Fin del Mundo

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Am 206. Tag meiner Reise – 6.700 Kilometer Luftlinie weiter südlich – komme ich in Ushuaia an. Es ist früher Abend. Im Schein der Lichter prasselt Regen nieder. Segelschiffe und Frachter liegen vor Anker. Sie schweben auf ihrem eigenen Spiegelbild – Himmel und See sind untrennbar zu einem Schwarz verschmolzen. Die Laternen am Ufer gießen lange gelbe Kerzen in die Dünung.

Ich verbringe die Tage am Schreibtisch, von wo ich einen Blick auf Berge und Hafen habe: Mit jeder Stunde malen Licht und Winde neue Impressionen. Einmal humple ich ins Yámana-Museum, einer kleinen Sammlung über die Ureinwohner Feuerlands: Die Ausstellung ist dunkel, verwinkelt und vollgestopft mit liebevollen Dioramen, selbstgezeichneten Karten, Photographien und Infotafeln. Ich gehe zur Wäscherei, zur Bank, koche mir täglich Ratatouille und trinke allabendlich Wein aus der Tüte. Mein Knie erholt sich allmählich. Ich werde unruhig, trotz Gedankenausflüge. Vielleicht auch gerade deswegen. Mein Heimweh wächst.

In Ushuaia wird es sehr spät hell, noch in der zehnten Stunde liegt ein zwielichtiger Schleier über der Stadt. Die Tage über beschwert eine dichte Wolkendecke Ort und Bucht, nur am Horizont im Süden schwelen freundlichere Farben. Ohne Licht und Schatten wirken die immerblauen Berge wie auf Leinwand gemalt.

›Fin del Mundo‹. Das Ende der Welt. Aber wenn das hier das Ende der Welt sein soll, warum dann geht es am gegenüberliegenden Ufer weiter, weiter mit Grenzen, Geld und Gesetzen? Mit einem Stück Land, dass ein anderes Land wiederum für sich beansprucht? ›Fin del Mundo‹ – ein Patent zur Geldschneiderei, ›Fin del Mundo‹ – eine Währung. Und so wirkt diese Stadt, in der noch so manch schönes Gebäude aus der Viktorianischen Periode steht, im Hinblick auf das, was mit den Ureinwohnern geschah, romantisierend und zynisch – und im Ganzen künstlich und anbiedernd. Selbst ihre Vergangenheit als Strafkolonie wird zu Geld gemacht. Ich habe nicht den Eindruck, am Ende der Welt zu stehen, vielmehr, am Beginn der Welt: Hier gibt es all das, was es auch in anderen Städten dieser Welt gibt. Mit Ausnahme ihres sagenhaften Panoramas, sowie dem touristischen Kolorit, ist diese Stadt sogar erschreckend gewöhnlich.

Am dritten Abend gehe mit drei Argentiniern in ein Pub. Vorher jedoch will Gisela ihr neu erstandenes Longboard ausprobieren. Nico zaubert eine Flasche nach den anderen aus seiner Jacke – das Wort ›nein‹ existiert an diesem Abend nicht in meinem Wortschatz. Bei süßem Weißwein, Bier und knackiger Kälte sausen Gisela, Sole und Nico nacheinander die steilen Straßen hinab. Ich passe aus gesundheitlichen Gründen lediglich auf die Getränke auf. Dann stellt uns die Polizei ein Verbot aus. Der Abend im Pub ist ein finanzielles Unglück aber emotional beglückend. Der nächste Morgen nicht: Wie soll mein Körper mich überleben?

Nichtsdestotrotz besteige ich mit Gisela am jenem Morgen den Glaciar Martial, von dem wir einen herrlichen Ausblick auf den Beagle-Kanal, die Berge und Ushuaia selbst haben. Dazu müssen wir uns aber durch hüfttiefen Schnee bewegen und rutschen immer wieder aus: Neben einigen schönes Fotos bringe ich also ein lädiertes rechtes Knie und eine Platzwunde in meiner Innenhand mit. Auf dem Rückweg passieren wir Hotels. Viele von ihnen sind mit Tags beschmiert. Gisela findet das ›asozial‹. Und ich frage mich, wen sie meint, die Schmierer oder Besitzer der Hotels … denn soweit ich verstehe, lese ich Worte wie ›korrupt‹, ›Ausbeutung‹ oder ›zahlen‹.


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