Filmkritik zu ‘Submarine’

Filmkritik zu ‘Submarine’

Seine Premiere feierte die britische Coming-of-Age Komödie ‚Submarine‘ bereits im September 2010 auf dem Toronto Film Festival – weit weg von seiner Heimat Großbritannien, wo er einen Monat später gezeigt wurde. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Joe Dunthorne ist es das Regiedebüt des ‚The IT Crowd‘-Darstellers Richard Ayoade, in dem er sich mit der schrullig skurrilen Welt eines Teenagers befasst, der zwischen der ersten Liebe und Problemen im Elternhaus – wie ein U-Boot – unter dem Radar des Lebens zu bleiben versucht. Dieser Teenager ist Oliver Tate. Er würde gerne dem spärlichen Liebesleben seiner Eltern auf die Sprünge helfen. Was allerdings gar nicht so einfach ist, da sein Vater in Schwermut versinkt und seine verklemmte Mutter mit einem schmierigen New Age-Guru liebäugelt. Außerdem würde Oliver Tate gerne Jordana verführen. Allein mit seinem Verstand, versteht sich. Ohne die geringste Ahnung wie die Welt wirklich tickt, kämpft sich Oliver Tate durch seine kleine walisische Küstenstadt.

Es bleibt skurril. Richard Ayoade, der als ebenso weltfremder Moss in der Nerd-Comedy ‚The IT Crowd‘ vor der Kamera zu sehen war, winkt seinen Hauptdarsteller Craig Roberts – ab dem 1. Dezember in Cary Fukunagas Literaturverfilmung ‚Jane Eyre‘ an der Seite von Mia Wasikowska zu sehen – durch die unbequeme Welt der Wahrheiten. Die erste Liebe endet bitter, die Enttäuschung im Elternhaus scheint unabwendbar. Die heile Welt, in die sich Oliver verkrochen hat, beginnt zu bröckeln. Wenn der Zuschauer in den Film eingeführt wird, sitzt der 15-jährige Junge noch in seinem Zimmer, welches durch seine blaue Farbgebung an die Tiefen des Meeres erinnert, unter dem Fenster – unter dem Radar – und sinniert über seine kleine Welt.

Filmkritik zu ‘Submarine’

Yasmin Paige

Aufgeteilt in drei Akte, erfahren wir in einem anfänglichen Prolog, dass Oliver Tate sich vorstellt, wie es wäre, wenn er nicht mehr unter seinen Freunden, seinen Schulkameraden und seiner Familie verweilen würde. Was wäre wenn Oliver Tate sterben würde? In seiner Tagträumerei geht er zwar diesen Weg, kehrt aber auch als strahlender Held zurück, der von allen bewundert wird. Hier geht es nicht darum zu sehen, wie das Leben wäre, wenn kein Oliver Tate mehr in ihr existieren würde, hier geht es um die Beachtung, die er sich so sehr wünscht, wenn auch nur unterschwellig. Ebenso am Rande verlaufen die Off-Kommentare, mit dem Ayoade die Gedankenwelt seines Protagonisten offen legt. Dabei scheint der Regisseur so viel Spaß an seiner Arbeit zu entwickeln, dass er stellenweise mit der Kameraarbeit auf diese Kommentare eingeht. Wenn Oliver Tate also denkt, dass er sich gerade in einer Situation befindet, bei der die Kamera in einem Film von ihm wegzoomen würde, so nimmt der Regisseur diesen Off-Kommentar als eigene Regieanweisung und entfernt die Kamera von seiner Filmfigur.

