Die Claytec-Szekessy Story – Teil 2

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Istvan Szekessy

Istvan Szekessy  <br> Foto: Claytec/Willhardt
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Istvan Szekessy
Foto: Claytec/Willhardt

Die erfolgreiche Schilfproduktion in Pirto (Ungarn) ist dem zusammentreffen glücklicher Umstände zu verdanken. Das Unternehmen Claytec suchte in den späten 90er Jahren einen Anbieter und trifft Istvan Szekessy, der nach Rückkehr in seinen Heimatort Pirto die traditionelle Schilfproduktion zu einer neuen Blüte geführt hat. Der Weg zu dieser Blüte erzählt auch eine Geschichte von Unternehmern und Unternehmungen, die mit Herzblut eine Existenz aufbauen, deren Lohn neben dem Auskommen in der eigenen Heimat eine abwechslungsreiche Arbeit ist. Der Profit jedoch ist Lebensqualität und eine Produktionsweise und Ethik im Einklang mit der Natur.

In Pirto, einem Ort im Südwesten Ungarns, wird ein Naturbaustoff hergestellt, der den Begriff nachhaltig wirklich verdient, weil er auf den gesamten Produktzyklus zutrifft und zusätzlich auf die Haltung und das Selbstverständnis von Herstellern und vielen Nutzern.

Beginnen soll die Reise im Jahr 1956, als Istvan Szekessy aus seiner Heimat Ungarn geflohen ist. Er wurde im heutigen Serbien interniert. Am Ende dieser Flucht und Gefangenschaft ist er nach Düsseldorf gekommen, wo sein Onkel Zoltan Szekessy an der Kunstakademie lehrte. Es dürfte dessen guten Kontakten zu verdanken sein, dass sich Theodor Heuß, bis 1959 Bundespräsident, darum bemüht hat, Istvan aus der Gefangenschaft zu befreien. Ohne die spätere Entwicklung auch nur zur ahnen haben sich die Wege des Erfolgsduos Schilf aus Pirto und Claytec – Baustoffe aus Lehm um 1957 gekreuzt, als die Mutter des Claytec-Unternehmers Peter Breidenbach an der Kunstakademie Düsseldorf bei Zoltan Szekessy studierte.

Szekessy hat bis 1954, wie er sagt, „im Faß gelebt“ und ist in den Weingärten seines Vaters aufgewachsen. Der hat mit seiner Weinproduktion eine Reihe von Medaillen gewonnen. Istvan hat früh gelernt, zur rechten Zeit zu schneiden und zu pflegen. In seiner Jugend war die Landwirtschaft in Ungarn kleinteilig, die Fruchtfolge selbstverständlich und Kunstdünger (zu) teuer. In seinem Heimatort entwickelte Szekessy sein grundlegendes Verständnis für die Landwirtschaft und für ein nachhaltig ökologisches Wirtschaften. „Ich glaube, dass 50 Prozent der Qualität eines Produktes der moralischen Haltung entspringen“, diese Kernaussage findet sich in einem Interview von Ilonka Mary im Biokultura Magazin, dass der Bio-Zertifizierer Biokontroll Hungaria 2012 mit ihm geführt hat.

Istvan Szekessy wurde in Deutschland Diplomingenieur im Maschinenbau und allein die Reihe seiner Patente rund um einspritzen und dosieren von Flüssigkeiten weisen ihn als Erfinder und Praktiker aus. Er hat Karriere im frühen IT-Geschäft gemacht, maßgeblich mit der Rexroth und Szekessy Entwicklungs-GmbH in München. Auch dürfte der wesentlich ältere und bekannte Unternehmer Alfred Rexroth*, der Sohn eines Eisenfabrikanten, nicht nur geschäftlich eine wichtige Rolle gespielt haben. Durch diese Verbindung hat sich die Zuwendung zu naturkonformer Produktion vertieft. Rexroth war Förderer der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise der Bauckhöfe in der Lüneburger Heide, ein Förderprojekt der heutigen GLS-Bank. Die Bauckhof-Idee geht auf das Jahr 1932 zurück, als der Ur-Pionier Eduard „Opa“ Bauck seinen Betrieb auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise umstellte, lange bevor die Begriffe Öko und Bio geprägt wurden. Heute leben und arbeiten in der Lüneburger Heide drei Bauck-Generationen auf mittlerweile drei Bauckhöfen.

