Der Holzweg der Hundehalter – und wie man ihn verlassen kann

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Auf meinem Schreibtisch liegt ein Buch über Hundeernährung aus dem Jahr 1998. Es ist ein sehr undogmatisch geschriebenes Buch, das ganz selbstverständlich erklärt, wie man einen Hund ganz unkompliziert durch die eigene Zusammenstellung der Rationen ernähren kann. Kein Konzept wird erwähnt, kein Fertigfutter angepriesen oder schlechtgemacht. Ganz einfach und selbstverständlich wird erläutert, was Hunde brauchen und wie man ihnen das zur Verfügung stellt. Geschrieben von zwei Fachtierärztinnen für Tierernährung und Diätetik.

Dieses Buch ist beinahe 20 Jahre alt. Das ist eine Weile her und seitdem scheint eine Menge passiert zu sein. Hundeernährung ist kein einfaches Thema mehr. Es ist eine hochkomplizierte Angelegenheit geworden, über die man nicht einfach nur diskutiert, nein, es wird gestritten und sich aus den verschiedenen Meinungslagern gegenseitig bekämpft. Es wird sich angefeindet, niedergemacht, beschimpft und das alles wegen einer Angelegenheit, die im Grunde genommen eine Nebensächlichkeit ist.hundeschule

Das exakt gleiche Bild zeigt sich, wenn es um die Hundeerziehung geht. Es ist ein regelrechter Glaubenskrieg entstanden darüber, wie man einen Hund am besten in die menschliche Welt integriert. Und während die Hunde immer schwieriger zu werden scheinen, sprießen Hundeschulen und Hundetrainern wie Pilze aus dem Boden. Es wird sich gestritten, gezankt, ob der Hund nun gehorchen muss oder nicht, ob man dem Hund eine Blechschüssel um die Ohren hauen darf oder ob schon ein Wort wie “nein” einen Gewaltakt in der Hundeerziehung bedeutet. Hundehalter zerbrechen sich den Kopf darüber, ob sie vor ihrem Hund durch die Tür gehen dürfen und ob der Hund auf die Couch darf.

“Die wahre Gefahr für die Menschheit liegt darin, dass sie mangels natürlicher Maßstäbe nicht mehr Gerade und Ungerade unterscheiden kann und damit geneigt ist, jedem Scharlatan auf den Leim zu gehen. Am besten bekommt dies natürlich der Industrie, die dem Menschen einhämmert, dass er nur dann etwas ist, wenn er genügend Geld erwirbt, um alle die unnützen Wegwerfartikel zu kaufen.” (Eberhard Trumler)

Eberhard Trumler – geboren am 22. Oktober 1923 in Wien, gestorben am 4. März 1991 in Wolfswinkel/Birken-Honigsessen, war österreichischer Verhaltensforscher und gilt als der “Nestor “der Kynologie (Hundekunde) im deutschsprachigen Raum – hat mit diesem Satz die exakte Problematik der heutigen Zeit wiedergegeben. Und das, obwohl er schon über 20 Jahre nicht mehr lebt.

Was sind natürliche Maßstäbe?

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Meine Oma wurde im Jahr 1920 in Breslau (damals die Hauptstadt der deutschen Provinz Schlesien, heute Polen) geboren. Als der 2. Weltkrieg ausbrach, war sie noch recht jung, am Ende dieses Krieges brachte sie ihr erstes Kind zur Welt, wenige Jahre später ihr zweites und flüchtet schließlich mit ihrer Familie hierher. Ihr Leben war geprägt von großen Herausforderungen, das Hauptaugenmerk darauf ausgerichtet, ihre Familie und sich selber mit dem zu versorgen, was man zum Leben braucht. Für Luxus gab es keinen Platz in ihrem Leben, sie hat auch nie danach gestrebt. Ob sie jemals in Urlaub gefahren ist? Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern.