Neben Oliver Tate kommt aber auch noch die rüpelhafte Jordana Bevan ins Spiel. Nach ihr ist das erste Kapitel des Filmes benannt, in dem Oliver alles dafür tut, die rauchende Draufgängerin für sich zu gewinnen. Wo alle anderen Schüler in ihren schwarzen Uniformen in der Masse untergehen, hebt sie sich durch einen roten Mantel hervor. Sie ist anders – genau wie Oliver – und bekommt daher die Aufmerksamkeit des Außenseiters geschenkt. Dafür muss er allerdings ein Opfer bringen und sich den Gewohnheiten seiner Angebeteten anpassen: Oliver Tate wird zum Bully, hänselt eine Mitschülerin und schon bald gelten zwischen Jordana und Oliver drei wichtige Regeln: keine niedlichen Tiernamen, kein Händchen halten, keine Emotionen – ansonsten ist alles erlaubt. Mit diabolischer Mimik setzt der Regisseur Yasmin Paige in Szene, die eine ebenso verlorene Seele wie Tate darstellt, auch wenn sie einen extremeren Weg gewählt hat um in ihrer Welt zu überleben. Wo sie die Konfrontation sucht, geht Oliver grundsätzlich in die Defensive. Zumindest bis sich die Wege dieser beiden Menschen kreuzen. Wenn Oliver aus dem schulischen Wahnsinn nach Hause zurückkehrt, erwarten ihn dort seine nicht minder verschrobenen Eltern: Seiner Mutter wurde diagnostiziert, dass ihre Zunge zu groß für ihren Mund sei, was ihre Schauspielkarriere zerstörte. Sein Vater war ein schluffiger Fernsehbiologe, dessen hinderliche Bildschirmpräsenz ihn den Job kostete. Während sein Vater in Depressionen versinkt, widmet sich seine Mutter dem Nachbarn Graham Purvis und der Zuschauer wird mit diesem Namen in das zweite Kapitel geführt.

Filmkritik zu ‘Submarine’

Noah Taylor & Sally Hawkins

Hier beginnt die Liebe zu Jordana zu bröckeln und Oliver widmet sich hauptsächlich dem Dasein als Spion im Leben des ungeliebten Nachbarn, der die Ehe seiner Eltern zu zerstören droht. Purvis bewegt sich – ebenso wie Jordana – nicht unter dem Radar, sondern steht mit einer eigenen Fernsehsendung im Mittelpunkt. Gerade hier entwickelt sich das hohe Konfliktpotential, wo Olivers Vater im Fernsehen erfolglos blieb und seine Mutter bei dem Versuch diese Welt zu betreten scheiterte, stellt Purvis für sie die ultimative Verlockung dar, die ihr einen Neustart gewähren könnte. Der 3. Akt bildet dann den Showdown, bei dem sich alle Handlungsstränge noch einmal bemerkbar machen. Es findet ein klärendes Gespräch zwischen Oliver und Jordana statt und mit einem Einbruch in das Haus von Purvis versucht Oliver die Angelegenheit zwischen seiner Mutter und dem Nachbarn für seinen Vater zu regeln – wenn es denn überhaupt etwas zu regeln gibt. Und dann setzt der Film wieder alles auf Anfang. Oliver Tate muss erkennen, dass ihn all diese Dinge wahrscheinlich nicht mehr kümmern werden, wenn er erst einmal das magische Alter von 38 Jahren erreicht hat.

‚Submarine‘ ist in seinen gedanklichen Monologen, auf der Bildebene sowie in der Darstellung seiner absonderlichen Figuren und den schönen Küstenlandschaftsbildern in die diese hineingesetzt werden ein Coming-of-Age-Film, der mit seinem subtilen Humor für eine durchgängig faszinierende Geschichte sorgt. Der Film funktioniert nicht nur vor der Kamera auf allen Ebenen, sondern auch die weniger bekannten Darsteller und der Regiedebütant Richard Ayoade wirken wie die Idealbesetzungen auf ihre jeweiligen Filmverantwortlichkeiten.

„We’re all traveling under the radar – undetected – can’t do a thing about it”, damit wird Oliver Tate gar nicht so unrecht haben, der hier, so scheint es, einen Film über sich selbst gemacht hat. Dann ist er aber doch wieder nur eine Figur in dem Film von Richard Ayoade und es stellt sich die Frage, wie viel Tate in dem Regisseur steckt – wenn es genug ist, erwarten uns noch eine Menge unterhaltsamer Filme.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Submarine’

‘Submarine‘

Originaltitel: Submarine
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: GB, 2010
Länge: ca. 97 Minuten
Regie: Richard Ayoade
Darsteller: Craig Roberts, Yasmin Paige, Noah Taylor, Sally Hawkins, Paddy Considine


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