Filmkritik zu ‘Der gestiefelte Kater’

Filmkritik zu ‘Der gestiefelte Kater’

Es begann mit einem Bilderbuch für Kinder: „Shrek!“ von dem amerikanischen Autor William Steig wurde 1990 zum ersten Mal publiziert und landete ein Jahr später auch im deutschen Buchhandel. Hollywood hat einen Griff ins Bücherregal getan und den grünen Oger auf die Kinoleinwände geholt – und das sogar sehr erfolgreich: Immerhin wurde mit ‚Shrek‘ der Academy Award für den besten animierten Spielfilm als feste Kategorie bei der alljährlichen Oscar-Verleihung eingeführt, den der unsympathische Oger als erster in den Händen halten durfte. Es folgten drei Kinofortsetzungen und mehrere Specials, die direkt auf DVD veröffentlicht wurden. In ‚Shrek 2‘ wurde mit dem gestiefelten Kater ein großäugiger, fechtender Sidekick für Shrek eingeführt, der neben Esel schnell zum Publikumsliebling wurde. Diesem hat Dreamworks nun sein erstes eigenes Abenteuer spendiert. ‘Der gestiefelte Kater’ spielt zu einer Zeit, lange vor Shrek. Gemeinsam mit der Kinderreim-Figur Humpty Dumpty und der gerissenen Kitty Samtpfote begibt sich der Kater auf die Suche nach der Gans, die goldene Eier legt.

Filmkritik zu ‘Der gestiefelte Kater’

Kitty Samtpfote (Salma Hayek)

Ein Problem mit dem der gestiefelte Kater zu kämpfen hat – und das über seine ganze Laufzeit von 90 Minuten – ist seine Herkunft. Damit ist nicht etwa die mexikanische Prärie gemeint, in der sich der Kater, im Original von Antonio Banderas gesprochen, wie eine verkaterlichte Version von Zorro inszeniert, sondern die ‚Shrek‘-Filme, die ihm vorausgehen. ‚Der gestiefelte Kater‘ bewegt sich nun einmal in dem selben Universum, in dem sich der Sumpf des Ogers Shrek befindet, Burgen, Schlösser, das Königreich „Weit Weit Weg“ und seine märchenhaften Bewohner. Mit den Bösewichten Jack und Jill, einem Kindersong entnommenen Figuren, Humpty Dumpty oder der Gans die goldene Eier legt, kommen in ‚Der gestiefelte Kater‘ zwar auch einige Märchen-Motive zum Zug, werden aber weitaus mehr in den Hintergrund gedrängt. Wo alle ‚Shrek‘-Episoden – ob der noch amüsante erste Teil oder das schwarze Schaf der Serie ‚Shrek der Dritte‘ – ihre eigene Geschichte erzählten und die Märchenmomente zur Unterstützung heranzogen, wirkt ‚Der gestiefelte Kater‘ wie eine abgewandelte Nacherzählung von „Hans und die Bohnenranke“ (im Original „Jack and the Beanstalk“), die keine eigenen Elemente hinzufügt, außer vielleicht ein unnötiger Rückblick in die Vergangenheit der Beziehung zwischen dem gestiefelten Kater und Humpty Dumpty. Dass ein Film, der aus der Sicht der ‚Shrek‘-Filme bereits in die Vergangenheit einer Figur schaut, noch eine weitere Vergangenheitsebene benötigt um zu versuchen, den Figuren Tiefe zu verleihen, ist arg bedenklich.

Um den ‚Shrek‘-Vergleich noch weiterzuführen: Es fehlt dem gestiefelten Kater an nötigen Zynismus um sich mit dem „Papa-Film“ messen zu können. Jeglicher sarkastische Kommentar auf popkulturelle Erscheinungen fällt hier unter den Tisch, womit sich der Kater selbst kastriert. In der mexikanischen Einöde verharmlost der gestiefelte Kater zu einem kleinen Kätzchen, das sich von allen anderen Figuren an der Nase herumführen lässt. Das hat nichts mehr mit dem bravourösen Degenschwinger an der Seite des grünen Ogers gemein. Der gestiefelte Kater wird als naiver Held gezeichnet, der sich mehr als einmal von dem „faulen“ Ei Humpty Dumpty aufs Kreuz legen lässt – aber nicht nur von ihm. Auch Kitty Samtpfote spielt mit dem selbsternannten Herzensbrecher, die eigentlichen Bösewichte Jack und Jill, so unspektakulär sie auch sein möchten, und mehrere weitere Figuren, die nicht einmal einen Namen tragen, können den Held in seine Schranken verweisen. Da kommt jede Heldentat äußerst unglaubwürdig daher.

Filmkritik zu ‘Der gestiefelte Kater’

Jack & Jill (Amy Sedaris & Billy Bob Thornton)

Eine Stärke des Filmes liegt derweil ausgerechnet dort, wo man sie kaum vermuten mag: In der Synchronisation des gestiefelten Katers, bei der sich Benno Fürmann mal wieder als wirkliches Talent des deutschen Schauspiels erweist. War er zuletzt noch als Verbrecher Indianer Joe in Hermine Huntgeburths ‚Tom Sawyer‘ zu sehen, schlüpft seine Stimme hier in die Rolle des Katers, den er mit glaubwürdigem Akzent verkörpert. Nicht einmal Antonio Banderas, gebürtiger Spanier, hätte es besser machen können.

Mit der Verharmlosung, die ‚Der gestiefelte Kater‘ durchlaufen hat und sich damit weit von den bisherigen ‚Shrek‘-Filmen entfernt, findet eine klare Zielgruppenveränderung statt. Der grüne, hässliche Oger war eher für ein erwachsenen Publikum erschaffen, da er mit einem reichhaltigen Angebot von Anspielungen, die zumeist in der Popkultur verankert waren, gesellschaftliche Kritik äußerte, die oft und gerne den Disney-Konzern traf. ‚Der gestiefelte Kater‘ ist nun ein kindgerechtes Abenteuer, welches mit seiner lehrreichen Nachricht vom Erhalt der Freundschaft und dem Verzeihen von Fehlern weitaus mehr moralische Ansprüche als zynische Denunzierungen parat hält.

Denis Sasse

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‘Der gestiefelte Kater‘

Originaltitel: Puss in Boots
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 90 Minuten
Regie: Chris Miller
Synchronstimmen: Antonio Banderas, Salma Hayek, Zach Galifianakis, Billy Bob Thornton, Amy Sedaris, Guillermo del Toro, Tom McGrath


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