Das Telekom Dilemma: Raus aus den USA oder richtig rein?

Blick auf die Telekom Zentrale (Foto Deutsche Telekom)

Blick auf die Telekom Zentrale (Foto Deutsche Telekom)

Deutsche Telekom/T-Mobile will aus den USA aussteigen. Der Verkauf an den Marktführer AT&T schien die perfekte Lösung. Telekom bekommt viel Geld und einen Sitz im AT&T Aufsichtsrat, AT&T bekommt brauchbare Frequenzen für mehr Bandbreite und wird einen nervigen Konkurrenten los. Die Kunden fürchten steigende Preise und lustlosen Service. Verständlich, dass sich die Begeisterung in den USA in Grenzen hält. Und jetzt haben sich das Justizministerium und das Kartellamt gemeldet und stellen den Mega-Deal erst einmal in Frage.

Als seinerzeit Telekom Chef Ron Sommer zur Mobilfunk Einkaufstour in die USA reiste, schüttelten deutsche Beobachter ungläubig den Kopf. Auch in den USA brauchte Sommer einiges an Überzeugungsarbeit, bevor die Deutschen die Kaufverträge unterschreiben durften.

Mobilfunk war in den USA lange komplettes Entwicklungsland. Während GSM (Global Standard for Mobile Communication) in der „alten Welt“ und Asien große Erfolge feierte, schauten die Amis so lange ungläubig zu, bis ihnen dämmerte, daß GSM vielleicht doch nicht soo schlecht sein könnte. Ein GSMA-Kongreß in den USA mit einem kurzfristig aufgebauten GSM 1800 Testnetz, das direkt mit der MSC-Vermitlung der Schweizer Swisscom verbunden war, brachte den Durchbruch. Schließlich erlaubten die USA GSM 1900, später kam 850 MHz dazu, dort hatte es zuvor noch antike analoge Systeme mit dem Namen AMPS gegeben.

„Tiieh Moubel“ (wie T-Mobile in den USA ausgesprochen wird) kaufte ein Sammelsurium an Marken und Netzen und versuchte seinen Kunden ein „Wir Gefühl“ zu vermitteln. Das klappte auch, aber größenmäßig blieb T-Mobile lange unter „ferner liefen“.

Der Mobilfunk in Amerika steckt in einem echten Dilemma.

Weil jeder Anbieter über teilweise „eigene“ Frequenzen (850, 900, 1500, 1700, 1900 MHz, was weiß ich), und unterschiedliche Funk-Übertragungstechnik (GSM, CDMA, WCDMA, evDO etc.) verwendet, ist insgesamt nichts richtig zueinander kompatibel. Was in den USA als 4G verkauft wird, heißt hierzulande 3G, sofern es überhaupt einen Vergleich gibt. T-Mobile hat das Problem, dass deren 3G/4G Frequenzen wo ganz anders liegen, als im Rest der Welt üblich. Die böse Folge: Kein iPhone lieferbar. Das hatte der Marktführer AT&T.

Hätte sich T-Mobile mit dem Anbieter Sprint zusammentun wollen, hätte einer der beiden, seine Technik auf den Müll fahren und seinen Kunden komplett neue Endgeräte verpassen müssen. Ein teures Vergnügen. Zumal Sprint schon mal mit GSM gearbeitet hatte, aber – warum auch immer – wieder auf den CDMA-Zug umgestiegen war, der ohne SIM-Karten mit fest im Handy programmierten Kennungen arbeitet. Da ist aber absolut nichts kompatibel.

Um bestehen zu könnnen, mußte T-Mobile sein Netz ausbauen. Dazu fehlten Frequenzen und Geld. Es gibt eine US-Firma namens „Clearwire„, die hat Frequenzen ersteigert, und bietet in Zusammenarbeit mit lokalen Internetzugangs-Providern ihre Dienste an. Deren erstes Ziel scheint es in erster Linie zu sein,  mit den Lizenzen möglichst Geld zu verdienen, der Rest interessiert sie weniger. Daß diese Firma absurde Preisvorstellungen hatte,  wundert im Land der unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten nicht.

Deutsche Telekom Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre würden sicherlich nicht begeistert drein blicken, wenn sie erführen, daß Milliarden von Euros in den USA investiert würden, wovon maximal eine Handvoll Touristen etwas hätten, wenn sie sich die Roaming-in-den-USA-Tarife leisten wollen.

