an, um sicherzugehen, dass es auch dem Spender gut geht. Bis heute ist aber alles super. 🙂

Meine Motivation

Warum ich das Ganze gemacht habe? Pragmatischer Ansatz: Es gibt kaum eine Möglichkeit, mit so wenig Einsatz so viel zu bewirken. Für mich war es im Grunde „nur“ eine lange Blutspende und ein paar Wege (Arzt, Reise nach Berlin), aber für den Empfänger ist es vielleicht ein 2. Geburtstag. Und auch wenn man es nicht hoffen will, kann es ja auch einen selbst oder einen Menschen im eigenen Umfeld betreffen und man ist froh, wenn dann auch ein passender Spender gefunden wird. Und das System funktioniert nun mal nur so gut wie die Anzahl der registrierten Spender.

Ausblick

Aktuell darf ich noch nicht erfahren, wer denn die Person ist, die nun meine Zellen in sich trägt, aber laut Info der DKMS weiß ich, dass die Therapie wohl angeschlagen hat, es steil aufwärts geht und die Person durfte auch bereits wieder nach Hause – der Brief mit diesen Infos hat mir ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert. „Mein Empfänger“ ist nach meinem letzten Stand zwischenzeitlich wieder gesund und wenn alles gut geht, darf ich sie/ihn in 1 Jahr kennenlernen, wenn beide Seiten es wollen. Ich wäre dabei und wäre auch jederzeit für eine erneute Spende bereit, wenn es denn nötig sein sollte.

Aufruf – Macht mit!

Nach den eigenen Erfahrungen kann ich nur sagen: Es lohnt sich in jeder Hinsicht! Alle Bedenken im Vorfeld waren unbegründet und das Gefühl, einem anderen Menschen so direkt helfen und vielleicht das Leben retten zu können, ist unbezahlbar.

Selber ein Spender und potentieller Lebensretter zu werden ist denkbar einfach. Grafik klicken, anmelden, fertig:

dkms bannerKLICK MICH UM SPENDER ZU WERDEN

Fazit & Danksagung

Nach wie vor bin ich glücklich, diese Entscheidung getroffen zu haben. Auch 1 Jahr nach der Spende bleibt das gute Gefühl, mit ein wenig Körpereinsatz und Zeit einem Menschen zu einem längeren und hoffentlich gesunden Leben verholfen zu haben.

Ein großes Dankeschön geht an das Team der „Stem Cell Facility“ der Charité Berlin, das sich wirklich aufopferungsvoll um mich gekümmert hat. Man hat in jedem Moment gemerkt, dass alle Mitarbeiter diesen Job mit viel Herzblut durchführen. Das dankbare Lächeln des Teams nach der Spende wird mir lang in Erinnerung bleiben.

Ein weiteres Dankeschön geht an die Mitarbeiter der DKMS, die mich telefonisch und per Post von A-Z super umsorgt haben. Jede Frage wurde kompetent beantwortet, die Organisation der Reisen und aller Formalien liefen reibungslos und die Telefongespräche waren immer sehr sympathisch. Da können sich andere (kommerzielle) Dienstleister oder Behörden noch eine große Scheibe abschneiden.

Danke auch an meinen Hausarzt und dessen Mitarbeiter, die diese Aktion voll unterstützt haben und sämtliche Untersuchungen, Blutproben etc. durchgeführt haben, ohne auch nur eine Rechnung zu stellen. Daumen hoch dafür!

Und nicht zuletzt auch Danke an mein direktes Umfeld, dass meine zahlreichen Erzählungen über das Thema vor, während und nach der Spende tapfer erduldet hat. 😉

Zwischenzeitlich bin ich auch ehrenamtlich im Spenderclub der DKMS tätig und stehe der Sache auch zukünftig zur Verfügung, wenn es um Infoveranstaltungen oder einfach nur Berichte wie diesem hier oder dem Beantworten Eurer Fragen geht. Also postet gern in den Kommentaren, wenn Ihr zum Thema etwas sagen oder wissen wollt.

Ich würde es auf jeden Fall wieder machen und würde mich freuen, wenn ein paar bisher Unentschlossene unter Euch in Zukunft auch Teil der großen Community der DKMS werden!

Es lohnt sich und jeder Einzelne zählt!

Wir lesen uns – Matthias

Weitere Infos: Website der DKMS | DKMS auf Facebook

Viele häufige Fragen werden hier beanwortet: FAQ der DKMS mit zahlreichen Antworten auf mögliche Fragen zur Stammzellspende

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Zuletzt aktualisiert am 08.03.2016


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