Fokus Kernenergie (1): Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken, Energietechnologien im Vergleich

Kernenergie (o.a. Atomkraft) haben in Deutschland einen sehr schlechten Ruf. Das gesellschaftliche Vertrauen in eine Spitzentechnologie ist nach dem Unfall in Fukushima verloren. Seitdem gehört es zum Allgemeinwissen, das die nukleare Erzeugung von Energie besonders gefährlich und risikoträchtig ist. Stellt man in Deutschland auf der Straße die Frage, welche Art Energie zu erzeugen besonders gefährlich ist, oder fragt man wie sie die Risiken verschiedener Energieerzeugungen einschätzen wird die Atomkraft an erster Stelle genannt. Woher wissen wir das eigentlich so genau?

In Deutschland haben wir die stärkste Anti-Atom-Bewegung der Welt. Sind wir schlauer als der Rest der Welt? Sind die anderen gewissenlos, oder nehmen sie die Wahrscheinlichkeit des Risikos anders wahr?

Die Wahrnehmung von Risiken und Chancen kann sich leicht von der Wirklichkeit unterscheiden.

Ich möchte das einmal an zwei Beispielen illustrieren.

„Geh aufs Ganze“ war einmal eine erfolgreich Spielshow im deutschen Fernsehen. Der Kandidat musste zwischen drei Toren wählen, wobei hinter einem Tor ein Preis winkte und hinter den anderen beiden ein Trostpreis. Die Wahrscheinlichkeit auf den Gewinn des Hauptpreises lag somit bei einem Drittel. Der Spielleiter wusste wo sich der Hauptpreis befand und öffnete in der ersten Runde ein Tor von den beiden nicht gewählten, wohinter sich ein Trostpreis versteckte. Jetzt hatte der Spieler noch einmal die Möglichkeit sich umzuentscheiden. Sollte er, bei seiner ursprünglichen Entscheidung bleiben oder doch noch einmal wechseln? Es sieht nach einer 50:50 Wahrscheinlichkeit aus. Dem ist aber nicht so. Unser Verstand neigt zu einem Trugschluss. Behält der Kandidat sein ursprüngliches Tor ist seine Chance weiterhin bei nur einem Drittel, da das öffnen des ersten Tores die Wahrscheinlichkeit nicht beeinflusst, Wechselt er aber erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf zwei Drittel. [1]

Ein zweites Beispiel ist die Flugangst. Das Risiko eines Unfalls wird oft als sehr hoch eingeschätzt. Vor einer Autofahrt hat demgegenüber kaum jemand bedenken. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit steht dem aber diametral entgegen. Flugzeuge sind das sicherste Verkehrsmittel, während eine Autofahrt das größte Unfallrisiko birgt. Eine Studie des Statsitischen Bundesamtes für die Jahre 2005 – 2009 belegt das. [2] Wie groß der Unterschied der Wahrnehmung zur Realität ist zeigen auch die nachfolgenden Schaubilder.

Fokus Kernenergie (1): Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken, Energietechnologien im Vergleich

Fokus Kernenergie (1): Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken, Energietechnologien im Vergleich

Fokus Kernenergie (1): Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken, Energietechnologien im VergleichFokus Kernenergie (1): Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken, Energietechnologien im Vergleich

Unsere Wahrnehmung von Risiken und Chancen werden von unseren Umfeld mit beeinflusst.  Pawlowsche Reflexe [3] und Primingeffekte [4] führen mitunter zur falschen Bewertung von Chancen und Risiken. Dadurch das wir ständig einseitig durch Lesen in Zeitungen und Gespräche über große Ereignisse wie einen Flugzeugabsturz bis ins kleinste Detail informiert und Äußerer anderer Meinugen ausgegrenzt werden, überschätzen wir Endverbraucher die Risiken und evtuelle Chancen unterschätzen bzw. ignorieren wir. Im Gegensatz dazu liest oder hört man nur selten etwas über die Risiken des Autofahrens, als ob diese nicht oder nur in vernachlässigbarer Weise existieren würden. Bei der Kerntechnik ist der Effekt der gleiche. Ständig lesen wir über Risiken und Gefahren, die wir deshalb immer abrufbereit haben und hören nur Wenig über Gefahren bei anderen Technologien.