Wilhelm Ernst Barkhoff und Gisela Reuther, Gründer der GLS Bank

Wilhelm Ernst Barkhoff und Gisela Reuther, Gründer der GLS Bank

Aus der landwirtschaftlichen Uridee entwickelten sich in den 1960er Jahren eine Vielzahl von Demeter Projekten. Istvan Szekessy war hier oft zu Gast: „Lange bevor ich in Ungarn 1995 meinen ersten Betrieb für ökologische Nahrungsmittel gegründet habe, kam ich 1969 mit Demeter-Betrieben und dem Bauckhof in der Lüneburger Heide in Kontakt.“ Sicher hat auch seine Frau Christine, in einer naturnahen Umgebung aufgewachsen, diese Haltung befördert. Die gemeinsamen Kinder wurden auf Waldorfschulen erzogen.

Szekessy entwickelte als Ingenieur Präzisiongeräte und als Unternehmer Controllingsoftware für die Serienproduktion in der Automobilindustrie. Sein Patent DE 1947329 A1, eingetragen 1969, dürfte bei der Entwicklung des ersten Hydraulik-Servoventils der Firma Rexroth (heute Bosch Rexroth) eine Rolle gespielt haben. Immer wieder wird er gefragt, wie diese beiden offensichtlich doch so verschiedenen Aspekte seines Wirkens, der kühlen Technik auf der einen Seite und die ökologische Bewegung auf der anderen, zusammen passen. Doch darauf gibt es eine plausible Antwort: Natur und Technik verbinden sich durch Szekessys ethische Grundhaltung, dass Fortschritt nur mit Rücksicht und Erhalt der Natur möglich ist. An einem praktischen Beispiel lässt sich das verdeutlichen: Aufgrund des Klimawandels wird die sehr sandige und wenig fruchtbare Landschaft im Südwesten Ungarns immer trockener. Das Grundwasser ist auf mindestens acht Meter Tiefe abgesunken, effiziente Brunnen müssen bis in 28 m Tiefe gebohrt werden. Hier ist allerdings die Eisenkonzentration so hoch, dass die von Szekessy verlegten Tropfenbewässerungssysteme durch Eisenoxydation verstopfen würden. Ohne einen von ihm entwickelten Eisenabscheider würde diese effiziente Bewässerungsform nicht funktionieren. Und um den Einsatz des kostbaren Wasser noch präziser zu steuern, entwickelt Szekessy aktuell eine Anlage mit Elektronikkomponenten aus der Automobilindustrie. Er verwendet für die präzise Steuerung des Wasserdrucks elektronische Messsysteme, die bei modernen PKW den Luftdruck der Reifen kontrollieren.

Dieser komplexe Hintergrund Szekessys zwischen ökologischer Landwirtschaft, technischer Begeisterung und wissenschaftlicher Kontrolle der Effiziens haben einen Typus Unternehmer geschaffen, der Natur und Technik in Einklang bringt.

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* Alfred Rexroth war Lehrling im Unternehmensverbund Der kommende Tag. Hier kam er 1921 in Kontakt mit der Anthroposophie. Rexroth wie auch Wilhelm Barkhoff waren im Schatten der Ruhrgebietszechen aufgewachsenen und wurden Gründer der heutigen GLS-Bank e.G.. Nach der Gemeinnützigen Treuhandstelle e.V., die seit 1961 mit Spenden und Stiftungsgeldern gemeinnützige Projekte unterstützt, entstand 1974 mit der GLS Gemeinschaftsbank die erste sozialökologische Bank.

Fortsetzung folgt


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