Fragen an mich zu meiner Sucht

Petra Belschner  Interview von Frau Laura Sowodniok    am 27.11.2016

Beantwortung der Fragen via E-Mail zum Thema „Alkoholismus“

Zu 1. Die Trauer um deine Freundin war der Auslöser für deine Alkoholsucht. Hast du durch diese Trauer Menschen, die dir nahestanden von dir gestoßen? 

Ich habe keine Freundin, um die ich getrauert habe.

Zu 2. Sind durch deine Alkoholsucht Probleme und Streitigkeiten innerhalb deiner Familie und deines Freundeskreises entstanden?

Die Frage kann ich so auch nicht beantworten. Das würde voraussetzen, dass alles, was schlecht lief, durch die Sucht begann. Die Sucht kam aber auch aufgrund der Streitigkeiten. Daher, keine Antwort hier möglich.

Zu 3. Hast du durch deine Alkoholsucht soziale Kontakte (Familie, Freundeskreis, etc.) verloren?Wenn ja, warum? Und hat sich deine Sucht durch den Verlust verstärkt?

Ich hatte keine sozialen Kontakte, sonst hätte ich nicht gesoffen. Die Verhältnisse in der Familie waren arbeiten, arbeiten und wir sind Erwachsene und ihr seid Kinder. Freunde hatte ich keine. Die Sucht wird sowieso immer stärker, das ist das Thema der Sucht. Es beginnt langsam, schleichend, unbemerkt und wird immer stärker, größer, Lebensraubend.

Zu 4.Hattest du Hilfe von Freunden oder Familie um um deine Alkoholsucht zu bekämpfen? Wie haben diese dir geholfen?

Ich hatte viel Hilfe, vor allem von meiner Mutter, die einige Jahre vor mir trocken wurde. Wie in meinem Buch alles genau geschildert ist, bin ich Co-Abhängige und Abhängige Alkoholikerin. Später hat meine Mutter wirklich sich bemüht und versucht, mir zu helfen. Was nicht gelang. Keiner kann einem anderen Süchtigen helfen, auch die Suchtkliniken nicht. Das funktioniert nur aus einem selbst heraus. Aber, sich haben sich sehr bemüht.

Geholfen, oder gemeint geholfen zu haben durch das Wegstellen und Wegschütten des Alkohols, der rund-um-die-Uhr Betreuung, damit ich ja nichts trinken kaufen gehe und und und. Ist natürlich alles Blödsinn. Wenn einer saufen will, dann säuft er, wenn nicht jetzt, dann ein paar Tage später.

Zu 5.Hat sich dein Freundes- und Bekanntenkreis durch deine Sucht verändert bzw. hast du neue Freunde gefunden?

Mein Freundeskreis hat sich nicht verändert, da ich keinen hatte. Ich habe einige Leute in der Suchtklinik kennengelernt, unter anderem den Vater meiner späteren 3 Kinder. Aber da ist auch nichts hängen geblieben an Freunden.

Ich finde auch das Wort Freunde und Freundeskreis total überstrapaziert. Mal ganz ehrlich: Was sind Freunde? Ich habe keine. Ich habe mich, meine Kinder, meine Mama, meine Schwester, meinen Neffen und unsere Tiere. Das sind meine Freunde, meine Seelenpartner, meine Gefährten, meine Familie, mein Ein-und-Alles. Alles was sich Freund nennt oder nannte ist eigentlich nur ein Begleiter, eine Begleiterin für ein kleines Stückchen Weg.

Zu 6.)Denkst du, dass es möglich ist ohne Hilfe und Unterstützung von Freunden und Familie die Sucht zu bekämpfen?

Das ist eine sehr schwierige Frage und ich bemühe mich, sie ein wenig zu beantworten. Es gibt keinen identischen Trinker, kein Süchtiger gleicht dem anderen Süchtigen. Daher ist es unmöglich, einen pauschalisierten Weg aus der Sucht heraus für jeden Einzelnen zu finden. Das ist mal das Eine. Das Andere ist, ich hätte es vermutlich nicht geschafft ohne das Wissen, dass auch nach der Sucht noch Menschen da sind, die mich mögen, oder vielleicht sogar lieben. Und zwar, so wie ich bin, nicht so wie ich war.

Es ist sehr schwierig. Es gibt vielleicht auch Menschen, die es ohne Freunde, Familie schaffen, auch schaffen müssen, weil sie sonst sterben.

Die andere Seite ist aber auch, eigentlich, im ureigentlichen Sinne, ist man trotzdem alleine. Denn wie gesagt, es kann keiner helfen. Keiner. Ich hatte über 100 Rückfälle, und mindestens 50-100 Entzüge. Von der Theorie her hätte ich nach dem 1.Entzug schon aufhören müssen. Tat es aber nicht.

Zu 7.) War die Tatsache, dass du wegen deiner Alkoholsucht fast gestorben wärst der Auslöser dafür, dein Leben zu verändern und in Therapie zu gehen?

Das kann ich klar mit NEIN beantworten. Ich bin mehrfach „fast“ gestorben. Ein Süchtiger blendet diese Erlebnisse aus, wenn er noch nicht bereit ist, aufzuhören. Ich wollte ja trinken, ein Trinker will immer trinken. Wenn er nicht trinkt, ist das ein Kampf, eine Bemühung. Trinker trinken gerne. Und Trinker trinken am liebsten. Ich habe die Welt und mich von oben gesehen, ich habe den lieben Gott getroffen und bin dem Teufel begegnet. Ich habe trotzdem nicht aufgehört, damals. In die Therapie bin ich gegangen, weil mein Arbeitgeber mir sonst gekündigt hätte. UND: ich habe nach der Therapie noch Jahre lang weitergetrunken.

Mein Leben verändert habe ich erst in den letzten ca. 10 Jahren, stetig, immer einen kleinen Schritt weiter ins Licht auf Erden. Hinein in die Leichtigkeit und Lebendigkeit und der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Die 10 Jahre vorher – ich bin jetzt 20 Jahre „trocken“ – habe ich nicht viel verändert, ich habe nur aufgehört zu trinken, habe das erste Glas stehengelassen.

Zu 8.)Inwieweit bejahst oder verneinst du diese Aussage?:

„Alkoholismus bei Erwachsenen führt zur vollständigen Isolation dieser von ihren sozialen Kontakten.“

 OH, auch eine relativ schwierige Frage. Ich frage zurück: was sind soziale Kontakte. Wenn wir die sogenannten Penner anschauen und/oder die Obdachlosen und/oder einfach die Kneipenbesucher, die haben meiner Meinung nach viele gute soziale Kontakte. Mehr als ich jetzt, wenn ich mir das genau anschaue. Daher ist diese Frage vielleicht nochmals zu überdenken.

Oder meinst du sogenannte „gute soziale Kontakte?“ Was auch immer das bedeutet. Denn Kontakt ist Kontakt. Er wird zu einem guten oder schlechten durch die Betrachtung des Betrachters.

Wenn wir von Isolation sprechen, meinst du vielleicht, dass der Säufer nicht anerkannt wird von der sogenannten „guten“ Gesellschaft. Auch hier frage ich zurück: Was ist die „gute Gesellschaft?“

Wenn noch Fragen sind, bitte gerne. Ansonsten bitte mich auf dem Laufenden halten, was aus der Arbeit geworden ist.  Hoffe, es ist für dich prima so.

Mit lieben Grüßen

Petra Belschner



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