T-Mobile USA führte im weltweiten Telekom Konzern immer ein Eigenleben. Synergien? Keine. Deutsche T-Mobile Kunden in den USA? Wäre doch schön gewesen, wenn sie gegen Vorlage ihres deutschen Mobilfunkvertrages sofort eine amerikanische SIM-Karte mit US-Rufnummer bekommen hätten, Abrechnung über das deutsche Mobilfunkkonto, aber das wäre ja zu kundenfreundlich. Nichts da. Amerikanische Kunden in Deutschland, ja gerne, aber bitte zu den hohen US-Roaming-Tarifen. Oder sie kaufen eine Xtra-Prepaidkarte. Aufladen per Kreditkarte? Bei Xtra ein absolutes Fremdwort, selbst für deutsche Kunden.

Irgendwann wurde es den T-Kostenrechnern zu bunt. Sie beschlossen, T-Mobile sollte aus den USA wieder austeigen. Komplett.

Da sah der Deal mit AT&T ganz gut aus. Zunächst.

Der Verkauf an den Marktführer AT&T schien die perfekte Lösung. Telekom bekommt Geld und einen Sitz im AT&T Aufsichtsrat, AT&T bekommt brauchbare Frequenzen für mehr Bandbreite und wird so ganz nebenbei einen lästigen Konkurrenten los. Die USA-Kunden fürchten steigende Preise und lustlosen Service. Verständlich, daß sich die Begeisterung in den USA in Grenzen hält. Und jetzt haben sich das Justizministerium und das Kartellamt gemeldet und stellen den Mega-Deal erst einmal in Frage.

Wobei der österreischische Tele.ring Deal sah – wesentlich kleiner – genauso aus wie in den USA aus. Mit dem Unterschied, daß Telekom/T-Mobile in den Österreich nie Marktführer war. Die Marke Tele.ring gibts bis heute und deren „Ätsch“ und „Basta“ Tarife scheinen auch nach der Fusion so schlecht nicht zu sein.

Zum besseren Vergleich: AT&T ist in den USA in einer Position wie die Deutsche Telekom hierulande.

Man stelle sich vor: Telekom/T-Mobile würde E-Plus kaufen, deren Kunden übernehmen und das E-Plus-Netz abschalten bzw. deren Sendestationen und Vermittlungen ins eigene Netz eingliedern. Das würden die eingefleischten E-Plus-Kunden auch nicht gut finden…. Die Angst wäre groß, daß unzählige Discounter geschlossen und deren Tarife „angepaßt“ würden.

Damit wird die Geschichte in den USA verständlicher. Wenn nun das US Kartellamt am Ende recht behält, hat Telekom/T-Mobile ein richtiges Problem. Man wird sich in Bonn sicher Gedanken über einen Plan B gemacht haben. Aber offenbar war nichts „ATTraktiver“ als AT&T?

Der „Hohepriester“ des Discount-Mobilfunks, der umtriebige Däne John Strand, Gründer der gleichnamigen Beratungsfirma Strand Consult, welche hierzulande Simyo quasi „miterfunden“ hat, hat der Deutschen Telekom vorgeschlagen, das „einfach-einfach-einfach“ Prinzip von Simyo auf die USA zu übertragen. Strand spricht gut englisch. Vielleicht sollten sie ihn einmal in die USA einladen?

Rolf Hansen, deutscher Gründungschef von Simyo, mischt gerade den australischen Markt mit „Amaysim“ und einfachsten Tarifen auf. Was wenige wissen: Hanse hat mit Telekom Chef René Obermann den Mobilfunk-Service-Provider „Hutchison Deutschland“ (später The Phonehouse) aufgebaut. Von daher würde es mich nicht wundern, wenn wir eines Tages noch ein „Simyo.US“ erleben würden. Da die Marke Simyo zu KPN / E-Plus gehört und Telekom- wohl kaum bei KPN einkaufen gehen will (siehe oben) vielleicht auch „T-imyo“? :-)

Das Beispiel E-Plus zeigt, daß man mit Discountern offenbar erfolgreich Geld verdienen kann. Dieses Geld müßte dann aber sofort in den Netzausbau (Abdeckung und Geschwindigkeit) gesteckt werden. Könnte das in den USA klappen?

Mal schauen, wie die Geschichte ausgeht.

Tags: Amaysim, AT&T, Deutsche Telekom, Discount, Einfach, John Strand, René Obermann, Rolf Hansen, Ron Sommer, T-Mobile USA


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