Der amerikanische Held im Spannungsfeld zwischen Entropie und Hyperrealität

Arnold Schwarzeneggerhat dem weißen Amerikaner wieder das Gefühl gegeben, nicht einer dekadenten, zum Aussterben verurteilten Rasse anzugehören. Das Individualtrauma des weißen Protestanten ist der Neger, der viril, muskulös, aggressiv, potent und verschwitzt ist.. (…)  Der Neger avanciert im kollektiven Imaginären zum „supermale“ der (…) den überzüchteten, schwächlichen, verbildeten, verkümmerten und verfettenden weißen Amerikaner verdrängt.

Hummer by Limo-King, Wikimedia Commons.

Hummer by Limo-King, Wikimedia Commons.

Arnold Schwarzenegger übertrifft nun jede Neger-Imago an Muskulatur, wobei deren negative Eigenschaften wie Schweißproduktion und Triebhaftigkeit wegfallen.“ (Schlachtfelder der elektronischen Wüste von QRT, erschienen im Merve Verlag Berlin 1999)

In diesem dritten und letzten Artikel meiner Reihe über die Entropie, wird der Leser tiefer in die Gedankenwelt von QRT mitgenommen. QRT, oder Konradin Leiner, analysiert in seinem Essay “Schlachtfelder der elektronischen Wüste” die amerikanischen Helden Norman Schwarzkopf, Arnold Schwarzenegger und Black Magic Johnson mithilfe der griechischen Mythologie, medienwissenschaftlichen Ansätzen, Baudrillards Theorie der Hyperrealtät, der Psychoanalyse und dem ihm eigenen Zynismus.

Diese Analyse ist nicht nur lehrreich im Hinblick auf die im Titel enthaltenen und unseren Blog stets auf neue beschäftigenden Phänomene Entropie und Hyperrealität, sondern ist darüber hinaus auch durchaus unterhaltsam wie das Eingangszitat belegt. Angefangen mit dem Golfkriegsgeneral H. Norman Schwarzkopf über den Bodybuilder, Schauspieler und Politiker Arnold Schwarzenegger bis hin zum Werbe- und Basketball Superstar Black Magic Johnson zeigt QRT die Absurditäten unserer Medienrealtität auf.

Schwarzkopf, Sohn eines Militärs der schon von klein auf in amerikanischen Elite-Militär-Akademien ausgebildet wurde, schafft den modernen Soldaten als einen Hybrid aus Informations-, Simulations- und Frontsoldat. Schwarzkopf selbst ist durch seine Kampeinsätze in Vietnam geprägt. Hier vollbrachte er wahre Heldentaten, die in der Geschichte gipfeln, dass eine geheime Botschaft des Vietkong abgefangen wurde, in welcher zu lesen war, man solle der Einheit, welche Schwarzkopf in seinem zweiten Kamfeinsatz befehligte, besser aus dem Weg gehen. Die Erfahrungen des Vietnamkrieges, des kollektiven Traumas der amerikanischen Geschichte, lehren Schwarzkopf über seine Kampferfahrung hinaus, dass die öffentliche Wahrnehmung und das Spiel mit den Medien während des Krieges, entscheidend sind für die Mobilisierung des eigenen Volkes und damit zum Gewinn des Krieges. Des Weiteren erkennt Schwarzkopf, dass der beste Soldat immer perfekt mit der Aufklärung  vernetzt sein muss um als eine Art Schnittstelle aus Informations- und Kampfmaschine zu agieren.

Schwarzkopf Alltag als Soldat zwischen den Kampfeinsätzen ist geprägt durch andauernde Simulationseinsätze, wie sie im modernen Militär durch den Einsatz von Computersimulationen und darauf basierenden Gefechtsproben an der Tagesordnung sind. Die perfekte Adaption der drei Schnittstellen Information, Simulation und Kampf, führten Schwarzkopf letztendlich zum Sieg im Golfkrieg und konstituieren ihn zum amerikanischen Helden.  Als Theoretiker der Hyperrealität sieht QRT darin nicht nur den Grund für Schwarzkopfs Erfolg als General sondern auch eine Erklärung zur Entstehung des Golfkrieges. Dieser fantastische Absatz liest sich so: „Der Irak ist gewissermaßen vom Hyperrealen dazu verführt worden, dessen Gesetz für das Reale zu verifizieren. (…) Das Kriegsspiel ist daraufhin nahtlos in den „realen“ Golfkrieg übergegangen, denn während des Manövers kamen die Bewegungen des simulierten Feindes in den amerikanischen Militärcomputern mit den „realen“ Truppenbewegungen im Irak zur Deckung“. (Schlachtfelder der elektronischen Wüste von QRT, erschienen im Merve Verlag Berlin 1999)

Wie real ist die Welt, wenn Sie von ihren eigenen Simulationen eingeholt wird? Trägt die Simulation zur Entstehung der Realität bei? Die Wechselwirkung  zwischen Simulation und Realität sind so komplex und wirkungsvoll, dass es uns in der postmodernen, hyperrealen und entropischen Gesellschaft kaum noch möglich ist das eigentlich Reale zu identifizieren.

Arnold Schwarzenegger treibt das Spiel der Hyperrealität mit seinem Film „Last Action Hero“  auf die Spitze. Hier spielt Schwarzenegger sich selbst, ist zudem Produzent und Regisseur des Films und karikiert seine eigenen Charaktermaske mit einer Doppelrolle. Darüber hinaus enthält der Film zahllose Referenzen zu früheren Rollen Schwarzeneggers, seiner Karriere als Bodybuilders und zu Konkurrenzproduktionen. Der Film schafft nach QRT eine beispiellose Selbstreferenz auf acht Ebenen, wie zum Beispiel in folgender Szene, in welche Schwarzenegger Shakespears Hamlet auf seine Art nachspielt.

Großartig wird das Buch, wenn die Helden Schwarzenegger und Schwarzkopf aufeinandertreffen: „Das Kommandofahrzeug von Schwarzkopf im Golfkrieg war der „Humvee“. Aufgrund tausender Anfragen wird jetzt der „Hummer“ in einer zivilen Serie gebaut, so daß der Amerikaner mit einem medienkriegstauglichen Vehikel durch sein Land fahren kann, (…). Nur ein einziger militärischer Hummer wurde zum zivilen Gebrauch freigegeben: der für Arnold Schwarzenegger, der den wüstengelben Tarnanstrich schwarz überlackiert und ihn „Terminator“ getauft hat. (…) Die Simulation des Krieges betreibt Mimikry an der Simulation des mediatisierten Krieges, der wiederum das Kino imitiert. Die Future-Version des High-Tech Krieges in Terminator wird vom hyperrealen Krieg eines Schwarzkopf eingeholt.“ (Schlachtfelder der elektronischen Wüste von QRT, erschienen im Merve Verlag Berlin 1999)

(Zu Artikel 1 und zu Artikel 2).

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