“Die Bestimmung – Divergent” von Neil Burger

Die Neu-Ferox müssen allerlei Sprünge vollführen um sich der Fraktion anschließen zu dürfen. Shailene Woodley (rechts) und Zoë Kravitz (links) in

Die Neu-Ferox müssen allerlei Sprünge vollführen um sich der Fraktion anschließen zu dürfen. Shailene Woodley (rechts) und Zoë Kravitz (links) in “Die Bestimmung – Divergent”

Es können kaum genügend Jugendbücher geschrieben werden, so fallen die Produktionsstudios in Hollywood über die Romanstoffe für Teenies her, um Helden und – viel eher – Heldinnen der Gegenwartsliteratur in der Cliquengemeinschaft auch auf der Kinoleinwand aufleben zu lassen. Die Gemeinsamkeiten sind zahlreich und einfach zu durchschauen: aufstrebende Darstellerin im selben Alter wie das Zielpublikum, eine romantische, aber zuerst komplizierte Liebelei und ein Setting irgendwo in einer Fantasiewelt oder der fernen Zukunft. Unter diesen Bedingungen funktionieren die Chroniken der Unterwelt, Beautiful Creatures oder gar Die Tribute von Panem. Zu letztgenannten Film, der es immerhin schon in die zweite Runde geschafft hat, sucht Die Bestimmung – Divergent von Neil Burger am ehesten die Nähe.

Eine Gesellschaft, unterteilt in fünf Fraktionen, bei der jede Gruppierung für bestimmte Arbeiten zuständig ist: die Altruan gelten als selbstlose Helfer (Arztwesen), die Ferox sind furchtlose Beschützer der Gesellschaft (Militär), die Ken sind Gelehrte, die auf jede Frage eine Antwort wissen (Wissenschaft), die Candor sprechen immer die Wahrheit (Justiz) und die freundlichen und friedfertigen Amite, die sich um den Anbau von Nahrungsmitteln kümmern (Landwirtschaft). Wie jede gute Heldin, fühlt sich Tris keiner Fraktion zugehörig. Ein Test bescheinigt ihr, dass sie eine Unbestimmte ist, äußerst ungern von der Gesellschaft gesehen, da die Unbestimmten sich nicht in das vorgefertigte Muster einordnen, sondern als Freigeister gelten. Deshalb setzt Tris alles daran, unentdeckt zu bleiben. Sie schließt sich den Ferox an, um dort ihren Mut und Tatendrang auszuleben, kommt dabei aber einer Verschwörung auf die Schliche, die mehrere Fraktionen einbeziehend, nichts Gutes für sie und andere Unbestimmte bedeuten würde.

Tori (Maggie Q) testes Tris, in welche Fraktion sie gehört

Tori (Maggie Q) testes Tris, in welche Fraktion sie gehört

Damit findet sich Tris, gespielt von Shailene Woodley (The Descendants), in bester Gesellschaft mit all den anderen Heldinnen, die immerzu ihren Platz in der Welt suchen, sich irgendwie anders fühlen als alle anderen. Was von Beautiful Creatures bis Chroniken der Unterwelt nie so richtig zu begeistern wusste, da alles wie ein armseliger Abklatsch der Harry Potter und Twilight-Welten wirkte, ist hier überraschend stark von Buch zu Film übersetzt worden. Das überstürzt-schnelle Erzählen wird von Regisseur Neil Burger fallen gelassen. Er nimmt sich Zeit für Figuren und Handlung, verweilt fast ausschließlich bei der Ausbildung von Tris zum Ferox, zeigt Freundschaftsentwicklungen, Feindschaften, sowie die natürlich nicht fehlende Liebesschmacht, ausgerechnet zu ihrem Ausbilder – eingefügt in eine Sci-Fi Welt eines zerfallenden Chicagos, das aus Höhlenkomplexen und spartanischen Dorfkonstruktionen besteht. Auf der reinen Bildebene kann Divergent mit Großproduktionen wie Die Tribute von Panem durchaus mithalten. Schauwerte hat der Film bei seinen Landschaftskulissen. Immer wieder wird die Skyline Chicagos in den Mittelpunkt gestellt, die einer Trümmerlandschaft gleicht, mitsamt eines gigantischen um die Stadt errichteten Zauns, von dem wir hier erst einmal nur erfahren, dass er nicht ohne Grund errichten worden ist. Schwach ist allenfalls das Ende, das dann doch wieder überstürzt inszeniert scheint, als wäre Burger hier plötzlich unter Druck gewesen, seine vorangestellten Ausführungen doch noch irgendwie kurz und knapp zum Abschluss zu bringen. Schade, dass er hier nicht noch zwanzig Minuten mehr Zeit bekommen hat, es hätte dem Film sicherlich nicht schlecht getan.

