Der Kern von MFT ist Kompaktheit

Micro FourThirds hat auch zur diesjährigen photokina ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Sowohl Panasonic als auch Olympus haben neue MFT-Kameramodelle und -Objektive angekündigt. Und wieder fragen Kommentatoren, weshalb Olympus nicht endlich ein Voll- oder Mittelformatsystem lanciert?

Wer solche Fragen stellt, hat den Kern von MFT nicht verstanden. Beim System von Olympus und Panasonic dreht sich alles um Kompaktheit! Kein anderes kann vergleichbare Transportabilität bei gleichzeitiger Erfüllung professioneller Ansprüche bieten. Zwar sind die Gehäuse von Sonys APS-C-Kameras auch kaum größer, doch spätestens wenn es darum geht auch Objektive einzubeziehen ist MFT klar im Vorteil.

Natürlich bieten größere Sensoren mehr Reserven in Sachen Schärfentiefe (Bokeh), High-ISO und Auflösung. Aber wie viel ISO und Auflösung brauchen wir denn überhaupt?

Folgt man der Kritik mancher Experten müsste man glauben, dass Fotos auf professionellem Niveau vor wenigen Jahren noch unmöglich waren. Vor einer Dekade waren mehr als 12 Megapixel selbst in der Profiklasse eher Ausnahme als Regel, und bereits geringes Anheben der Empfindlichkeit führte zu Rauschen wie die Sau. Die Profimodelle von damals steckt heute jede Einsteigerkamera in die Tasche.

Gespiegelt sehe ich die enorme technologische Entwicklung der letzten Jahre in der Qualität dessen was uns täglich auf Postern, Plakaten, in Anzeigen, Inseraten und im Internet begegnet nicht. Die Ästhetik mag sich geändert haben, doch qualitativ lässt sich kein relevanter Unterschied ausmachen. Professionelle Aufnahmen waren vor zehn Jahren so bestechend wie heute. Man muss Aufnahmen schon am Monitor in der 100-%-Ansicht unter die Lupe nehmen, um markante Unterschiede zu identifizieren.

Es ist keine Frage: Voll- und Mittelformat schlagen MFT qualitativ um Längen. Allerdings erst in den Bereichen wo MFT an seine Grenzen stößt. Doch um jenseits dieser Grenzen aus einer Kamera herauszuholen was in ihr steckt, genügt es nicht sie draufzuhalten und abzudrücken! Um den Mehrwert leistungsfähigerer Sensoren zu nutzen muss man neben der fotografischen Kompetenz auch den Willen aufbringen aufwändiger zu arbeiten.

Die Kernkompetenz von MFT findet sich nicht in der hochpräzisen Arbeit, sondern in spontaner Leichtigkeit. Das System kann einen unbeschwert auf allen Wegen begleiten, ist stets zur Hand und ist auch nach Stunden nicht ermüdend – weder beim Transport noch bei der Fotosession. In gewisser Weise ist MFT das System zum draufhalten und abdrücken.

Weshalb sollten Panasonic und Olympus auf Voll- oder Mittelformatsysteme umstellen? Letzteres kann sich ohnehin kaum jemand leisten. Und Vollformat? Gibt es  nicht genug davon!? Nikon hat es, Canon hat es, Pentax ebenso, und Sony und Leica bieten es spiegellos.

Noch größer ist die Auswahl bei APS-C. Neben Canon, Nikon, Sony und Pentax findet man hier auch von Fuji erfolgreiche und eigenständige Modelle.

Selbst im Mittelformat ist die Auswahl groß: Zu Phase One, Hasselblad, Pentax und Leica gesellt sich nun auch Fuji. Finden sich in diesem Nischenmarkt nicht schon genug Systeme?

Pentax und Olympus teilen sich gemeinsam ein einzigartiges System, das sich von Voll- und Mittelformat völlig unterscheidet und auch noch zu APS-C einen sinnvollen Kontrast bildet. Dabei sind die beiden Marken unterschiedlich genug echte Alternativen zueinander zu bilden und den unterschiedlichen Typen von Fotografen für die das kompakte System in Frage kommt gerecht zu werden.

Ein Umstieg der beiden auf Systeme mit größeren Sensoren wäre ein Verlust für den Fotomarkt, denn eine besonders kompaktes System ginge dadurch verloren. Ein zweites System parallel zu MFT zu entwickeln und zu pflegen würde wohl die Ressourcen spalten und weder einem neuen System noch MFT nutzen.

MFT ist gut wie es ist und wie es sich entwickelt und wir alle sollten froh sein es zu haben.

Ich schätze die Innovationen von Sony und Fuji sowie die Kameras von Nikon aus eigener Erfahrung. Ich respektiere und bewundere Leute die mit Mittelformat fotografische Kunstwerke gestalten. Dasselbe gilt für die Künstler die mit Leica die Straßen heimsuchen und uns berührende Impressionen aus dem Leben der Menschen einfangen. Trotzdem bin ich ein anderer Fotograf und arbeite am liebsten mit MFT, weil mir das System Leichtigkeit, Spontanität und Freude vermittelt.

