“Die Bahn muss weg!” – F.A.Z. Podiumsdiskussion „Flughafenausbau ohne Ende?“

Es ist Mittwochabend, Holzfoyer der Oper Frankfurt. Die F.A.Z. veranstaltet ein Bürgergespräch zum Thema „Flughafenausbau ohne Ende?“. Auf dem Podium sitzen der Fraport-Vorstandsvorsitzende, Stefan Schulte, der Vertreter der Frankfurter Bürgerinitiativen gegen Fluglärm, Helmut Mader, und als Moderator der Pro-Fraport-F.A.Z.-Herausgeber-Kommentator, Werner D’Inka.

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Flughafen Frankfurt: Podiumsdiskussion um Expansion, Landebahn und Fluglärm – Foto: © Torsten Klemm / pixelio.de

Kurz vor Ende der Veranstaltung bricht es sich dann Bahn: Das Auditorium brüllt „Die Bahn muss weg!“ mit der gleichen Inbrunst, mit der Eintracht-Fans einst in der Frankfurter Commerzbank-Arena skandierten: „Funkel raus!“.

Was war geschehen?

Unabhängig von der Frage, ob durch den Bau der Nordwest-Landebahn Ende 2011 neue Arbeitsplätze entstehen – siehe dazu: Der Tanz um das Goldene Flughafenkalb – argumentiert der Fraport-Chef technisch, die Gegenseite menschlich. Ein Redner aus dem Plenum verweist auf volle Arztpraxen und die Tatsache, dass nachweislich schon mehrere Menschen unter dem Dauerlärm der neuen Einflugschneise gestorben seien. Werner D’Inka verwahrt sich gegen die Diffamierung des Fraport-Chefs, der wiederum auf die ausgewogenen demokratischen Prozesse im Vorfeld des Flughafenausbaus verweist.

Mit der Gelassenheit einer schwerhörigen Buddha-Figur doziert Stefan Schulte aus den eigenen Unterlagen, wonach die Fluglärmbelastung durch die neue Landebahn insgesamt geringer geworden ist. Im Publikum kocht es erneut hoch: „Der lügt doch!“ „Wo denn?“ Werner D’Inka sieht nicht nur einmal die bürgerlichen Maßstäbe im Auditorium verrutschen. Im fehlt sichtbar der Hammer, um die Gäste zu Ruhe und Ordnung anzuhalten. Nach einer Analyse des Deutschen Fluglärmdienstes hat die neue Landebahn das verlärmte Gebiet netto um ca. 1000 km² vergrößert.

Überhaupt Werner D’Inka. Der Vertreter der Bürgerinitiativen, Helmut Mader, kritisiert offen die Pro-Fraport-Berichterstattung der F.A.Z. Der F.A.Z.-Herausgeber rutscht nervös nach links und nach rechts und findet erst dann wieder seine souveräne Mitte, als Helmut Mader überraschend seinen Griff lockert und dem Leitmedium insgesamt doch eine gute Qualität zugesteht.

Zur Beratung und Unterstützung des Vorstands gibt es bei der Fraport AG einen ständigen Beraterkreis, der das Unternehmen in wichtigen Fragen der Wirtschafts- und Luftfahrtentwicklung und in wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftspolitik beraten soll. Der Vorstand der Fraport AG nimmt an den Sitzungen des Beraterkreises teil. Von 1996 bis 2003 war F.A.Z.-Herausgeber Dr. Jürgen Jeske Mitglied dieses Kreises. Von 2003 bis heute ist es der F.A.Z.-Herausgeber Holger Steltzner.

Eine unabhängige Berichterstattung ist unter diesen Umständen nicht möglich!

Schließlich landet Helmut Mader aus dem Nichts einen unglaublichen Treffer ins Schwarze. Um die Grenze des Wachstums für den Frankfurter Flughafen in der dicht besiedelten Rhein-Main-Region aufzuzeigen, sagt er unvermittelt: „Sie können auf dem Main auch keinen Hochseehafen bauen!“

Bravo und Hochrufe aus dem Publikum, die nicht enden wollen. Ungläubiges Staunen der drei Herren auf dem Podium. Sie lächeln nun, fast schon wissend. So einfach kann Wahrheit sein. Es käme ja schließlich auch niemand auf die Idee, mitten im Central-Park in New York eine neue Landebahn zu eröffnen, nur um internationalen Umsteigeverkehr an sich zu ziehen!

 „Wir führen keine Statistik!“

Nach der Veranstaltung komme ich mit einem normalen Fraport-Mitarbeiter ins Gespräch. Er wolle sich von beiden Seiten ein Urteil bilden. Daher sei er hier gewesen. Fraport gebe oft die falschen Informationen raus, die Leute seien einfach nicht informiert. Er berichtet von Kollegen, die mit großem Engagement für ihren Arbeitgeber Fraport arbeiteten, bis sie von den Auswirkungen der neuen Landebahn an ihrem Wohnort völlig überrascht wurden. Viele seien jetzt krank bzw. arbeitsunfähig.

Manchmal gibt Fraport auch überhaupt keine Informationen raus, sage ich zu ihm. Als Fraport wenige Monate nach Eröffnung der Nordwest-Landebahn Anfang 2012 vermeldete, dass bereits 7000 Jobs rund um den Flughafen entstanden oder bereits fest eingeplant seien, fand das ARD-Politikmagazin Report Mainz nach einer Recherche heraus, dass der größte Teil davon eine Verlagerung innerhalb der Region war.

Nach dieser Pleite hat Fraport seine Kommunikation geändert. Sie können nun bei dem Unternehmen anrufen, wo sie wollen, die Antwort ist immer die gleiche: „Wir führen keine Statistik über neue Arbeitsplätze am Flughafen, fragen Sie bitte bei den Unternehmen selbst nach.“

Fraport behauptet nur noch.

ein Artikel von Claus Folger

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Lesen Sie auch:
Frankfurt: “Der Tanz um das Goldene Flughafenkalb”
– Teil 1 von 4 Mit Vorwort Artikel als Audio-Beitrag
– Teil 2 Propaganda und Lügen
– Teil 3 Jetzt spricht der Mittelstand
– Teil 4 Die Wahrheit über “Deutschlands größte Arbeitsstätte”

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Quellen – weiterführende Links

Lufthansa Airbus A 380 D-AIMB (Heckansicht) – Foto: © Torsten Klemm / pixelio.de


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