Filmkritik: Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit (2014)

birdman

Regie: Alejandro González Iñárritu

Kinostart: 29. Januar 2015

Lauflänge: 120 Minuten

Genre: Drama, (Komödie)

Es dürfte vielleicht auffallen, dass sich verhältnismäßig wenig Filmkritiken auf diesem Blog schreibe. Das liegt vermutlich nicht nur daran, dass ich in letzter Zeit relativ wenig Filme gucke, sonder auch daran, dass es mir immer deutlich schwerer fällt, die richtigen Worte über einen Film zu finden. Nichtsdestotrotz war ich mal wieder im Kino und möchte mich an einen Film wagen, der es mir auch nicht ganz leicht macht über ihn zu schreiben.

Birdman erzählt die Geschichte von Riggan Thomson (Michael Keaton), der in früheren Jahre eine glänzende Karriere als Darsteller des Superhelden Birdman hatte (was für eine schöne Parallele zur Besetzung). Doch der glänzende Held ist in die Jahre gekommen und um sich wieder einen Namen zu machen, inszeniert er ein Theaterstück am Broadway.

Eine relativ einfache Handlung, die von Anfang an nicht viel Erklärung bedarf. Schließlich ist es eher die Inszenierung die diesen Film ausmacht. So gut wie jedes wichtige Element in diesem Film schafft es, einen zu fesseln und neugierig zu machen. Angefangen bei der Kamera-/Schnittarbeit, die gekonnter weise den Eindruck eines 120 Minuten Takes erweckt, wodurch sich der Film selbst wie ein Theaterstück anfühlt. Das Durcheinander von Gefühlen wie Verzweiflung, Wut, Liebe oder Angst, die aber auch mit der richtigen Priese Humor unterstrichen werden, wird durch diese intime Kameraführung umso greifbarer.

Das gleiche wirkt sich dann auch auf die Schauspieler aus, von denen wirklich keiner auf irgendeine Weise eine schwache Leistung gezeigt hat. Allen voran natürlich ein grandioser Edward Norton, von dem aber auch gar nichts anderes zu erwarten war. Da ich Micheal Keaton noch nie so wirklich auf den Schirm hatte, bin ich vielleicht nicht überrascht, aber umso faszinierter wie gut er diesen gebrochenen und vielschichtigen Charakter auf die Leinwand gebracht hat. Mein Favorit dieses Films ist jedoch Emma Stone. Dass sie unglaublich talentiert ist war ja noch nie zu bestreiten, aber diese Rolle der vernachlässigten und gebrochen Promitochter, die es aber trotzdem noch faustdick hinter den Ohren hat, ist auch für sie irgendwie etwas neues. Alleine für den Monolog, den sie während eines mahnenden Vater-Tochter Gesprächs hält, dürfte ihr den Oscar einbringen.

Letztlich ist es auch die fast schon minimalistische Musik, die diesen Film in seinen ganz besonderen Momenten unterstützt. Oft wird sie ehrlich gesagt nicht eingesetzt und bis auf einige andere Kompositionen, besteht sie auch meist nur aus einem einfachem Schlagzeug, aber das verleiht vielen Szenen eben die gewisse Tiefe aber auch einen gewissen Witz.

Kommen wir, nachdem wir nun Inszenierung, Schauspieler und Musik zu genüge gelobt haben, zur Handlung und der einzig wichtigen Frage: Was will uns dieser Film eigentlich sagen?
Natürlich sollte man sich nach dem Film diese Frage stellen, aber selten habe ich so intensiv darüber nachgedacht, wie nach der Sichtung von Birdman. Denn es ist so viel was uns dieser Film sagen könnte. Ist es eine Kritik an Hollywood und was dieses aus vermeintlichen Künstlern macht? Ist es eine Kritik am Theater, welches selbst langsam einen Hollywood Status bekommt? Oder ist es ganz im Gegenteil eine Liebeserklärung an das Theater, welches so viel intensiver als die Filmkunst sei? Vielleicht zeigt er aber auch das Sehnen nach vergangenen Filmzeiten in denen es Schauspieler noch so viel leichter hatten?
Ob sich all diese Fragen gegenseitig ausschließen oder auch nebeneinander existieren können ist schwer zu sagen, aber sie zeigen auf jeden Fall wie vielschichtig dieser Film sein kann. Schließlich lässt sich die Handlung relativ klar und schnell zusammenfassen, aber es ist der Subtext, der uns zum nachdenken anregen soll. Ich selbst habe noch keine Antwort auf den Sinn des Filmes gefunden, aber ich finde es immer schön mit einen gewissen Gefühl der Unvollständigkeit aus einem Film zu gehen, denn das bedeutet, dass man noch lange über jede Einzelheit nachdenken kann.

Schließlich ist Brindman ein Film, bei dem es mir an nichts fehlt. Er ist auf eine andersartige Weise in Szene gesetzt, hat eine fabelhaft und talentierte Besetzung und geht, was Gefühle und Interpretationsmöglichkeiten angeht, tiefer als alles was ich in letzter Zeit im Kino gesehen habe.
Somit habe ich also doch mehr zu diesem Film zu sagen habt als ich angenommen habe. Warum es dennoch nicht ganz die volle Punktzahl gibt liegt wohl daran, dass der Film durch die vielen Fragen die er aufwirft immer noch in meinem Kopf rumschwirrt und ich noch ein bisschen brauchen werde bis ich ihn für mich abgeschlossen habe.

Bewertung: 9.0/10.0


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