Über Vampire wurde eigentlich schon fast alles, manchmal mehr als nötig („Twilight"?!), geschrieben. Von Werwölfen, Drachen und Zombies hört man ebenfalls oft, wenn auch glücklicherweise nicht in den Nachrichten. Die Darstellung von Dämonen und Geistern variiert seit jeher sehr stark, wohl auch deshalb, weil sich jeder irgendwas unter diesen Begriffen vorstellen kann und das eben auch tut. Es ist mir daher ein Vergnügen, mal eine weit weniger bekannte Sagenkreatur vorzustellen: den Boitata.
Eigentlich weiß ich selbst eher wenig über den (oder die?) Boitata, da die Quellenlage in einer Sprache, der ich mächtig bin, doch sehr dürftig ist. Das macht es ja so interessant. Überall auf der Welt gibt es Mythen und Sagen, die wiederum in anderen Teilen der Welt praktisch unbekannt sind. Dabei könnten sie die Rettung für viele Schriftsteller und Drehbuchautoren sein, die dringend etwas Neues brauchen, um das Publikum zu überraschen. Etwas Neues, das schon ganz alt ist.
Die Sage vom Boitata wurde einst von portugiesischen Missionaren nach Brasilien gebracht und breitete sich dort aus. Der Boitata wird als riesiges Schlangenwesen beschrieben, das tagsüber in rote Flammen gehüllt ist und Menschen, die sich im Dschungel verirrt haben, den Weg weist. Nachts jedoch werden die Flammen des Boitata blau und sein Charakter wandelt sich. Der Mond transformiert das Schlangenwesen in einen erbarmungslosen Jäger, der seine menschliche Beute verbrennt und dann verschlingt. Er mag uns also anders als die meisten anderen Horrorwesen nicht roh. Am nächsten Tag übernimmt der nun wieder beruhigte Boitata die Erinnerungen derer, die er gefressen hat.
In einer etwas anderen Variante der Sage heißt es, dass Menschen, die dem Boitata begegnen, dadurch blind oder rasend werden können, wenn sie überleben. Demnach hat es die Riesenschlange vor allem auf Menschen abgesehen, die Feuer im Dschungel entzünden und damit einen Waldbrand riskieren. Die Ironie ist brennend. Freilich geht das Wesen auch nicht zimperlich mit anderen Menschen um, die sich in der Natur nicht zu benehmen wissen.
Nimmt man die Sage auseinander, zeigen sich so manche Parallelen zu den uns bekannten Kreaturen. Das Schlangenhafte und die Feuerkräfte erinnern an einen Drachen, die Verwandlung durch den Mond an einen Werwolf und das Übernehmen der Erinnerungen findet sich des Öfteren in Geschichten über Dämonen, aber auch Zombies, die bekanntlich gerne den Sitz unserer Erinnerungen, das Gehirn, verspeisen. Also vielleicht doch kein so großer Überraschungseffekt für das westliche Publikum.