Filmkritik zu David Finchers ‘Verblendung’

Filmkritik zu David Finchers ‘Verblendung’

Eigentlich hatte der schwedische Autor Stieg Larsson seine Krimi-Romane um den Journalisten Mikael Blomkvist und die Computer-Hackerin Lisbeth Salander auf zehn Episoden angelegt, nur der Tod des Schriftstellers im November 2004 durchkreuzte diese Pläne. Es entstand die Millennium-Trilogie als seine Hinterlassenschaft. Er hätte es verdient den Erfolg seiner Geschichten noch erleben zu dürfen, die leider allesamt postume veröffentlicht wurden. Die Filmtrilogie, die in Schweden entstand, verhalf den beiden Hauptdarstellern Michael Nyqvist und Noomi Rapace zu internationalem Erfolg, so dass sich beide nun in Hollywood-Produktionen wiederfinden – Nyqvist als Gegenspieler von Tom Cruise im neuesten Teil der ‚Mission: Impossible‘-Serie und Noomi Rapace als Zigeunerin an der Seite von Robert Downey Jr. in ‚Sherlock Holmes: Spiel im Schatten‘. Ein solcher Erfolg bleibt natürlich in den USA nicht unbemerkt. Ebenso wie der schwedische Horrorfilm ‚So finster die Nacht‘ hat nun auch ‚Verblendung‘, so der deutsche Titel des ersten Millennium-Buches, eine Neuinterpretation erfahren. Mit David Fincher hat man genau den richtigen Mann hierauf angesetzt. Er hat bereits mit ‚Sieben‘, ‚Fight Club‘ oder ‚The Game‘ bewiesen, dass er spannende und zugleich verstörende Filmwelten erschaffen kann.

Filmkritik zu David Finchers ‘Verblendung’

Christopher Plummer und Daniel Craig

Dabei spielt in der amerikanischen Variante der James Bond-Darsteller Daniel Craig den Wirtschaftsjournalisten Mikael Blomkvist, der fest entschlossen ist, seine Ehre wieder herzustellen, nachdem er wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Er wird von einem der reichsten Industriellen Schwedens angeheuert um herauszufinden, was hinter dem Verschwinden einer geliebten Nichte steckt. Der alte Mann vermutet, dass sie von einem Familienmitglied ermordet wurde. Der Journalist reist zum Familiensitz auf einer Insel an der schwedischen Küste, ohne zu wissen, was ihn dort erwartet. Gleichzeitig wird Lisbeth Salander (Rooney Mara), eine ungewöhnliche aber geniale Hackerin einer Sicherheitsfirma, angeheuert, um in Blomkvists Leben herumzuschnüffeln, was am Ende dazu führt, dass sie ihm dabei hilft herauszufinden, wer verantwortlich für den Mord an Harriet Vanger ist, der Nichte des reichen Auftraggebers.

Um es in einem Satz vorweg zu nehmen: Die Fangemeinde der Millennium-Trilogie wird sich an den schwedischen Verfilmungen mit Nyqvist und Rapace erfreut haben und eher skeptisch auf die Neudarsteller Daniel Craig und Rooney Mara sehen. Wer den Vergleich unbedingt suchen möchte, wird immer wieder feststellen müssen, dass sich hier ein Wechselspiel, geradezu ein kleiner Wettstreit offenbart, welcher Film welche Szene besser umgesetzt hat. An der einen Stelle arbeitet das Original von Regisseur Niels Arden Oplev die Handlung besser auf, dann wieder überzeugt David Fincher mit seiner Interpretation. Aber in einem sind sich beide Filme einig. Die Vorlage ist viel zu gut um zu einem mittelmäßigen Film gemacht zu werden. Somit bietet auch die amerikanische Version zu ‚Verblendung‘ beste Unterhaltung. David Fincher sorgt mit kalten Bildern für die düstere, schwedische Einöde, die in Zusammenarbeit mit der Musik von Trent Reznor und Atticus Ross – mit denen er bereits für ‚The Social Network‘ zusammen arbeitete – dem Original in Nichts nachsteht. Man muss den Regisseur aber auch dafür loben, dass er die Handlung nicht amerikanisiert hat. So dürfen seine Helden ebenfalls in Schweden auf die Jagd nach einem Massenmörder gehen und nicht etwa in einem kleinen amerikanischen Vorort. Obwohl sich hierdurch natürlich noch mehr die Frage aufwirft, warum diese Neuverfilmung bereits drei Jahre nach der Erstversion gedreht werden musste, wenn sich doch nichts ändert. Aber die beste Form hiermit umzugehen ist, diese Begebenheit einfach zu ignorieren.

