Fintech-Gefahr für Banken?

Das Jahr 2014 erscheint auf den ersten Blick als das Fintech-Jahr. Diverse Artikel, die den (Groß)Banken Trägheit unterstellen und aufgrund der fehlenden Innovationen einen für die Banken gefährlichen Umbruch prophezeien. Diese Gefahr soll von den eingangs erwähnten Fintech-Unternehmen ausgehen, die den Kunden modernere Lösungen anbieten und flexibler auf individuelle Bedürfnisse eingehen können sollen. Doch ist diese Gefahr tatsächlich so groß, wie vielfach propagiert? Und sind die Banken tatsächlich zu unfähig, um auf die veränderten Anforderungen der Kunden reagieren zu können? Sind die Innovationen der Fintechs wirklich so innovativ, dass sie eine ganze Branche umwälzen werden?

Richtig ist zunächst, dass die Finanzbranche in den letzten Jahren erheblich an Vertrauen verloren hat. Dieser Vertrauensverlust wird maßgeblich mit gewissen Gehalts- und Bonus-Exzessen sowie mit der rücksichtslosen Spielermentalität begründet, mit der auf Kosten von Anlegern eine Menge Geld verzockt wurde. Der Begriff Bankster macht deutlich, welches Bild ein breiter Teil der Bevölkerung von Bankern hat. Aus der Reihe der Banken kamen bisher nur sehr wenige ernsthafte Versuche dieses Bild zu verbessern. Auch das, ob von den Banken gewollt und verschuldet oder nicht, wird von den Kunden negativ bewertet. Auch die nicht existente individuelle Ausgestaltung von Dienstleistungen als Folge des Optimierungs- und Automatisierungswahns im Retail Banking wird von Kunden negativ aufgefasst.

Insbesondere jüngere Kunden nutzen daher zunehmend Angebote von Finanz-Dienstleistern, die nicht aus den Reihen der etablierten Banken stammen. Allerdings lässt sich über den Innovationsgrad der meisten Angebote streiten. In den meisten Fällen ist der Kundennutzen gering. Auch die Individualisierbarkeit vieler Angebote ist nicht ausgeprägter als beim Retail Banking der Großbanken. Lediglich in drei Bereichen schlagen die neuartigen Anbieter die klassischen Banken beim Kundennutzen deutlich: beim E-Payment, beim Mobile Payment und bei der Vermittlung kleinerer Kredite.

Zwar kann man durch die Verlagerung vieler Angelegenheiten vom Schreibtisch einer Bankfiliale auf den PC, Tablet oder Smartphone von einer technologischen Innovation sprechen. Die Entwicklungen diesbezüglich sind aber keinesfalls Erfindungen der Fintech-Unternehmen. Bereits vor etlichen Jahren gab es am Markt günstige Programme für Privatleute zum Management von Zahlungsverkehr unterschiedlicher Konten für den PC und mobile Schnittstellen für diese Software. Nur hat das die meisten Menschen damals nicht interessiert. Erst die Verbreitung von Smartphones mit Apps zum Kategorisieren, Tracken und Visualisieren von allem möglichen hat diesen Funktionen zu einer Nachfrage verholfen.

Dass diese Entwicklungen eine tatsächliche Gefahr für die Banken darstellt, muss derzeit allerdings bezweifelt werden. Das Privatkundengeschäft mit Krediten und beim Zahlungsverkehr ist für die meisten Banken nicht sonderlich profitabel. Daran dürfte auch die Einführung von Smartphone-Apps zur Kontoführung, Verwaltung und zum Beantragen von Krediten nicht viel ändern. Wenn man in diesem Zusammenhang auch die Umsonst-Mentalität der Privatkunden berücksichtigt, dann müssten diese zusätzlichen Angebote ebenfalls kostenlos angeboten werden. Und selbst, wenn einige Privatleute für hippe Fintech-Dienstleistungen Geld bezahlen, bleibt die Frage nach dem Gesamtmarkt. Auch, wenn das ein oder andere Fintech-Startup Geld mit seinem Angebot in den oben genannten Bereich verdient, bleibt die Frage danach, ob die erwirtschafteten Profite in Konkurrenz zu den profitablen Geschäften einer Bank stehen.

Lediglich im Bereich der Zahlungsdienstleistungen (E-Payment und Mobile Payment) haben die Banken ein riesen Geschäft schlicht und einfach verschlafen. Aber auch die aktuell im Trend liegenden Fintech-Startups haben ebenfalls schlechte Chancen, wenn sie jetzt mit der geschätzt tausendsten Mobile Payment Lösung in den Markt eintreten. Die heute großen Anbieter sind seit einer gefühlten Ewigkeit am Markt, verdienen Geld und sind mit Kapital hervorragend ausgestattet. Also geht auch in diesem Bereich, zumindest keine zusätzliche, Gefahr von Fintech-Startups für die Banken aus. So haben beispielsweise Unternehmen, wie Paypal, SOFORT oder Shopgate gegenüber neuen Fintechs Vorsprünge, die aktuell kaum aufzuholen sein dürften.

