Dunkle Keller menschlicher Rechtsgeschichte

Dunkle Keller menschlicher Rechtsgeschichte Der Hoeneß soll bloß seinen Mund halten! Von einem Steuerbetrüger lassen wir uns ja wohl schon mal gar nichts sagen. So einer hat aufgrund seines Verhaltens nichts mehr zu melden. Dass er überhaupt nochmal zurück an seinen Arbeitsplatz durfte, das war schon ein Skandal! Ein solcher Typ dürfte grundsätzlich keinen Job mehr angeboten bekommen. Er ist ja nicht glaubhaft, wer einmal lügt und so. Oder stimmt das alles etwa nicht? So und ähnlich lauten jetzt die Statements vieler aufgebrachter Menschen (auch Linker) in den sozialen Netzwerken. Ich missbillige diesen Mann, aber ich kann einen solchen reaktionären Quatsch nicht mehr ertragen. Denn wer so argumentiert und spricht, der hat im Grunde das rechtsstaatliche Terrain schon längst verlassen und watet in jenen dunklen Kerkern der menschlichen Rechtsgeschichte, in denen Straftäter auf ewig weggeschlossen blieben.

Man kann doch nicht einerseits die Resozialisierung als hohes Gut und sozialen Standard im Strafvollzug verteidigen und parallel dazu selbige im Falle des Herrn Hoeneß verbal aberkennen. Dass jemand nach seiner Strafe wieder zurück in ein Leben geht, welches nahezu dem entspricht, das er vorher führte, das sollte wohl nicht die Ausnahme sein. Natürlich ist es in anderen Fällen aber schon so. Ein kriminell gewordener Dreher wird im Regelfall nicht bei seinem alten Arbeitgeber neu anheuern können. Das ist aber eigentlich der Resozialisierungsgedanke: Man möchte eigentlich schon, dass jemand, der aus einem relativ unverdächtigen Umfeld heraus schuldig wurde, nach abgeleisteter Strafe nicht vor den Scherben seines gesamten Lebens steht. Bei jemanden aus dem Drogenmilieu muss man den Ansatz natürlich anders verstehen, eine Rückkehr in alte Strukturen entspräche da gerade nicht der Resozialisierung. Aber bei Straftätern aus dem bürgerlichen Milieu nun mal schon. Außerdem ist dabei natürlich von Gewicht, was man verbrochen hat. Steuerhinterziehung ist nun mal keine Vergewaltigung.
Weitermachen unter der hoffentlich erzielten Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben: Das wäre gewissermaßen der optimale Fall bei dieser Konstellation. Und Hoeneß erlebte nun diesen optimalen Fall. Andere leider nicht. Das ist das Tragische daran. Daraus kann man tatsächlich eine Ungerechtigkeit ableiten. Die lautet aber nicht, dass man Hoeneß wie die anderen nicht mehr partizipieren lassen sollte. Sie lautet: Alle sollten es wie Hoeneß erfahren dürfen.
So weit - so gut. Fast schlimmer ist ja diese überhebliche Art, mit der man ihm jetzt in den Netzwerken begegnet. Jemanden, der in seinem Leben straffällig wurde, dies immer wieder nachzutragen, zeugt von einer derart kleinbürgerlichen Moral und ihren autoritären und menschenverachtenden Affekten, dass man es so nicht stehenlassen kann. Nein, Hoeneß ist kein Herzchen. Nie gewesen. Vieles von dem, was er von sich gibt, ist egoistisch im Sinne seines Vereins und gleichgültig den anderen, dem gesamten Fußball gegenüber. Er wirkt aufgeblasen und selbstgerecht. Alles das kann man ihm vorwerfen. Sollte man auch. Dass er jedoch verurteilt wurde, dass er seine Strafe abgesessen hat, dass er wieder zurück ist im Leben nach seinem Steuerbetrug: Das sind Punkte in seiner Vita, aber nicht Argumente, die man ihm im Alltag an den Kopf werfen braucht. Das weiß er selber, das wissen die Zeitgenossen auch. Das aber dennoch zu tun, das sind nämlich Mechanismen der Diskreditierung, da will man jemandem nicht argumentativ beiwohnen, sondern mit den Mitteln des fortwährenden Rufmordes einfrieden. Wer glaubt, dass ein solches Verhalten einem modernen Rechtsempfinden entspricht, der dürfte auch den Pranger als fortschrittliches Instrument der Wahrheitsfindung bejahen.

Man kann dem Mann natürlich über dem Mund fahren, wenn er wieder mal durchschimmern lässt, dass er das Opfer eines Staates ist, der wild um sich besteuert. Hier kann man ihm spielend mit Gegenargumenten kommen, ihn darauf hinweisen, dass a) ein etwaiger Steuerwahn so nicht existiert und b), dass Steuern nicht gleich Raub sind, sondern die notwendige Umverteilung, um Gemeinwesen zu organisieren. So darf man ihm den Märtyrerzahn ziehen. Ihn aber immer gleich abzuwürgen, weil er als bestrafter Steuerhinterzieher gewissermaßen nichts mehr zu melden habe, das ist unhaltbar und entspricht eher einer jener unversöhnlichen Straftheorien, die wir in Europa glaubten abgewandt zu haben. Das hat jedenfalls keine Art. Aber es ist wohl leider die Art des Zeitgeistes.

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