Filmkritik zu David Finchers ‘Verblendung’

Rooney Mara

‚Verblendung‘ entstammt der gewohnt finsteren Machart von Fincher. Mit der eisigen Landschaft, dem Schnee und der leicht bläulich-grauen Farbgebung der Bilder, muss die Handlung schon nicht mehr viel leisten um die bedrückende Umgebung zu erzeugen. Dennoch nimmt sich der Film die Zeit, jedes Detail genau zu beleuchten. Der ermittelnde Charakter wird nicht durch eine unnötige Handlungsstraffung zu Nichte gemacht, sondern vielmehr in den Fokus genommen. Jeden Moment wartet man darauf, dass 007-Agent Daniel Craig kräftig zugeschlägt oder sich einer verwackelten, Adrenalin steigernden Verfolgungsjagd aussetzt. Aber er bleibt ruhig, stellenweise sogar verzweifelt, ist am Ende das Opfer, welches sich von Lisbeth Salander retten lassen darf. Vielleicht ein eher ungewohntes Bild, an das sich der Zuschauer aber gewöhnen wird. Der Fokus liegt verstärkt auf dem bisher unbeschriebenen Blatt Rooney Mara, die in der Rolle der Hackerin Salander aufgeht. Die 26-jährige Schauspielerin wurde von Fincher für ‚The Social Network‘ entdeckt und nun mit dieser schweren Figur beauftragt, die sie scheinbar mit Leichtigkeit spielt. Sie überzeugt als Computerspezialistin, als weltfremde Ausgestoßene, als Racheengel für vergewaltigte Frauen und Hassobjekt der vornehmen Gesellschaft. Sie verkörpert so viele Schwächen, aber auch unberechenbare Stärken in ihrer Figur, dass sie es verdient hat auf eine Stufe mit Noomi Rapace gestellt zu werden, auch wenn sich die beiden Darstellungsformen von Lisbeth Salander etwas unterscheiden. Wo Noomi Rapace eher die geschändete Frau war, verkörpert Rooney Mara das vom Leben enttäuschte Mädchen, welches zwar eine Menge Wissen vorzuweisen hat, aber doch emotional geschwächt dasteht.

‚Verblendung‘ kann bei der Qualität des Originals zwar nicht legitimiert werden, muss sich aber keineswegs vor ihm verstecken. Kenner der schwedischen Version werden ihren Spaß am Vergleich haben, der Rest darf sich noch einmal von der Vergewaltigungsszene schocken lassen und in die tiefen Abgründe der Vanger-Familie eintauchen. Der Film liefert den Beweis, dass ein gut strukturierter Krimi auch auf der großen Leinwand funktionieren kann. Es benötigt hier keiner hektischen Schnitte, Explosionsspektakeln oder sonstigen Actionkino-spezifischen Motiven. David Fincher erschafft auch ohne all dies eine unangenehme und zugleich spannungsgeladene Atmosphäre, in der sich die Filmfiguren sicher nicht wohl fühlen. Mit Reznor und Ross hat der Regisseur seine talentierten Musikverantwortlichen auf Lebenszeit gefunden. Mit der Kombination aus Bild, Ton und Performance der Darsteller präsentiert sich ‚Verblendung‘ dem Zuschauer als eine wohl durchdachte Neuverfilmung.

Denis Sasse

Filmkritik zu David Finchers ‘Verblendung’

‘Verblendung‘

Originaltitel: The Girl with the Dragon Tattoo
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 157 Minuten
Regie: David Fincher
Darsteller: Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer, Stellan Skarsgård, Robin Wright, Goran Visnjic


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