Vergleicht man einmal die Umwelt- und Gesundheitsrisiken der Stromerzeugungsarten, wie es bspw. Gerald Mackenthun (Wissenschaftredakteur der dpa) getan hat [5] erlangt man die Erkenntnis, dass die Kernenergie relativ gut abschneidet.

In seinem Text bezieht er sich auf eine Studie der Universität Stuttgart (Institut für Energiewirtschaft
und Rationelle Energieanwendung (IER)) und eine des Paul-Scherrer-Instituts (Villingen, Schweiz).

Die Studie der Universität Stuttgart errechnete die Schäden auf Umwelt und den Menschen durch Emmisionen. Jeder einzelne Prozessschritt von Materialgewinnung bis zur endgültigen Energielieferung wurde betrachtet.

Als Basis des Vergleiches wurde auf die Schäden pro erzeugter GWh abgehoben. So stellte sich heraus, das die Risiken durch Emmisionen vor- und nachgelagerter Prozessstufen sowie den direkten Kraftwerksemmisionen auf die Umwelt unter Berücksichtigung der Treibhausgase sowie ionisierender Strahlung und abgegebene Schwebeteilchen, die Ernergiegewinnung aus Kohlekraft am schlechtesten, und Wasser am besten abschneiden. Am zweitbesten schneiden Wind- und Kernenergie ab. Photovltaik und Erdgas bilden das Mittelfeld. Der Grund warum Photovoltaik schlechter abschneidet begründet sich in dem benötigtem Material zur Herstellung von Solarzellen.

Umgerechnet in verlorene Lebensjahre der Menschen sind die Risiken durch Emisionen pro 1000 GWh bei der Braunkohle mit über 160 Jahren am höchsten, gefolgt von der Steinkohle (ca. 135 Jahre), Photovoltaik (ca. 57 Jahre), Gas (ca. 45 Jahre), Kernenergie (ca. 10 Jahre), Wind (ca. 2 Jahre).

Die zweite Studie des Paul-Scherrer-Instituts (Villingen, Schweiz) verglich bereits eingetretene Schäden am Menschen aufgrund weltweiter Unfalldaten von 1945 bis 1996 für fossile Energieträger (Kohle, Öl,Gas, LPG) , Kernkraft und Wasserkraft.

Ausgewertet wurden Verletzungen, Todesfälle und Evakuierungen pro GWh pro Jahr. Die Kernenergie schloss auch hier im Vergleich gut ab. Sie hat die wenigsten Todesfälle und die zweitwenigsten Verletzten. Bei der Anzahl der Evakuierungen liegt sie auf Platz zwei.

Herr Mackentuhn schließt mit dem Fazit:

„Jede Energieform hat ihre besonderen Risiken. Was die Umweltschädigung, die Gesundheitsgefährdung und die Unfallträchtigkeit betrifft, so ist Kernenergie (pro erzeugter Gigawattstunde Strom) im Vergleich zu Kohle und Photovoltaik sauberer sowie weniger kostenintensiv, gesundheitsschädigend, umweltbelastend und unfallträchtig. Kernenergie ist unter Gesundheits- und Unfallaspekten insgesamt der Stromgewinnung aus Kohle überlegen, aus Gas in etwa ebenbürtig und nur unbedeutend unterlegen den als sauber geltenden Wind- und Wasserkraftwerken.“

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Dieser Artikel ist der Beginn einer mehrteiligen Serie, die sich mit der Kernenergie auseinandersetzt. In weiteren Teilen werde ich auf Tschernobyl, Fukushima, die Rolle der Medien und das aktuelle Moratorium und noch einiges mehr eingehen. Folge 2  ist morgen ab 08:00 aufrufbar und beschäftigt sich mit der spezifisch deutschen Atomangst. Warum ist die Anti-Atom-Lobby gerade in Deutschland so stark? Woraus ist sie gewachsen und worauf gründet sich deren Erfolg? Es ist ein Versuch der deutschen Atom-Historie nachzugehen.

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Quellen / Links:

[1]            Das Ziegenproblem        suite101.de

[2]            Unfallstatistik – Verkehrsmittel im Risikovergleich          destatis

[3]           Klassische Konditionierung / pawlowsche Konditionierung         Wikipedia

[4]            Priming-Effekt        Wikipedia

[5]            Energie Fakten        energie-fakten.de



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