Natürlich beginnt MFT an seine technischen Grenzen zu stoßen. Zwar gibt es noch Potenzial bei Rauschverhalten und Dynamikumfang. Doch in Sachen Auflösung sehe ich nicht mehr viel Raum nach oben. Jenseits der 20 Megapixel wird die Beugungsunschärfe sehr wahrscheinlich ein unüberwindliches Hindernis darstellen, sofern die Programmierer keine Wunderwaffe dagegen erfinden. Olympus regelt nicht umsonst bei seinen Kamera im hochauflösenden Modus bei Blende ƒ8 ab. Bei 40 Megapixel nimmt der kleine Sensor über ƒ8 nur mehr Matsch auf.

Ein Drama ist die Grenze der Auflösungsfähigkeit allerdings nicht.

Mit 20 Megapixel erreicht der Fotograf ganz locker A3 bei 300ppi Auflösung. Höhere Druckauflösungen als 300ppi sind zwar möglich, bringen aber nicht mehr viel, da auch unsere Augen Grenzen im Auflösungsvermögen haben. Schärfere Details in der Wiedergabe würden also quasi in der Unschärfe unserer Augen untergehen.

Natürlich muss man mit 20MP Abstriche bei der Auflösung bei Wiedergaben über A3 machen. Doch noch bei A1 (immerhin 594×841mm) ergibt sich damit eine Auflösung von 150ppi. Wer jetzt glaubt, dass die Hälfte der empfohlenen Auflösung eine absolute Katastrophe sein muss, sollte sich einmal einen Druck eines 150-ppi-Bildes genau ansehen. Sehr genau! Denn man muss schon sehr nahe hingehen und sehr genau hinsehen, den Qualitätsmangel der geringen Auflösung zu erkennen. Aus der Distanz aus der ein A1-Poster normalerweise betrachtet wird ist die Frage ob 300ppi oder 150ppi völlig irrelevant.

Um noch einmal früher zu zitieren: Kann sich jemand erinnern vor zehn Jahren unscharfe Großflächenplakate gesehen zu haben? Damals hatten selbst professionelle Digitalkameras wie gesagt oft nur 12MP. Für ein 16-Bogen-Plakat musste diese Auflösung auf 336×238cm aufgeblasen werden. Bei 12MP ergibt sich dann eine Auflösung von 30ppi. Ist jemals jemandem aufgefallen, dass diese Plakate damals nur mit 30ppi gedruckt wurden?

Genau genommen werden sie auch heute noch mit 30ppi gedruckt, denn die Druckraster dieser Plakate sind so grob, dass mehr als 30ppi gar nichts bringen würde. Trotzdem sehen wir keinen Qualitätsmangel, da wir die Plakate aus so großer Distanz betrachten, dass unsere Augen die grobe Auflösung nicht erfassen.

Natürlich ist eine MFT-Kamera kein Arbeitsgerät für einen Werbefotografen der Motive für Plakatwände von drei und mehr Metern Breite aufnimmt. Natürlich gibt es Motive die von der präziseren Detailschärfe von Voll- und Mittelformatkameras auch bei Postern unter Plakatwandformat profitieren. Doch diese Präzision erreicht man nicht mehr indem an aus freier Hand fotografiert.

Hochauflösende Aufnahmen wirken beim Fotografieren aus freier Hand wie eine Lupe für das Zittern unserer Hände. Wer glaubt Bildstabilisierung könne das kompensieren irrt! Bildstabilisierung ermöglicht aus freier Hand bei deutlich längeren Verschlusszeiten relativ scharfe Aufnahmen. Sie ist aber gleichzeitig keine gute Zutat für absolut scharfe Aufnahmen.

Wer maximale Detailschärfe aus einem Bildsensor heraus kitzeln möchte, stellt seine Kamera am besten auf ein massives Stativ und die Bildstabilisierung ab. Nutzt man dann auch noch Spiegelvor- und Fernauslösung steht bestechend scharfen Aufnahmen nichts mehr im Wege.

Doch genau das ist nicht die Arbeitsweise für eine Kamera die auf Kompaktheit und Leichtigkeit getrimmt ist. Wer ein schweres Stativ mit zur Location schleppt hat nur mehr wenig Grund bei der Kamera und den Objektiven Gramm zu zählen.

Die Lupenwirkung der Auflösung für Verwackelung der Kamera ist übrigens auch der Grund weshalb die Sache mit dem Crop aus dem Bild schneiden wenn die Brennweite wieder einmal nicht reicht nicht so recht funktioniert, denn einen scharfen Crop gibt es nur bei einer scharfen Aufnahme. Leider werden umso mehr Aufnahmen nicht so 100% scharf ausfallen je höher die Auflösung ist.

Es gibt Mittelformatkamerasysteme mit denen sich bei fachgerechter Anwendung und dem notwendigen Aufwand Kunstwerke gestalten lassen die mit anderen Kameras unerreichbar sind. Vollformatkameras bieten Spitzenleistungen ohne, dass für sie der Preis eines Mittelklassewagens zu bezahlen ist – sie sind gut und dennoch nicht übergroß. Und es gibt kompakte Systeme wie MFT, die dadurch glänzen, dass sie auch ohne krummen Rücken professionelle Qualität bieten, auch wenn ihre Grenzen etwas enger gesteckt sind.

Freuen wir uns über die Auswahl, und dass jeder Fotograf findet, was am besten zu ihm passt, und hören wir auf Dinge zu kritisieren die außerhalb unseres individuellen Horizonts liegen. Dinge sind nicht deshalb schlecht, nur weil sie nicht das Richtige für uns sind!


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