Bibel 3D

Ich habe soeben Noahgesehen. Und zwar zusammen mit einer Gruppe sehr gläubiger Menschen. Und wann immer man die Verfilmung eines biblischen Themas – wobei, welches Thema wäre denn bitte nicht biblisch? – zusammen mit gläubigen Menschen sieht, wird dieselbe nach zwei Kriterien beurteilt:
1.War der Film „bibeltreu“? (Auch wenn selten er- bzw. geklärt wird, was dieses Attribut eigentlich bedeuten soll)2. Kam „die Botschaft“ rüber? (Auch wenn meist extrem unterschiedliche Meinungen darüber herrschen, was denn „die Botschaft“ sein soll)
Nun muss man nüchtern betrachtet allerdings feststellen: beides sind nicht die Aufgaben eines Films. Deshalb wäre die sehr viel interessantere Frage: ist der Film unterhaltsam? Und das wiederum lässt sich in diesem Fall mit einem eindeutigen Naja beantworten.
Statt jedoch die einzelnen Elemente des Films den all zu plakativen Gegensätzen „gut“ und „schlecht“ zuzuordnen, schlage ich vor, die überraschenden von den seltsamen zu unterscheiden. Überraschend ist beispielsweise wie rapide einerseits Noah innerhalb nur eines Jahres zu altern scheint, während andererseits seine Gattin für eine rund Sechsundertjährige noch echt rattenscharf daherkommt. Seltsam ist hingegen, dass die gesamte Menschheit hellhäutig ist und noch dazu offenbar in Island lebt. Nun, vielleicht besteht aber auch genau darin eine gewisse Konsequenz.
Trotz etlicher Spezialeffekte, von denen, nebenbei erwähnt, die 3D-Technik nicht gerade der gelungenste ist, da sie lediglich dafür sorgt, dass die Bilder unschärfer und die Farben trüber wirken, kommt der Film selten so richtig in Schwung. Und das liegt m.E. in erster Linie an einem beinahe erschreckend hölzern agierenden Schauspielensemble, innerhalb dessen Ray Winstone alias Tubal-Kain sicherlich noch den glanzvollsten Lichtblick darstellt, allerdings auch die dankbarste Rolle ergattert hat. Ansonsten erinnert das eintönige Mienenspiel der einzelnen Charaktere über weite Strecken an das dilettantische Sich-gegenseitig-Anschmachten der Protagonisten aus den Narnia-Filmen. Und das ist nicht die einzige Parallele zum Kinderfilm: die meisten Zuschauer meiner Generation (Jahrgang '84) werden sich wohl beim Anblick der „Wächter“, jener eigentümlichen Felsenengel, an die „Steinbeißer“ aus der unendlichen Geschichte erinnert fühlen.
Eben diese, wie auch einige weitere Freiheiten gegenüber der Vorlage, waren es wohl, die Regisseur Darren Aronofsky in den USA nahezu vernichtende Kritiken christlicherseits einbrachten. In der Tat führten diese sogar dazu, dass der Filmverleih Paramount sich genötigt sah, auf offiziellen Werbematerialien zu betonen, der Film sei lediglich von der biblischen Figur des Noah „inspiriert“ und folglich eben kein originalgetreues Biopic (was angesichts der spärlichen Quellenlage wohl auch etwas viel verlangt wäre).1
Was jedoch dabei herauskommt, wenn man amerikanische Christen über filmische Darstellungen biblischer Texte entscheiden lässt, das zeigt sich sehr schön am TV-Mehrteiler The Bible, welcher derzeit (in gekürzter Form) unter dem Titel Son of God in den US-Kinos läuft: ein überlanger Republikaner-Werbeclip, in dem der Satan eine verblüffende Ähnlichkeit mit Barack Obama aufweist.2
Wie ist also Noahzu beurteilen? Nun, verglichen mit der letzten von mir im Kino gesehenen Bibelverfilumg Es begab sich aber zu der Zeit ist Noah ein dramatisch-dramaturgischer Quantensprung. Weiterempfehlen würde ich ihn dennoch nicht, denn: das Buch zum Film ist eindeutig besser.
Insofern bin ich mir jetzt auch nicht sicher, ob ich mich auf den noch dieses Jahr erscheinenden Blockbuster Exodus: Gods and Kings freuen soll oder nicht. Zwar übernimmt hierbei Publikumsliebling und Method Actor Christian Bale die Hauptrolle, aber auch dessen Schauspielleistung scheint sich in den letzten Jahren im Wesentlichen an der Gewichtsdifferenz zur jeweils vorhergehenden Rolle zu bemessen.
In jedem Fall macht das religiöse Kinojahr 2014 zweierlei deutlich: zum einen sind Filme keine (Missions-) Instrumente, auch wenn viele gläubige Menschen das denken und Filme auch genauso verwenden. Zum anderen sind Filme keine Werke, auch wenn die Macher das offenbar glauben, sondern, wie letztlich schon Walter Benjamin erkannte,3Produkte. Und diese werden immer austauschbarer. Aus diesem Grunde fällt es mir auch schwer, in den frommen Reigen derer einzustimmen, welche dem cineastischen Trend ob der Tatsache lobsingen, dass er die Heilige Schrift wieder ins Gespräch bringt. Um das nochmal klar zu sagen: was wir da auf der Leinwand sehen, ist nicht die Heilige Schrift.
1http://www.rawstory.com/rs/2014/03/06/russell-crowe-film-noah-edited-appease-christians-upset-by-historical-inaccuracies/ 
2http://www.youtube.com/watch?v=oWCxvoA_LqI 
3Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 1936

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