Der global gewordene Protest

Von José Luis Sampedro. Erschienen am 7. Januar 2011 in Público.es.

Und plötzlich ertönte der Ruf »Echte Demokratie jetzt!« und die Bewegung 15-M war geboren. Es ist schwierig, Demokratie »jetzt» zu erlangen, denn Demokratie erfordert demokratische Bildung. Und genau da liegt die Stärke des 15-M: in der Bewusstseinsbildung einer Gesellschaft, die bis zu jenem Moment allem Anschein nach 27 Regierungen unterwürfig war, die sich ihrerseits der Macht des Finanzsektors ergeben hatten.

Osborne-Stier mit 15-M-Graffiti

Aufgenommen am 29. August 2011 an der Landstraße zwischen Madrid und Salamanca.

Die Bewegung 15-M eroberte die Plätze, um zu protestieren, aber auch um an der Ausformung des freien Denkens zu arbeiten. Wir könnten auch sagen, die Bewegung charakterisiert sich durch drei Dinge: das Wort des Volkes auf dem Platz. (Im Spanischen »die Bewegung der drei »p«: la palabra del pueblo en la plaza«.) Genau hier haben wir den Ursprung ihrer Stärke.

Die Bewegung 15-M entsteht aus der Krise, und jede Krise charakterisiert sich im Grunde genommen dadurch, dass das Alte noch nicht ganz tot ist, während das Neue bereits beginnt, das Licht der Welt zu erblicken.

Die Bewegung 15-M ist die Zukunft im Entstehungsprozess. Man wirft ihnen vor, keine sichtbaren Köpfe zu haben. Aber was nutzen uns die sichtbaren Köpfe der 27 Regierungen Europas? Was nutzen uns die sichtbaren Köpfe der Religionen? Die Organisationsform des 15-M kann den gewünschten Erfolg haben oder auch nicht, aber wir dürfen nicht verlangen, dass sie in nur ein paar Monaten alles reparieren können, was die »Organisierten« über Jahrzehnte hinweg zerstört haben.

Sie werden es gut machen, schlecht machen oder nur so einigermaßen machen, aber mit dem, was sie bisher geschafft haben, wurde bereits ein wichtiger Meilenstein erreicht. Wie ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe, sie haben mir das Alter erheitert.

Zur Person:

Der global gewordene Protest

José Luis Sampedro. Bildquelle: Wikipedia

José Luis Sampedro (95) ist Schriftsteller, Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler. 2011 gewann er den Nationalen Literaturpreis des Spanischen Kulturministeriums (Premio Nacional de las Letras Españolas), mit dem sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde.

Sampedro schrieb das Vorwort zur spanischen Ausgabe von Stéphane Hessels »Empört Euch«. Als er im Frühsommer 2011 seine Landsleute über Facebook dazu aufforderte, sich der Diktatur der Finanzsysteme zu entziehen, entwickelte er sich zu einer der Leitfiguren der Bewegung 15-M. Seitdem hat er in Interviews wiederholt langanhaltende Proteste in Spanien vorhergesagt, die die politische Kultur im Sinne der »Indignados« verändern werden werden.


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