Shailene Woodley ist eine weitere Stärke des Films. Gegenüber ihren Kolleginnen, die diversen Romanfiguren versucht haben Leben einzuhauchen und kläglich gescheitert sind, schafft sie es eine gewisse Spannung aufzubauen. Wenn Tris ihre Franktionsentscheidung treffen muss – ein Initiationsritus, der an den sprechenden Hut in Hogwarts erinnert – wartet man ebenso gebannt ihre Entscheidung ab, wie man in einem anderen Moment ihre Anspannung zu fühlen glaubt, wenn sie von einem Hochhaus in ein schwarzes Loch hinunter springen muss. Es ist der Beweis ihres Mutes auf dem Weg ins Ungewisse.

Tris verliebt sich natürlich ausgerechnet in ihren Ferox-Trainer Four (Theo James)

Tris verliebt sich natürlich ausgerechnet in ihren Ferox-Trainer Four (Theo James)

So plakativ das Erwachsenwerden hier vorgeführt wird, mit all seinen Entscheidungen, Lossagung von den Eltern, dem alleinigen Beschreiten eines Weges, mit Hürden und Aufgaben, mit Bewertungen und Niederlagen, so wertvoll sind doch all diese erzeugten Bilder für die Zielgruppe. Um einmal mehr den Bezug zu anderen Filmvertretern dieses Genres zu suchen: Wo andere Jugendbuchverfilmungen den Fokus auf das romantische Miteinander legen, dabei allzu triefend-schmalzig selbst bei den Angesprochenen zwar ein Kichern, aber auch ein Augenrollen provozieren, da hält Regisseur Neil Burger akzeptabel das Gleichgewicht. Die Welt der Zukunft interessiert ihn weitaus mehr. Er erforscht sie gerade genug, um als Jugend-Sciencefiction durchzugehen, widmet sich nicht zu tiefgreifend den dystopischen Fundamenten dieser Gesellschaft der Fraktionen, zeigt aber doch genug um die Fantasie anzuregen.

Natürlich wird sich Autorin Veronica Roth, die für die Buchreihe verantwortlich ist, sehr darüber freuen, dass Hollywood bereits die beiden Fortsetzungen bestätigt hat und damit ein scheinbar funktionierendes Franchise im Entstehungsprozess ist, wo andere Jugendbücher ihre filmische Fortsetzung noch nicht gesichert haben. In Divergent hat am Ende alles gepasst: die Drehbuchautoren Evan Daugherty und Vanessa Taylor haben aus der Vorlage das Bestmögliche heraus geholt, Regisseur Neil Burger hat es verstanden, die Geschichte publikumswirksam auf die Leinwand zu bringen und in Shailene Woodley hat man eine der wohl fähigsten und vielversprechendsten Nachwuchsschauspielerinnen gewinnen können, die nicht nur Drehbuchzeilen lesen, sondern ihnen auch Leben einhauchen kann.


Divergent_Plakat”Die Bestimmung – Divergent„

Originaltitel: Divergent
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 139 Minuten
Regie: Neil Burger
Darsteller: Shailene Woodley, Theo James, Ashley Judd, Jai Courtney, Ray Stevenson, Zoë Kravitz, Miles Teller, Maggie Q, Kate Winslet

Kinostart: 10. April 2014
Im Netz: bestimmung-filme.de

Bilder © Concorde Filmverleih GmbH 



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