Hundeschulen waren damals noch eine Seltenheit. Auch Fertigfutter für Hunde war noch nicht so verbreitet. Es gab kein Internet, wenige Hundebücher standen den Menschen zur Verfügung, zumal man sich diese von irgendwo her besorgen musste. Die Menschen verließen sich noch auf ihr natürliches Verständnis für die Zusammenhänge. Man kochte noch ordentlich für sich selber und stellte die Mahlzeiten oft nach dem zusammen, was zur Verfügung stand und was man sich leisten konnte. So auch für den Hund. Kaum jemand kam auf die Idee, dass es schädlich wäre, einem Hund die Reste zu geben. Etwas wegwerfen? Wer einen Krieg erlebt hat, wohlmöglich gehungert hat, der wirft nichts weg.

Meine Oma kannte keine Barfpläne, hatte keine Zeit zu recherchieren, was ein Hund für einen Nährstoffbedarf hat, Geld für teure Hundebücher war einfach nicht da. Sie hatte kein Internet, wo sie etwas hätte nachlesen können und ihr wäre nie in den Sinn gekommen, dass Ernährung etwas kompliziertes sein kann. Genau wie sie und ihre Familie bekam der Hund schlicht das, was da war. Und er wurde von ihr behandelt wie – ein Hund. Er wurde versorgt, ernährt, geliebt und man erwartete einfach von ihm, sich entsprechend an die Regeln zu halten, die seine Menschen aufgestellt haben, damit es sowohl ihm, als auch allen anderen gut geht.

Was ist seitdem passiert?

Genau genommen sind seitdem zwei Dinge passiert. Zum einen ist der Hund zum “Geschäftsmodell” geworden. Man hat entdeckt, dass man durch Hunde viel Geld verdienen kann. Und den Ausmaßen dieser Entdeckung sind keine Grenzen gesetzt. So, wie Eberhard Trumler es oben schon beschrieben hat, hat man es verstanden, den Menschen in ihr Gehirn zu “pflanzen”, dass Hunde diese “Maßnahmen” unbedingt brauchen. Nun glauben heute viele Hundehalter z.B. fest, dass man einen Hund nur ernähren kann, wenn man ein Futter wählt, dem exakt in Menge und Verhältnis genau die Nährstoffe zufügt werden, die der Hund laut in Tierversuchen ermittelten Standartwerten benötigt.

Das zweite, das passiert ist, ist eine Verunsicherung der Hundehalter, die natürlich nicht zuletzt durch das erste hervorgerufen wurde. Nun wagen es viele Hundehalter der heutigen Zeit schlicht nicht mehr, ihrem natürlichen Instinkt, Bauchgefühl, oder wie immer man das nennen möchte, zu folgen. Sie trauen sich nicht mehr, weil die Fachwelt ihnen erfolgreich suggeriert, dass sie dazu nicht in der Lage sind, zu dumm sind. Leider geht Wissen, das man nicht mehr anwendet, aber mit der Zeit verloren…

Meine Oma wurde 80 Jahre alt. In ihrem arbeitsreichen Leben ist sie kaum jemals krank gewesen und sie ist ganz schlicht an Altersschwäche gestorben. Sie hatte niemals die Muße, sich damit auseinander zu setzen, ob ihre Ernährung ihren Nährstoffbedarf tatsächlich abdeckt, geschweige denn, dass sie sich diese Gedanken bei ihren Hunden gemacht hätte. Eher das Gegenteil war wohl der Fall, denn einen Großteil ihres Lebens war sie damit beschäftigt, überhaupt genug zum essen zu haben. Sie hätte nie Geld übrig gehabt, einen teuren Hundetrainer zu bezahlen, den sie aber auch nicht brauchte, genauso wie sie niemand gebraucht hätte, ihre Kinder zu erziehen. Sie hatte ein natürliches Verständnis für Hierarchien und obwohl sie ihre Hunde abgöttisch geliebt hat, standen diese in der Hierarchie eindeutig unter ihr. Sie trug die Verantwortung, also hatte sie auch das Sagen. Für einen Hund eigentlich die normalste Sache der Welt.

