Der wahre Feind des radikalen Islam

Debatten über den Islam gibt es wahrlich nicht zu wenige. Wovon es aber zu wenig gibt, sind ehrliche und und sinnvolle Debatten über den Islam. Vieles ist bestenfalls von Halbwissen geprägtes Geplärre, als Kritik getarnter Rassismus oder aber übertriebene Rücksichtnahme und ein falsch verstandener Liberalismus, der keinerlei kritische Betrachtung mehr erlaubt. Genau die braucht es aber, wenn wir uns den Problemen stellen wollen, die der Islam mit sich bringt. Und dass er Probleme mit sich bringt, kann niemand ernsthaft in Frage stellen. Nicht weniger problematisch ist aber unsere Haltung zu ihm.

Der erste Schritt wäre ein Anerkennen dessen, dass der radikale Islam ein Teil des Islam ist. Das mag sich banal anhören, aber sowohl innerhalb wie auch außerhalb der islamischen Welt neigen viele zu der Interpretation, dass Attentate wie das von Paris oder radikale Auslegungen „unislamisch“ und kein Teil der Religion sein. Das ist Unsinn. So archaisch und weitab der gängigen Lehre die radikale Auslegung, der zum Beispiel der Islamische Staat anhängt, auch sein mag – sie ist genau so ein Teil davon wie liberale Auslegungen (die in der Wahrnehmung vieler Kritiker auch nicht stattfinden, deswegen aber nicht weniger real sind). Nicht die einzige, nicht die einzig wahre und sicher auch nicht die einzig mögliche, aber ein Teil davon. Dies zu bestreiten, ist weder intellektuell aufrichtig noch hilfreich. Der Islam muss sich selber dieser Problematik stellen. Wir anderen dürfen sie aber nicht aus falsch verstandener Rücksichtnahme unter den Tisch kehren, sondern die Probleme ehrlich analysieren und ansprechen. Und dann auch die Konsequenzen daraus ziehen.

Aktuell sind es vor allem zwei große Fehler, die es aufzulösen gilt.

Der eine ist, dass wir Teile des radikalen und rückständigen Islam nicht als solche betrachten, sondern als Partner und Verbündete. Das ist falsch und absurd. Staaten wie Saudi-Arabien sind weder Freunde, noch Garanten für Stabilität und Frieden und schon gar keine Partner im Kampf gegen die Terror. Sie sind rückständige Diktaturen, die auf genau der menschenverachtenden Auslegung des Islam beruhen, auf dessen Boden auch Al-Quaida, der IS oder Boko Haram stehen. Wir sollten endlich anfangen, sie auch als solche zu behandeln. Das bedeutet nicht, dass sie jetzt Kriegsziele wäre. Das bedeutet aber auf alle Fälle, dass wir sämtliche Formen von militärischer Unterstützung, Waffenlieferungen und ähnliches umgehend einstellen sollten und jede Form von wirtschaftlicher Kooperation an enge Bedingungen im Bereich Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratisierung knüpfen sollten, anstatt aus wirtschaftlichen Interessen die Probleme unter den Tisch zu kehren und so zu tun, als stünden wir auf derselben Seite. Das tun wir nicht und dafür zahlt die Welt seit längerem einen viel zu hohen Preis. Die taktisch geprägte Realpolitik der letzten Jahrzehnte ist auf der ganzen Linie gescheitert. Es ist höchste Zeit, sie durch eine Politik zu ersetzen, die tatsächlich auf den Werten basiert, die uns angeblich so wichtig sind.

Der zweite Fehler, den viele von uns begehen, liegt darin, den Islam als Ganzes pauschal zu verteufeln und abzulehnen und die liberalen Teile dieser Religion – die es genau so gibt wie in jeder anderen Religion auch – zu ignorieren und mit auszugrenzen. Das ist nicht nur intellektuell unaufrichtig und moralisch verwerflich, es spielt vor allem den Radikalen in die Hände. Ein zentrales Ziel des Terrors ist, einen Kampf der Kulturen herbeizubomben, in dem sich Fundamentalisten wie der IS als Schutzmacht der Muslime vor den angeblichen westlichen Kreuzrittern gerieren können. Jeder Muslim, der vor dem Terrorregime des IS flieht, statt das Kalifat als die Erfüllung seiner religiösen Träume zu betrachten, führt diese Geschichte ad absurdum. Genau deswegen rücken auch die Flüchtlinge in den Fokus des IS. Wenn die Terroristen es schaffen, den Spalt zwischen ihnen und den gemäßigten Muslimen zwischen diese und uns zu verschieben, haben sie ein zentrales Ziel erreicht. Dieser perfiden Logik müssen wir uns in jedem Fall verweigern.

Der größte Feind einer radikalen, fundamentalistischen Religion sind nicht Militärschläge und Überwachungsmaßnahmen. Der größte Feind ist Liberalismus und Aufklärung – in allen Gesellschaften und in allen Religionen. Je weiter der liberale Islam in moderne Welt integriert ist, desto weniger Nährboden hat der radikale Islam.

Ich habe Zweifel an der momentan innerhalb der Linken verbreiteten Variante, die die Ursachen des Terror nur auf die Politik des Westens reduziert und uns glauben machen will, dass er sofort beendet wäre, würden wir nur aufhören, uns im Nahen Osten einzumischen. Das ist zu einfach und es ignoriert auch viele andere Faktoren innerhalb der Staaten und Gesellschaften dort. Ich habe ebenfalls massive Zweifel, dass es zum militärischen Vorgehen gegen den IS eine wirkliche Alternative gibt. Aber sie muss eingebunden sein in eine konstruktive Politik in der Region und einen ehrlichen Umgang mit den Muslimen dort und hier.

Wir können das Problem des radikalen Islam nicht alleine lösen. Aber unseren Teil müssen wir beitragen und endlich damit aufhören, die gleichen Fehler wieder und wieder zu machen.


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