Fall Kachelmann: Hollywood und Zürich liegen weit auseinander!

Fall Kachelmann: Hollywood und Zürich liegen weit auseinander!

© Antje Warmbrunn / pixelio.de

Sie interessieren sich für den Prozess gegen den Wettermoderator Kachelmann?

Logisch, sonst würden Sie hier nicht lesen. Und deswegen waren sie sicherlich auch vorgestern gespannt, was denn herauskommt bei der Vernehmung der Zeugin Toini L. in Zürich…

Aber was hat das mit Hollywood zu tun, fragen Sie sich?

Nun, erinnern wir uns einen einen tollen Film aus den dortigen Studios: „Eine Frage der Ehre!“ von Rob Reiner. Tom Cruise als smarter Militäranwalt weiss, dass er von einem Zeugen (wie immer dämonisch gespielt von Jack Nicholson) ein Geständnis benötigt – und er wendet einen Trick an: er provoziert den Zeugen und setzt dazu unter anderem zwei Personen ins Publikum, die er als angebliche Zeugen benennt – obwohl diese zur Sache überhaupt nichts beitragen können. Das gewagte Manöver geht auf, der Zeuge gesteht und die Mandanten des Anwalts werden von dem schwersten Vorwurf freigesprochen (Eine Frage der Ehre – Wikipedia).

Nun, Zürich ist nicht Hollywood, doch scheint dies erst jetzt dem einen oder anderen Vertreter der Staatsanwaltschaft und des Gerichts in Mannheim zu dämmern – denn Toini L. macht den Eindruck, als sei sie die Dame im Publikum…

Nach allem, was man bisher so weiss, dürfte die Telefonnumer der Zeugin der Staatsanwaltschaft durch die Entschlüsselung der Mobiltelefone des Angeklagten in die Hände gefallen sein. Man hat dann die Nummer angerufen und ist dabei auf die schweizer Fotografin gestossen; über das Telefonat hat die Staatsanwaltschaft einen Aktenvermerk erstellt, und der muss irgendwie (und wohl zeitlich vor einer erneuten Akteneinsicht der Verteidigung und der Nebenklage) an die Presse, und zwar an den „Focus“, gelangt sein – die Zeitung, die sich ja auch schon vorher sehr intimer Kenntnisse der Ermittlungsakten berühmte.

In dieser Zeitschrift ist dies dann unter Bezugnahme auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen umfänglich zu Lasten des Angeklagten dargestellt worden, und bei der Lektüre der dortigen Zeitungsartikel konnte man schon den Eindruck gewinnen, der jungen Frau sei Ähnliches passiert wie es auch die Anzeigeerstatterin im Prozess behauptet.

Die Staatsanwaltschaft und das Gericht in Mannheim setzten nun alle Hebel in Bewegung, die Zeugin vernehmen zu können, und insbesondere ihre Weigerung, in Deutschland vor Gericht zu erscheinen, gab durchaus den Gerüchten Auftrieb, diese Zeugin könnte nun für die Anklagebehörde den grossen Durchbruch hin zu einer Verurteilung des Wettermoderators zu bringen.

Und nun war der grosse Tag: die Reise nach Zürich!

An dieser Stelle lehne ich mich mal ein bisschen aus dem Fenster: Der „Spiegel“ und auch sein Ableger „Spiegel online“ sind durchaus seriöse Blätter, und Meldungen werden dort mit Sicherheit vorab durchaus sorgfältig recherchiert. Darüber hinaus verfügt das hamburger Nachrichtenmagazin über sehr gute Kontakte zu einigen der Prozessbeteiligten im Fall Kachelmann (was ja auch schon des öfteren an anderer Stelle kritisiert wurde), weswegen die dort jetzt eingestellten Informationen schon eine gewisse Belastbarkeit haben dürften.

Und so war für mich die gestrige Meldung schon eine kleine Sensation (Kachelmann-Prozess: Ein teurer Ausflug in die Schweiz – SPIEGEL ONLINE):

Die Zeugin sei überhaupt nicht die Geliebte des Herrn Kachelmann gewesen, sie habe mit ihm lediglich ein Fotoshooting gemacht, Kachelmann habe sie zum Abschied geküsst, dagegen habe sie sich nicht gewehrt, danach habe es keine weiteren Treffen mehr gegeben; ihre Arbeitsunfähigkeit habe überhaupt nichts mit dem Angeklagten zu tun gehabt und sei auch viel später gewesen, all dies habe sie die mannheimer Staatsanwaltschaft auch im Vorfeld wahrheitsgemäss mitgeteilt.