Was sie ebenfalls nicht hatte, waren tausende Euros, um oft mit dem Hund zum Tierarzt zu gehen. Das wäre ihr auch nicht in den Sinn gekommen, denn die Verantwortung für die Hundegesundheit sah sie als ihre eigene an. Sie wusste noch ganz selbstverständlich, was man tut, wenn ein Hund z. B. mal Durchfall hat. Sie selber ging ebenfalls nicht oft zum Arzt. Zum einen war sie selten krank, zum anderen sah sie auch hier ihre eigene Verantwortung.

Der Hund als Partner

Eigentlich ist noch eine dritte Sache passiert, wenn man einmal auf den Punkt Hierarchien zurück kommt, der Status der Hunde hat sich verändert. Für viele Menschen in der heutigen Zeit ist der Hund fast zu einem Partner auf Augenhöhe geworden. Das ist zwar einerseits nichts schlechtes, weil diesen Menschen das Wohl des Hundes ganz besonders am Herzen liegt. Andererseits “verschwimmt” aber ihr Blick für die hündischen Bedürfnisse, weil sie den Hund nicht mehr richtig als Hund wahrnehmen.

So kommt es dazu, dass der Hund zwar mit keinerlei harten Realitäten konfrontiert werden soll, andererseits jedoch ohne diese “Schule des Lebens” integriert sein soll. Was sind harte Realitäten? Mit harten Realitäten meine ich nicht, einen Hund mit Schlägen oder sonstiger Gewalt zu bestrafen, sondern das Lernen aus Konsequenzen. Konsequenzen sind nicht gleichzusetzen mit Strafen, sondern eine natürliche Folge auf ein Verhalten. Nun findet der Hund häufig in seinem Mensch nicht mehr die verantwortliche “Geschäftsleitung”, sondern ein Wesen, das ihn zwar mit positiven Erlebnissen überschüttet, sich aber überhaupt nicht für die “Gefahrenregelung” eignet. Und ganz einfachen natürlichen Gesetzgebungen zufolge wird ein Hund sich von niemand führen lassen, der nicht dazu in der Lage scheint, ihn zu beschützen, wenn Gefahr im Verzug ist.

Meine kleine Oma war dazu in der Lage, ihrem Hund zu vermitteln, dass sie ihn versorgt und beschützt und das mit ihren gerade mal 160cm Körpergröße. Sie hat diese natürliche “Führungskompetenz” noch gehabt, einfach aus einem Leben heraus, das ihr gar keine andere Wahl gelassen hat, als sich zu behaupten.

Und was machen wir jetzt?

Ja, was machen wir jetzt? Wie können wir zurück finden zu diesen natürlichen Maßstäben? Was können wir tun gegen die “Dämonen der Angst” die uns eingepflanzt werden?

Was können wir tun, damit diese geradezu kriegerischen, hasserfüllten Streitereien und Diskussionen rund um die Hundehaltung ein Ende finden? Wie können wir wieder zu einem friedlichen Miteinander finden, auch zum Wohl unserer Hunde?

Die Antwort darauf ist eine ganz schlichte …

Hör auf die Stimme in dir! Es ist diese leise (und immer leiser werdende) Stimme in dir, die jedes Mal spricht, wenn du ein Unbehagen spürst. Die Stimme in dir, die sagt, dass etwas sich irgendwie “nicht richtig” anfühlt. Diese Stimme, die immer mehr Menschen verdrängen, weil sie ihr nicht mehr trauen. Denn genau diese Stimme steht für das, was man auch “natürlichen Maßstab” nennen kann.

Am Anfang ist das sehr, sehr schwierig, man hat es nämlich verlernt. Es ist so, als wäre man schwerhörig. Man versteht nicht so richtig, was diese Stimme sagt. Manchmal ist man sich gar nicht sicher, ob man die Stimme überhaupt gehört hat. Aber – man kann das üben. Und je öfter man es übt, desto verständlicher wird die Stimme. Bis man eines Tages feststellt, dass die Stimme zu einer klar verständlichen Stimme gewachsen ist. Und eines Tages stellt man voller Verwunderung fest, dass man eigentlich alle Antworten auf die wichtigen Fragen des Lebens in sich trägt …

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