Eignung von Funktechnologien für die Digitalisierung der Energiewende – Teil 2

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Gastbeitrag von Prof. Christian Lüders und Dr. Bernd Sörries, Fachhochschule Südwestfalen

Fortsetzung von Teil 1

Vergleich der Funktechnologien

Funktechnologien Digitalisierung EnergiewendeSmart-City mit Funktechnologien

Beim Vergleich der Funktechnologien ist zunächst auffällig, dass LoRa im unlizenzierten Frequenzband bei 868 MHz eingesetzt wird. Da hier eine Kontrolle der Datenübertragung de facto gar nicht möglich ist, da Überlastungen, Interferenzen jederzeit auftreten können, kann LoRa netzkritische Anwendungen nicht hinreichend unterstützen. Bei der bidirektionalen Vernetzung von SMGWs scheint auf den ersten Blick dagegen der Einsatz von LoRa denkbar zu sein. Bei näherer Betrachtung und Analyse der hier zu erfüllenden Anforderungen kann jedoch nicht erwartet werden, dass LoRa die geforderten Latenzzeiten, notwendige Kapazitäten oder auch die Datenraten (z.B. für Updates) bereitstellen kann.14

Technologien für sichere Fernkommunikation gefordert

Auf die diesbezüglichen Probleme mit Kanalbelegungszeiten wurde bereits hingewiesen. Ferner ist hier zu bedenken, dass der Gesetzgeber mit dem MsbG darauf abzielt, eine Kommunikationsplattform im intelligenten Energienetz zu fördern, die in der Lage ist, den Risiken der Vernetzung (z.B. Hacker-Angriffe) zu begegnen 15. Letztere nehmen an Bedeutung zu. Soweit unlizenziertes Spektrum zum Einsatz kommt, sind die Hürden für potentielle Angreifer ungleich niedriger. Insoweit wird eine sichere Fernkommunikation gefordert, die den Qualitätsanforderungen auch im netzdienlichen Bereich entspricht. Aus dieser Perspektive erscheint es wenig angebracht, mit sehr unterschiedlichen Ansätzen und Technologien bei der Vernetzung von Smart Meter Gateways einerseits und den sonstigen Anlagen in den Verteilernetzen (Smart Grid) andererseits zu arbeiten.

Reichweite von Funktechnologien

Ein zentraler Punkt für eine kostengünstige und zuverlässige Anbindung von SMGWs ist die Reichweite einer Funktechnologie und die Frage der Versorgung in schwierigen Funkausbreitungsumgebungen wie Kellerräumen. Hier scheint LoRa mit seiner auf der Spreiztechnik basierenden resistenten Übertragungstechnik auf den ersten Blick Vorteile zu bieten. Für die Empfängerempfindlichkeit, also den Pegel für den noch eine Übertragung mit geringer Fehlerrate möglich ist, wird Vielfach ein Wert von -137 dBm angegeben. In der Tat handelt es sich dabei um eine sehr hohe Empfängerempfindlichkeit, die allerdings nur bei sehr niedrigen Datenraten von 0,25 kbit/s erzielt wird 16.

Bei CDMA450 und LTE450 liegt die Empfängerempfindlichkeit für Datenraten von 10 bzw. 20 kbit/s dagegen bei etwa -124 bzw. -120 dBm. Allerdings wurden für LTE auch (ab Release 13, März 2016) Narrow-Band-Übertragungsvarianten (NB) für IoT-Anwendungen spezifiziert, die bei ähnlich niedrigen Datenraten wie für LoRa auch ähnlich hohe Empfängerempfindlichkeiten bieten. Ferner ist zu beachten, dass für die Reichweite und die Versorgung im Kellerbereich nicht nur die Empfängerempfindlichkeit eine Rolle spielt, sondern auch die zulässige EIRP (s.o.) und das verwendete Frequenzband. Wie die Abbildung 1 zeigt ist die zulässige EIRP in dem lizensierten Band bei 450 MHz i.A. deutlich höher – insbesondere im Downlink – als in den unlizensierten Bändern, in denen die Störungen mit anderen Anwendungen gering gehalten werden sollen. Für die Reichweite entscheidend ist das so genannte

Link Budget = EIRP + Gewinn der Empfangsantenne – Empfängerempfindlichkeit

Dieses ist in Abbildung 3 für verschiedene Systemkonstellationen in Abhängigkeit von der erzielbaren Datenrate aufgetragen. Für LTE450 und CDMA450 wurde ein Antennengewinn von 15 dBi angenommen, bei LoRa im 868-MHz-Bereich liegt der Gewinn bei gleicher Höhe der Antenne bei etwa 18 dBi. In Abbildung 3 sind eindeutig die Vorteile des Link Budget in den lizensierten Bändern gegenüber LoRa in den unlizensierten Bändern zu erkennen. Insbesondere ist das Downlink Link Budget bei Lora als kritisch anzusehen, da zwar an der Basisstation (Gateway) eine große stark bündelnde Empfangsantenne mit hohem Gewinn eingesetzt werden kann, i.A. nicht aber dem Funkmodul in einem SMGW.

Ferner ist zu beachten, dass der Frequenzbereich bei 450 MHz abhängig von dem Ausbreitungsszenario eine um 50 – 150 % höhere Reichweite gegenüber dem Frequenzbereich bei 868 MHz bietet. Besonders groß sind die Unterschiede bei einer Versorgung im Keller.

