Die Sache mit dem Glow

Schwangerschaftsmythen. Heute: der Schwangerschaftsglow. Das angebliche Strahlen in der Schwangerschaft, das so gern an den Haaren herbeigezogen wird. Unter fast jedem Bild, das ich in der Schwangerschaft auf Instagram von mir gepostet habe, kam mindestens ein solcher Kommentar. Mittlerweile deaktiviere ich die Kommentare unter diesen Bildern. Ich poste sie nicht, um Komplimente zu bekommen, ganz im Gegenteil. Wie ich aussehe, ist ein Teil von mir, und ich poste diese Bilder hauptsächlich für mich. Als Teil des großen Ganzen, als „an dem Tag sah ich so aus, fühlte mich offenbar gut genug um ein Bild zu posten, nachdem wir gemeinsam gebruncht hatten“. Weil es ein Teil meines Lebens ist, den ich festhalten wollte. Das war schon 2013 so, und hat sich bis heute nicht geändert.

Meistens sehe ich aus wie schonmal gegessen.

Und ich sehe nicht jeden Tag so aus, dass mir danach ist, das öffentlich zu zeigen. Dafür habe ich eine andere App, sie heißt iEveryday, und die Bilder sehe nur ich. Oder Snapchat. Da klatscht man einen lustigen Filter drauf und fertig.

Schwangerschaftsglow ist ein Mythos Die Sache mit dem Glow Die Sache mit dem Glow

Die Sache mit den Selfies ist ja schon ein bisschen verwirrend, denn jeder hat offenbar andere Beweggründe, sie zu veröffentlichen. Für mich: Mein Make-Up ist besonders gut gelungen und ich fühle mich gut, freue mich auf das Essen gehen mit meinem Mann. Oder: Mein Outfit habe ich mit Freude zusammengestellt, und möchte auch anderen Frauen mit Figuren jenseits der gesellschaftlich akzeptierten Norm eine Inspiration sein. Sie sollen schön sein, aber nicht perfekt.

Wer das erkennt, klasse. Wer das nicht erkennt, postet mir einen Kommentar darüber, wie schön mich die Schwangerschaft macht. Eine Schwangerschaft, die mehr Kraft und Tränen gekostet hat als viele andere. Für die wir insgesamt so viel Geld ausgegeben haben wie andere für eine Nasenkorrektur oder eine Brust-OP. Die nicht selbstverständlich ist. Mein Äußeres also nach einem Zustand zu bewerten, der nicht eben mal herstellbar ist, nach dem andere sich so sehr sehnen, und der nichts mit meinem Aussehen zu tun hat, ist für mich wie ein Schlag in die Magengrube.

Und was für ein Schlag ist es für die vielen, vielen Frauen, die diese Schwangerschaft verfolgen, bei denen es noch nicht geklappt hat? Wisst Ihr, wie weh das tut? Da wünschen sie sich nichts mehr als ein Kind, und dann entgeht ihnen zusätzlich auch noch die Schönheit, die so viele mit Schwangerschaft verbinden? Es fühlt sich an, als würdet Ihr zu ihnen sagen:

Du bist nicht schön, und fortpflanzen kannst Du Dich auch nicht. Und wenn ich mir so die Erwartungen an Frauen in unserer Gesellschaft ansehe, bist Du nur etwas wert, wenn Du schön bist, und ein Kind ausbrüten kannst. Na vielen Dank auch.

Schwangerschafts-Idealismus

Dazu kommt: nicht jede Schwangere fühlt sich schön oder entspricht dem Schwangeren-Ideal. Die prallen „hach so schönen Kugeln“, die auf Instagram präsentiert werden, sind sicherlich auch die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe keine schöne Kugel, ich habe einen Bauch mit einem seltsam aussehenden Hautlappen vorne untendran. So ist das, wenn man mal 35 Kilo abgenommen hat und sich dann die Körperform eben nicht so verändert wie bei anderen. Ich habe Dehnungsstreifen, keinen einzigen aus meiner Schwangerschaft. Mir sind die Streifen egal, und ob jetzt noch welche dazukommen würden, es ist mir auch egal.