Anders sieht es in den Bereichen Kapitalanlagen und Vertrieb von Kapitalanlagen aus. Hier fehlen wirkliche innovative Lösungen bisher. Dabei könnten gerade hier wirkliche Innovationen geschaffen werden. Zwar gibt es auch hier Ansätze von Fintech-Startups, diese sind aber nicht viel mehr als Apps, die das Abschließen von Kapitalanlagen, das Verfolgen der Wertentwicklung und das Anpassen von Anlagezielen ermöglichen. Eine der Kernforderungen von Kunden nach mehr Transparenz wird damit aber nicht erfüllt.

Auch was die Öffnung von Märkten für Anleger (Privatanleger und semi-professionelle Anleger) angeht, haben weder Startups noch Banken bisher wirklichen Neuerungen geliefert. Hier bieten sich also Chancen für Fintech-Startups und Banken. Leidglich der direkte Zugang zur Anlageklasse Risikokapital wurde mittels Crowdfunding/Crowdinvesting ansatzweise geöffnet.

Wenn man vom Privatkundengeschäft in das Geschäft professioneller Finanzdienstleister schwenkt, eröffnen sich für Fintech-Startups ebenfalls eine Menge Möglichkeiten. Allerdings stellen diese keine Gefahr für die Banken dar. Vielmehr profitieren die Banken davon, da sie, wie andere Unternehmen auch, zunehmend Arbeiten an externe Dienstleister auslagern. Für Fintech-Startups und schon länger bestehende Fintech-Unternehmen ist dieser Markt demzufolge sehr interessant. So können sie hier insbesondere aufgrund ihrer Flexibilität gegenüber den starren IT-Strukturen der Banken Entwicklungen schneller vorantreiben. Die Gefahr besteht hier also nicht für die Banken selbst, sondern für ihre Dienstleister.

Die angebliche Gefahr für Banken, die von Fintechs ausgehen soll, ist aktuell nicht so dramatisch, wie oft propagiert.

Eine wirkliche Gefahr für die Banken geht vielmehr von den großen Internet-Unternehmen aus. Man stelle sich vor, Google und Co. erhalten die Genehmigung gewisse Bankdienstleistungen anzubieten. Dann werden diese Angebote früher oder später in Form von festen Bestandteilen in die Betriebssysteme gängiger Smartphones und Tablet-Computer integriert. Im Gegensatz zu den derzeit existenten Banken und ihren Dienstleistern wüsste der Anbieter dann außerdem sehr viel mehr über den Kunden und das mit ihm verbundene Risiko oder Wertschöpfungspotenzial.

Die größte Gefahr für die Banken geht allerdings von ihnen selbst aus. Märkte und Kunden verändern sich. Das erfordert zumindest eine Anpassung der angebotenen Dienstleistungen. Das findet bisher nicht in ausreichendem Maße statt. Noch besser ist man aufgestellt, wenn man es selbst schafft, eine Nachfrage nach etwas Neuem zu generieren. Dazu muss man aber die altbekannten Pfade verlassen. Insbesondere muss man aber auch den Mut haben, möglicherweise mit einem Projekt zu scheitern oder aber ein initiiertes Projekt vor Abschluss beenden.

Doch auch dann ist das Generieren von Innovationen kein Selbstläufer. Das gilt für Banken und Fintechs gleichermaßen. Es gelingt vor allem dann nicht, wenn man ausschließlich auf aktuelle Marktlagen reagiert. Die Frage, die sich Banken und Fintechs gleichermaßen stellen müssen ist, was sind die Anforderungen der Kunden, die in 10 Jahren über Kapital verfügen werden. Dafür müssen mehrere Szenarien durchgespielt und Lösungen dafür entwickelt werden. Diese müssen soweit in Richtung Marktreife gepusht werden, dass man dann kurzfristig reagieren kann. Die tausendste Smartphone-App wird weder den Banken gefährlich noch ein Fintech-Unternehmen zu einem respektablen Erfolg verhelfen.

Was allerdings gefährlich wird, ist die Ratlosigkeit, mit der die meisten Banken auf Veränderungen reagieren. Die Rechnung, früher oder später mal ein Startup zu kaufen, um damit dann eigene Versäumnisse ausbessern zu können, wird nicht aufgehen.


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