Das Bedingungslose Grundeinkommen und die Freiheit – Eine Debatte

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von Florian Hauschild

Vor Kurzem führte ich mit dem libertären Autor Oliver Janich ein ca. 2,5-stündiges Streigespräch mit dem Titel “Janich vs. Hauschild: Libertarismus oder BGE – Das Streitgespräch“.

Der Name war Programm: Janich und ich diskutierten zunächst über dessen Ideologie des marktradikalen Anarchokapitalismus bzw. Libertarismus. Was die interne Logik dieses Gedankenkonstruktes betrifft, kommt man dem nur schwerlich bei. Die einzelnen Thesen bilden nicht selten Zirkelschlüsse und am Ende lässt sich alles auf die einfache Behauptung zurückführen: “Der freie Markt würde alles perfekt regeln.”Janich forderte mich auch auf (ca. ab 1:07 Std.) ein Beispiel für einen freien Markt zu nennen, der versagt hätte. Was ich aus gutem Grund nicht tat: Der Zuhörer Falk Atmanspacher entlarvte diese Frage im Nachhinein als einen rhetorischen Trick:

“Zwei Behauptungen, die aus der libertären Ecke immer wieder strapaziert werden. Der logische Widerspruch scheint nicht bemerkt zu werden.

1) “Der freie Markt habe noch niemals versagt.”
(um zu begründen, dass der freie Markt funktioniert)
Zuletzt gehört von Oliver Janich im Gespräch mit Florian Hauschild. Janich stellt Hauschild die rhetorische Frage nach einem Beispiel in der Geschichte, “wo der freie Markt nicht funktioniert hätte”.

2) “Es hat bisher noch nie einen freien Markt gegeben”.
(um zu begründen, das alles Übel nur vom Staat kommt)
Zum Beispiel hier in einem Artikel von Roberto Solano veröffentlicht bei Freiwillig Frei: “Der freie Markt bzw. das freie Individuum hat noch nie zuvor existiert in der Geschichte, es gab immer nur mehr oder weniger Freiheit. Selbst in sehr archaischen Gesellschaften, bei primitivsten Völkern, in der Wiege der Menschheit sozusagen, waren das Leben und Handeln des Individuums immer reglementiert vom Kollektiv, Stammeshäuptling oder religiösen Führer. Der freie Markt ist also tatsächlich eine Utopie und hat in seiner reinen Form noch nie existiert. …” (http://www.freiwilligfrei.info/archives/5476)”

Kurz gesagt also: Wenn irgendetwas im profitorientierten, kapitalistischen Wirtschaftlichen nicht so richtig funktioniert, dann heißt es: “Das liegt daran weil es noch nie einen wirklich freien Markt gab” und wenn nach Belegen für die libertären Thesen gefragt wird lautet die Antwort: “Der freie Markt hat noch nie versagt”. -Wie auch, wenn selbst Libertäre sagen, dass es ihn in der Realität noch nie gab? Der Beweis also, dass die anarchokapitalistische, libertäre Ideologie sich lediglich auf Vermutungen stützt.

Auch ansonsten ist es mir wohl ganz gut gelungen die Lücken in der libertären Denke aufzuzeigen. Janich konnte kein konkretes Konzept zur Rückverteilung bereits stattgefundener illegitimer Macht- und Besitzakkumulationen vorlegen und bot lediglich die altbekannte Privatisierungsagenda von öffentlichem Besitz an. In diesem Punkt liegt er ganz auf der Linie der neoliberalen Programmatik, die er vorgeblich kritisiert, jedoch stets die negative Rolle, die auch private Akteure in diesem Gefüge spielen, ausblendet.

Janich scheint darüber hinaus positive Freiheitsrechte in seine Überlegungen bisher nicht eingeflochten zu haben. Bedenklich, vergegenwärtigt man sich, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen letztendlich nichts anderes ist, als die praktische Umsetzung eines bedeutenden Teils der Menschenrechte. Nämlich das Recht auf ein Leben in Freiheit und Würde. Menschenrechte, die wohl in Abrede gestellt werden, wenn man ihre konkrete Umsetzung ablehnt. Hat die libertäre Ideologie also tatsächlich eine gewisse Nähe zum Sozialdarwinismus, wie ihr oft vorgeworfen wird?

Im zweiten Teil des Gesprächs wurde dann auch das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen vertieft. Viele Punkte habe ich dabei erst gar nicht angesprochen, wie etwa auch die Tatsache, dass eine allgemeine Grundsicherung natürlich auch jegliche Armutskriminalität auf ein Minimum reduzieren würde, wodurch auch Wohlhabende eine Steigerung ihrer Lebensqualität zu erwarten haben. Ebenfalls könnte man mal gedanklich durchspielen wie viel Potential für Bildung, persönliche Weiterentwicklung oder soziales Engagement bei Menschen frei werden würde, die bisher entweder in sinnlosen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder in der überdimensionierten Bürokratie unseres bestehenden Sozialsystems tagtäglich ihr Dasein fristen.

Dass Arbeitnehmer erst dann auf dem Arbeitsmarkt faire Löhne einfordern können, wenn sie nicht erpressbar sind, sprich: wenn sie nicht auf Gedeih und Verderb auf einen Arbeitsplatz angewiesen sind, wurde ebenfalls nicht angesprochen.

Ich denke, hier zeigt sich auch ein wichtiger Grund warum viele Libertäre das BGE ablehnen: Oft handelt es sich bei Vertretern der libertären Ideologie um ökonomisch privilegierte Menschen und man fürchtet wohl künftig nicht mehr über das gewohnte Heer billiger Arbeitskräfte zu verfügen, die den eigenen Wohlstand sichern und mehren. Im orwellschen Sinne wird so aus Unterdrückung und Ausbeutung “Freiheit” und aus Gerechtigkeit “Diebstahl” – und wenn dafür plädiert wird hier faire Regeln zu finden, begibt man sich fluchs in die Rolle des Opfers staatlichen “Zwangs”.

Generell konnte Janich auch nur zwei Einwände gegen das Bedingungslose Grundeinkommen vorbringen, die in einer Art Drehtür-Argumentation genutzt wurden. Ist das eine widerlegt oder beantwortet, zieht man schnell wieder das andere hervor und umgekehrt.

Konkret handelte es sich dabei um die Einwände: Finanzierbarkeit und angeblich mangelnde Arbeitsmotivation durch BGE. Beide Punkte wurden von mir im Gespräch umfangreich beantwortet, können aber natürlich auch noch weiter vertieft werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist etwa dieses Interview mit dem BGE-Pionier Götz Werner.

Alles in allem ein nettes Gespräch, für das ich Oliver Janich – trotz aller inhaltlichen Differenzen – ebenso danke wie der Plattform freiwillig frei für die Umsetzung.

Hier das Streitgespräch in voller Länge:

Zum Thema:

Der neue Kurs der Mahnwachenbewegung: Frieden, Bedingungsloses Grundeinkommen & Schulterschluss mit der klassischen Friedensbewegung

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Das Bedingungslose Grundeinkommen und die Freiheit – Eine Debatte



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