Filmkritik zu ‘Real Steel’

Filmkritik zu ‘Real Steel’

„Rock’em Sock’em“ heißt ein kleines Plastikspiel, bei dem man einen roten gegen einen blauen Roboter im Ring gegeneinander antreten lassen darf. Von der Firma Marvin Glass and Associates vor über 45 Jahren entwickelt, erinnert Regisseur Shawn Levys ‚Real Steel‘ stark an dieses Kinderspielzeug. Dabei hat der Mann hinter Komödien wie ‚Date Night‘ und den ‚Nachts im Museum‘-Filmen sich gar nicht dieses Spielzeugs bedient, sondern einer Kurzgeschichte des Autors Richard Matheson aus dem Jahre 1956.

Charlie Kenton (Hugh Jackman) war einst ein erfolgreicher Profi-Boxer, bis High-Tech-Roboter die Menschen im Ring ablösten. Jetzt schlägt er sich als kleiner Promoter mit minderwertigen Robotern in Untergrundkämpfen mehr schlecht als recht durchs Leben, unterstützt durch die Tochter (Evangeline Lilly) seines ehemaligen Trainers. Gerade als er ganz unten angekommen ist und nichts mehr zu gehen scheint, taucht Charlies elfjähriger Sohn Max (Dakota Goyo) unerwartet und unfreiwillig bei ihm auf. Nach dem Tod der Mutter muss Max den Sommer mit seinem Vater verbringen – ein Vater, der sich nie für ihn interessiert hat. Aber das Schicksal gibt Charlie und Max eine neue Chance: Es spielt ihnen mit Atom einen Roboter mit einzigartigen Fähigkeiten in die Hände, der der neue Star der Roboter-Box-Szene werden könnte. Gemeinsam bauen und trainieren sie den perfekten Kämpfer für den neuen High-Tech-Sport und wachsen dabei zu einem unschlagbaren Team zusammen.

Filmkritik zu ‘Real Steel’

Evangeline Lilly & Hugh Jackman

‚Real Steel‘ ist ein Film, wie in ein Träumer und Visionär wie Steven Spielberg einst einer war, gemacht hätte. Wo in diesem Jahr viel Lob für den von J. J. Abrams inszenierten ‚Super 8‘ ausgesprochen wurde, ist es doch eigentlich Shawn Levys Familiendrama mit Science-Fiction Hintergründen, welches in die Fußstapfen Spielbergs weitaus besser hineinpasst. Fein säuberlich hat der Regisseur die Beziehung von Vater und Sohn herausgearbeitet und stellt diese in den Vordergrund. Die Roboter werden am Ende gutes Merchandise-Material abgeben, aber es werden Hugh Jackman und sein Filmsohn Dakota Goyo sein, die bei den Zuschauern in Erinnerung bleiben werden. Ihre gemeinsame Chemie auf der Leinwand und die glaubhafte Entwicklung Jackmans vom desinteressierten Loser und Arschloch zum fürsorglichen Vater wirkt niemals übertrieben oder lächerlich, in keiner Szene wird eine überstürzte Charakterveränderung vollzogen – ein erstes gemeinsames Erlebnis mit seinem Sohn auf einem Schrottplatz, das gemeinsame Training mit dem Roboter-Zögling und das Vorhalten eines möglichen Endes ihrer kurzen Bekanntschaft wirken Wunder auf die Beziehung zwischen Vater und Sohn.

Um die Roboter auf die Leinwand zu bringen, hat sich Shawn Levy nicht mit einer Green Screen begnügt, vor der er hätte drehen müssen um die Roboter später am Computer hinzuzufügen. Vielmehr hat er sich bei James Cameron und dessen für ‚Avatar‘ entwickelten Technik bedient – einer Motion-Capture-Methode, bei der echte Boxer gegeneinander antreten mussten, damit die Bewegungsabläufe erfasst, digitalisiert und abgespeichert werden konnten. Eine gute Entscheidung, die sich auf der Kinoleinwand sehen lassen kann. An keiner Stelle wirken die Roboter künstlich im filmischen Sinne. Es sind große Blechmaschinen, die im Jahr 2020 eine Selbstverständlichkeit sind. Und wenn diese Kolosse aufeinandertreffen, muss man als Zuschauer unweigerlich mit fiebern. Levy hat es geschafft diesen seelenlosen Kreaturen Leben einzuhauchen. Dabei spielt sich sehr viel über die menschlichen Promoter der Roboter ab. Wenn Hugh Jackman am Anfang des Filmes noch als ewiger Verlierer auftritt, dann ist es auch sein unsympathisches Auftreten, welches dafür sorgt, dass wir vergnügt dabei zuschauen, wie seine Roboter zu Schrott geprügelt werden.

Filmkritik zu ‘Real Steel’

Sparringsroboter Atom

Dann aber kommt die Wende. Mit seinem kleinen Sohn, den er erst verstoßen und später sogar noch an neue Pflegeeltern verkauft hat, kommen die Emotionen ins Spiel. Wo vorher nur Geld und Erfolg im Mittelpunkt stand, werden jetzt Werte wie Familie und Leidenschaft gepredigt. Und auch wenn sich der Film hier klar ersichtlich dem Schema F bedient, die Gefühlsebene ausschlachtet bis zum geht nicht mehr, so ist es doch das beste Schema F seit langem. Wir wollen dass dieser Vater wieder mit seinem Sohn vereint sein darf, wir wollen dass ihr kleiner Schrottplatz Roboter möglichst viele Siege einfährt und wir wollen dass am Ende alles gut wird. Und dieses Gefühl, von dem der regelmäßige Kinogänger eigentlich so langsam überdrüssig sein sollte, weiß ‚Real Steel‘ – ausgerechnet ein Film mit gefühlslosen Maschinen – hervorragend zu verkaufen.

Viel bleibt nicht zu sagen. Shawn Levy hat den Science Fiction-Aspekt klein und realistisch gehalten, dabei trotzdem groß aufgetrumpft. ‚Real Steel‘ ist am Ende eine bekannte Geschichte. Für den Roboter-Kämpfer Atom und für dessen Besitzer Charlie ist es das bekannte „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Motiv. Für den Regisseur ist es nach zahlreichen Komödien ein erfolgreicher Ausflug in eine Welt, die viele Jahre nur von einem Spielberg hätte inszeniert werden können. Und für die Zuschauer ist es nach Filmen wie ‚Inception‘ oder ‚Super 8‘ ein weiterer guter Film, der nicht als Vorgeschichte, Fortsetzung oder Neuverfilmung in den filmischen Boxring steigt.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Real Steel’

‘Real Steel‘

Originaltitel: Real Steel
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2010
Länge: ca. 126 Minuten
Regie: Shawn Levy
Darsteller: Hugh Jackman, Evangeline Lilly, Dakota Goyo, Anthony Mackie, Kevin Durand, Hope Davis, Olga Fonda, Karl Yune


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