Ich habe also keine schöne Kugel, und mit Kleidung sehe ich hauptsächlich schwanger und nicht nur dick aus, weil ich bestimmte Schwangerschaftsunterwäsche gefunden habe, die meinen Bauch ordentlich formt und ich auch sonst weiß, was mir steht, was ich an mir mag, und mal ehrlich, nicht gerade wenig Geld für entsprechende Kleidung ausgebe. Die Schlüppis, die helfen alles zusammenzuhalten, und den immer schwerer werdenden Bauch zu stützen, sind übrigens diese hier. Zu Hause trage ich am liebsten diese, weil sie etwas weicher sind und trotzdem (noch) komplett über meinen Bauch passen.

Schwangerschaftsglow aus der Tube *summ*

Mein Glow im Gesicht kommt von diversen Produkten, Primern, Foundations, die ich übrigens auch alle neu finden musste, weil durch die Hormonumstellung nichts mehr so funktionierte wie vorher. Das war aber schon immer so, und das wird vermutlich auch immer so sein: dass ich ohne Make-Up so schön aussehe, dass ich davon ein Selfie posten würde, weil ich mich unbedingt an diesen Tag erinnern möchte, kommt etwa alle 3 Jahre mal vor.

Ich habe ziemlich lange darüber nachgedacht, ob ich Bilder von dieser Wampen-Realität zeigen soll, mit all den Streifen und dem Hautlappen. Ich bin zwar wenig eitel, aber hey, wenn Ihr das hier lest, wart Ihr ja offenbar schonmal im Internet unterwegs und wisst, wie das so läuft. Letzten Endes haben mich aber nicht Trolle davon abgehalten, Euch meinen Bauch zu zeigen, sondern der Punkt dieses Artikels. Mir ist klar, wenn ich versuche, meinen Punkt mit Bildern zu unterstreichen, wird es sich jemand wieder nicht verkneifen können und schreiben: „Sooo schlimm ist es doch nicht“ oder „Trotzdem schön“. Und genau das will ich nicht. So oder so:

Ich gebe mir Mühe mit meinem Äusseren, wenn mir danach ist, weil ich mich dann besser fühle. Und an manchen Tagen fühle ich mich besser, wenn ich mich mit Cheesepops vollkrümeln kann, und die Welt davon nichts mitbekommt.

Natürliche Schönheit ist keine Leistung

Und ich finde ohnehin, Aussehen zu loben ist gemein. Nicht gegen denjenigen, der gut aussieht, sondern gegen alle anderen, die nicht der Norm und dem Ideal ensprechen. Und ein Bauch, besonders bei einer Frau, entspricht definitiv nicht dem Ideal. Ausser, es ist ein Baby drin. Dann dürfen wir als Frauen einen Bauch haben. Ich erinnere mich noch gut an eine Äusserung einer Schwangeren, die zu mir sagte: „immerhin muss ich jetzt für eine Weile mal nicht den Bauch einziehen“. Ist das die Art und Weise, wie wir uns als Frauen motivieren wollen, positiv mit unseren Körpern umzugehen? Sanft und gerecht mit uns zu sein?

Profis nennen die Bevorzugung von schönen Menschen Lookismus. Ich habe mein Leben lang die negativen Seiten der Medaille kennengelernt. Ich habe Jobs nicht bekommen, weil ich zu dick war. Wurde von Männern abgelehnt, an denen ich interessiert war, weil ich zu dick war. Mein schönes Gesicht wurde oft gelobt. Zu oft. Denn so gab es ja immer wenigstens irgendetwas an meinem Aussehen zu loben, weil man Frauen* nicht für andere Dinge loben kann.

aber wer nicht natürlich schön ist, hat Arbeit.

Und lasst uns nicht von den Kleidergrößen anfangen, von Polyesterzelten und der Idee, dass Schuhe ja super seien, weil man immer reinpasst, egal wie fett man ist. Schonmal versucht, Stiefel mit einem Wadenumfang von 50cm zu finden? Und auch in der Schwangerschaft geht es weiter. Eine „Risiko“schwangerschaft, weil übergewichtig. Kleidung finden, in die der Bauch auch im letzten Trimester noch reinpasst? Und das sind ja praktisch nur die Basics.

Es ist nötig, hart zu arbeiten, wenn man auch nur annähernd dem einen oder anderen Ideal zugeordnet werden möchte. Und genau deswegen lehne ich die Zuordnung zu Idealen ab. Weil ich keine Lust habe, mir die harte Arbeit zu machen, nur um ein Idealbild zu erfüllen, und die Erwartung an andere zu legitimieren, für Ihr Aussehen hart arbeiten zu müssen. Dafür bin ich zu beschäftigt mit anderen Dingen.

I’m making a human here.


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