Und diese Informationen werden durchaus durch weitere Quellen gestützt. Ein User im Forum des Spiegels mit immerhin 4.000 Einträge berichtet von Andeutungen aus der Staatsanwaltschaft Zürich, dass das vom Spiegel veröffentlichte Ergebnis der Zeugenbefragung der Mannheimer Justitz tatsächlich schon vorab bekannt gewesen sein musste. Die Züricher seien von Mannheim nur noch genervt gewesen, hätten mehrfach von dem Trip abgeraten und seien durch das Rechtshilfeersuchen quasi gezwungen worden, den Zirkus zu veranstalten.

Na gut, dies ist vielleicht nicht die beste Quelle, aber wir haben ja noch andere: gestern abend erklärte der Rechtsanwalt der Zeugin, der hochangesehene schweizer Strafverteidiger  Valentin Landmann, Teilen der deutschen Presse habe ein Aktenvermerk der StA vorab vorgelegen, und in den schweizer Medien wird er wie folgt zitiert (20 Minuten Online – Zeugin sagte «ruhig und sachlich» aus – News):

„Gar nicht glücklich waren Landmann und seine Mandantin über die Berichterstattung in gewissen deutschen Medien. «Einige Aspekte der Schilderungen in den Berichten sind schlicht falsch», so Landmann. Welche Punkte konkretisierte Landmann allerdings nicht. Seine Mandantin habe weder die Öffentlichkeit gesucht, noch habe sie in diesem Fall aussagen wollen, so der Anwalt weiter. Nun seien nicht nur Details zu ihrer Person veröffentlicht worden, sondern auch ihr Name. «Man hat sie zum Abschuss freigegeben», so Landmann zu 20 Minuten Online.

Tatsächlich hatte die ehemalige Freundin von Kachelmann sich geweigert, vor einem deutschen Gericht auszusagen. Sie hatte sich auch nicht selbst als Zeugin gemeldet. «Der Staatsanwalt hat meine Mandantin kontaktiert», sagt Valentin Landmann.“

Interessant war auch die gestrige Printausgabe der BILD-Zeitung: dort war nämlich ein grosses, nicht verpixeltes Photo von  Toini L. zu sehen: eine strahlende, junge Frau, lächelnd auf dem Weg zur Zeugenaussage – keine Spur von Angst vor Kachelmann, keine Halstücher, keine Sonnenbrillen oder Bücher vor dem Gesicht – einfach eine Frau, die man wohl zu Unrecht in einen Vergewaltigungsprozess hineingezogen hat, nur weil sie beruflich zum falschen Zeitpunkt mit dem Angeklagten zu tun hatte – und dafür, so ihr Rechtsanwalt durchaus treffend, zum Abschuss freigegeben wurde.

Das sind dann doch schon sehr viele Puzzlesteinchen, die einen Verdacht aufkommen lassen: handelt es sich bei Toini L. vielleicht tatsächlich um so etwas wie die Zeugen aus dem Film „Im Namen der Ehre!“, die zwar garnichts aussagen können, die aber einen der Prozessbeteiligten zu einer unbedachten Äusserung bringen sollen – die Schachfigur, die bei Tom Cruise so genial zum „Matt“ führte – und jetzt in Zürich grandios vom Brett flog – sicherlich nicht zu ihrem eigenen Schaden, sondern zur massiven Beschädigung sowohl der mannheimer Staatsanwaltschaft als auch des dortigen Gerichts.

Warten wir ab, was die nächsten Prozesstage bringen: nur wenn an der Meldung des „Spiegel“ etwas Wahres dran ist, dann solte das Gericht in Mannheim schleunigst seine Einstellung zu Anträgen der Staatsanwaltschaft überdenken – und mal leise ins Auge fassen, dass Strafgerichte durchaus auch einen Angeklagten (vielleicht sogar mit einer wohlformulierten Entschuldigung) freisprechen können.

Denn der Film „Eine Frage der Ehre“ hat noch eine weitere und durchaus bemerkenswerte Parallele zum laufenden Kachelmann-Prozess: die Angeklagten werden zwar am Ende freigesprochen, sie verlieren aber aufgrund ihres unmoralischen Verhaltens ihre berufliche Zukunft…


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