Der falsche Inder von Abbas Khider

Der morgen als ich mit einem Hypochonder sprach 032

12.57 Uhr: Im Intercity Berlin-München zieht ein etwas dickerer Umschlag auf dem freien Nachbarsitz, die Aufmerksamkeit des Erzählers auf sich. Er ist Araber-die Schrift auf dem Umschlag ist ebenfalls arabisch. Kein Eigentümer des Päckchens erscheint, dafür aber eine gestresste, multitaskende, am Handy hängende Dame in den besten Jahren. Langes Federlesen gehört nicht zu ihrem Repertoir. Sie platziert den störenden Brief kurzerhand auf den Schoß des Arabers. Dieser ist verständlicherweise etwas brüskiert.

14.16 Uhr: Der Araber öffnet den absenderlosen Umschlag. Er beinhaltet ein in arabischer Schrift verfasstes Manuskript. Der Protagonist beginnt zu lesen. Er liest seine eigene Geschichte.

Es ist die Geschichte eines ungewollt zum Kosmopoliten gewordenen. Es ist die Geschichte einer Jahre währenden Flucht quer über den ganzen Kontinent. Es ist seine Geschichte.

Achtmal wird diese Odysee eines langen Aufbruchs in ein neues Leben, ein Leben ohne Krieg, Tod, Verfolgung, Folter, erzählt. Erzählt aus acht verschiedenen Perspektiven.

Die Binnenhandlung endet als der Araber den Zug mit dem Manuskript verlässt.

14.16: schickt er den Brief ab.

Mit lakonischem Tonfall kreist dieser Roman um Herkunft, Verlust, dem Schreiben, der Liebe und der Leere. Der Protagonist im Manuskript taumelt von einem Ereignis zum nächsten, von einem Land zum anderen. Kindlich naiv ist sein Blick auf die Ereignisse. Berührend ist die Perspektive des Unglücksvogels,  in der der Erzähler sich verantwortlich fühlt für revolutionäre Umbrüche, Erdbeben und andere Gewalten.

Die Flucht glückt, das Leben ist sicherer wenn auch nicht unbedingt einfacher.

Der falsche Inder ist ein Roman der durch die naive Sicht des Erzählers und dem lakonischen Tonfall seine Wirkung entfaltet. Die Aufteilung in Rahmen und Binnenhandlung, sowie die nicht chronologische Ordnung ließen mich am Anfang etwas orientierungslos herumirren. Zweifelsohne gelingt es Khider dem Thema Flucht Alltag zu verleihen und sie in Anteilen miterlebbar oder nachvollziehbar zu machen.

Ein Buch das ich gern gelesen habe, allerdings vermochte erst“Ohrfeige“ von Khider mich wirklich zu berühren. Im Roman der „Der falsche Inder“ fehlte mir die innerliche Auseinandersetzung oder Verarbeitung des Erlebten durch den Protagonisten. Dadurch blieb es für mich zu sehr an der Oberfläche. Der falsche Inder wird vermutlich dennoch ein Buch sein, dass einen festen Platz in meinem Bücherregal einnehmen wird.

Abbas Khider wurde 1973 in Bagdad  geboren und lebt 2000 in Deutschland.

Sein Debütroman „Der falsche Inder“ wurde 2008 veröffentlicht und erschien bei btb.

Ich danke Randomhouse für das Rezensionsexemplar.



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