Reichweiten und erzielbare Datenrate

In Abbildung 3 sind des Weiteren die Reichweiten für verschiedene Systemkonstellationen in Abhängigkeit von der erzielbaren Datenrate aufgetragen. Dabei wurden ein üblicherweise verwendetes, bewährtes Funkausbreitungsmodell (Hata-Model) für einen städtischen Bereich, Kellerdämpfungswerte von 21 dB (868 MHz) bzw. 17 dB (450 MHz) sowie ein Margin von 5 dB gegenüber Unsicherheiten bei der Pegelprädiktion und gegen Störungen aus anderen Funkzellen zu Grunde gelegt. Die Vorteile von LTE und CDMA in dem Band bei 450 MHz fallen dabei aus den genannten Gründen sehr deutlich aus.

Ferner ist zu beachten, dass bei CDMA450 und LTE450 die Kapazität – also die Anzahl versorgbarer SMGWs pro Standort – deutlich höher ist als bei LoRa, zum einen wegen der höheren Leistungsfähigkeit, zum anderen aber auch, weil mehr exklusiv nutzbares Spektrum zur Verfügung steht.

Funktechnologien DatenrateAbb. 3: Link Budget bzw. Reichweite als Funktion der erzielbaren Datenrate für verschiedene Systemkonstellationen; Reichweite für die Kellerversorgung in einer städtischen Umgebung

Neben den bereits erwähnten zentralen Leistungsmerkmalen wie Reichweite und Kapazität gibt es noch weitere erwähnenswerte Unterschiede zwischen Lora auf der einen und CDMA und LTE auf der anderen Seite, die in der Tabelle 1 zusammengestellt sind.

Funktechnologien EnergiewendeTabelle 1: Vergleich der Technologien

Abschließend soll noch erwähnt werden, dass die 3GPP-Standards einer ständigen Weiterentwicklung unterliegen. Dies wirkt sich positiv auf die Zukunftsfähigkeit der jeweils eingesetzten Technologie bzw. die Nachhaltigkeit der getätigten Investitionen aus. Zudem zielen die Standardisierungsgremien darauf ab, dass die Migration von einem zum nächsten Standard im Wesentlichen durch Software getrieben wird. Damit können die Betreiber der Netze sowie die Nutzer mit vergleichsweise geringen Transaktionskosten rechnen. Ob dies bei proprietären Lösungen in der gleichen Art und Weise sichergestellt ist, lässt sich abstrakt nicht prognostizieren. Es gibt zwar die LoRa-Alliance, jedoch ist sie im Vergleich zu den weltweit etablierten und funktionsfähigen Ecosystemen um die 3GPP-Standards signifikant weniger ausgeprägt.

Fazit

Aus den obigen Erwägungen ergibt sich ein Bild, wonach die betrachteten Funktechnologien sehr unterschiedliche Eigenschaften haben und aufgrund dessen auch sehr unterschiedliche Märkte adressieren. Durch die Nutzung von lizenziertem Frequenzspektrum sind die 3GPP-Technologie aus vielfacher Perspektive (Sicherheit, Leistungsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Erfüllung gesetzlicher Anforderungen) sehr gut geeignet, mit einer garantierten Qualität insbesondere die netzkritischen Anwendungen im intelligenten Energienetz zu unterstützen. Ein langjähriger Einsatz wird durch ein weltumspannendes Ecosystem möglich. Dieses Ecosystem hat sich zum Ziel gesetzt, kompatible Weiterentwicklungen der bestehenden Technologien zu entwickeln. Zudem erfordern sie deutlich weniger Basisstationen.

Problematisch ist hier nur, dass einzelne Technologien, wie GSM, Auslaufmodelle darstellen, einige noch weiterentwickelt werden müssen oder noch nicht am Markt verfügbar sind. Allein CDMA450 in einem für kritische Infrastrukturen errichteten Funknetz erfüllt heute bereits die Vielzahl an Anforderungen. Eine spätere Migration auf LTE und seine Weiterentwicklungen ist mit erträglichem Aufwand möglich, sofern ein Parallelbetrieb erfolgt und die Endgeräte nicht vorzeitig ausgetauscht werden.

Funkanwendungen im unlizenzierten Bereich 17 können mit dieser Qualität der Konnektivität nicht mithalten, weil Störungen einerseits auftreten und andererseits auch zu dulden sind. Ein „Quality of Service“ kann nicht garantiert werden. Zudem ist die Leistungsfähigkeit geringer. Die regulatorischen Rahmenbedingungen (duty cicle) sowie die gesetzlich induzierten Anforderungen können nicht eingehalten werden. Damit zielt LoRa wie anderen LPWA-Technologien auf einen Markt ab, auf dem die Qualität der Funkverbindung nicht der entscheidende Faktor ist. Um gerade die Komplexität des Systems gering zu halten und bei den Kosten wettbewerbsfähig zu sein, erscheint LoRa für kleine Netze und schmalbandige IoT-Dienste geeignet zu sein, die keine Flächenversorgung ermöglichen. Somit könnte LoRa zwar Sensoren in Verteilernetzen einbinden. Steigt das Volumen der Datenübertragung an oder kommt es auf eine hohe Verfügbarkeit der Daten an, kommt LoRa an seine Grenzen bzw. ist erst gar nicht geeignet, die Qualität zu liefern. Der Einsatz im Smart Grid, in dem jederzeit Sicherheit und Kontrolle im Vordergrund stehen, ist vor diesem Hintergrund sinnvollerweise nicht möglich.

Fußnoten

14. Siehe auch LoRa Alliance, NB-IoT vs LoRa Technology. Which could take gold?, 2016, S. 10 ↩
15. Vgl. BT-Drs. 18/7555, S. 1ff. ↩
16. Damit liegt LoRa unter der für SMGW-Anwendungen notwendigen Datenrate von 4 kbit/s.  ↩
17. Mit diesen Frequenzen werden Massenmarktanwendungen unterstützt. ↩

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