Berlinale 2013: “Gloria” von Sebastián Lelio

© Berlinale / Paulina García ist Gloria in Sebastián Lelios gleichnamigen chilenisch/spanischen Film

© Berlinale / Paulina García ist Gloria in Sebastián Lelios gleichnamigen chilenisch/spanischen Film

Gloria geht gerne einmal so richtig schön tanzen, bewegt ihren Körper ausgiebig zur Musik, ganz gleich ob Oldies oder moderne Technobeats. Manchmal steht sie aber auch einfach nur so da, an der Bar, lässt ihre Blicke umher schweifen, immer auf der Suche nach dem nächsten Flirt. So durchstreift sie das Nachtleben Chiles. Dabei bekommt sie mit einem Mann, der ihr besonders gefällt, arge Probleme: Rodolfo (Sergio Hernández) ist irgendwie beziehungsunfähig, möchte sich trotzdem an einem gemeinsamen Leben mit Gloria versuchen. Dann aber lässt er sie immer wieder sitzen. Um sich etwas Beruhigung zu verschaffen, geniest Gloria ab und zu einmal einen Joint oder spielt Paintball, eine Sportart die sie gerade für sich entdeckt hat. Außerdem ist eine solche Paintball-Ausrüstung sehr nützlich, wenn man es dem unzuverlässigen Freund einmal heimzahlen möchte. Nach erfolgreichem Farbbeschuss Rodolfos wird erst kurz über die Situation gekichert, dann folgt der nächste Joint.

 

Gloria (Paulina García) mit Rodolfo (Sergio Hernández)

Gloria (Paulina García) mit Rodolfo (Sergio Hernández)

„Gloria“ heißt der chilenische Film von Sebastián Lelio, Jahrgang 1974, selbst Chile entstammend, bei dem man nur der Beschreibung nach das Gefühl bekommen kann, dass es sich bei der titelgebenden Protagonistin um eine vorpubertierende Teenagerin handelt, die sich rebellisch in alle Abenteuer stürzt, die sich ihr bieten. Aber Hauptdarstellerin Paulina García spielt hier eine 58 Jahre alte Dame, deren Lebensreise irgendwo zwischen dem „Best Exotic Marigold Hotel“ und „Quartett“, zwischen Abenteuer Indien und Altersheim im chilenischen Lebensabend anzusiedeln ist. Für diese Rolle, höchst Ambivalent zwischen gebrochen einsamer Frau und lebensfroher Natur von García dargestellt, wurde die selbst 52jährige als beste Darstellerin mit dem Silbernen Bären der 63. Filmfestspiele von Berlin ausgezeichnet.

Zwischen ihren jugendlich anmutenden Eskapaden muss Gloria in Sebastián Lelios Film aber auch von ihrer eigenen Tochter Abschied nehmen, ein überhaupt nicht mehr so jugendliches Unterfangen, bei dem dann auch mütterliche Tränen fließen. Nicht nur bildet dieses Ereignis eine weitere Trennung für die alternde Dame, die sich vor 13 Jahren von ihrem Ehemann getrennt hat, es ist zugleich auch ein weiterer Schritt in Richtung Einsamkeit, der Gloria mit einer gehörigen Portion Angst begegnet. Unterschwellig ist diese Angst immer zu spüren, selbst in solchen Momenten, in denen das wunderbare Leben im Vordergrund steht. Der traurige Ton dieses Abschieds darf nicht als symptomatisch für den gesamten Film gesehen werden, es würde Lelios Arbeit ungerecht nach unten ziehen. Ebenso ist es um die Wirkung der Hauptdarstellerin bestellt. García spielt quietsch-vergnügt diese insgeheim tief traurige Figur, die einen tristen Lebensabend fristet, sich durch Rodolfo den Ausbruch herbei sehnt. Mit ihm scheint das Ziel der Zweisamkeit im hohen Alter zum Greifen nahe zu sein.

 

Gloria und Rodolfo beim Paintball

Gloria und Rodolfo beim Paintball

Aber in Rodolfo begegnet uns die nächste tragische Figur, die ein weitaus traurigeres Leben führt als Gloria selbst. Denn Rodolfo befindet sich noch immer unter den Fittichen seiner Ex-Ehefrau, gehorcht ihr aufs Wort, möchte auch ihr Leben immer noch zufriedenstellend begleiten. Hinzu gesellen sich noch zwei Kinder, die weiterhin auf das Geld und die Fürsorge des Vaters angewiesen sind – oder zumindest in dem Glauben gelassen werden. Denn eine wirkliche Trennung hat hier nicht stattgefunden, jedenfalls fühlt es sich nicht so an, als habe man sich gänzlich entzweit. Hier sieht man als Zuschauer nun Gloria im Kontrast zu Rodolfo: Die Frau auf der Suche nach einem neuen Leben. Der Mann, der sich nur schwerlich von seinen Gepflogenheiten trennen kann. In ihren gemeinsamen Momenten wirken sie dennoch wie ein gut harmonierendes Pärchen, sie haben Spaß, spielen vergnügt herum, auch der Sex ist keine Frage. Doch immer klingelt irgendwann Rodolfos Mobiltelefon, woraufhin er sich – wenn auch mit Gewissensbissen und Sorgenfalten – von Gloria verabschiedet. Mal thematisiert er sein Leid, mal verschwindet er ohne ein Wort zu sagen. Ein Zustand der auf Dauer nicht zu ertragen ist.

Regisseur Lelio lässt die Einsamkeit gutgemeint gewinnen, arbeitet eher am Seelenzustand seiner Gloria-Figur, der er hier eintrichtert, dass man am Ende des Tages auch ebenso glücklich alleine auf der Tanzfläche stehen kann.

 


Gloria_Hauptplakat

“Gloria“

Start: noch nicht bekannt – Originaltitel: „Gloria“ – Chile / Spanien 2012 – noch keine Angabe zur Altersbeschränkung – 105 Minuten – Regie: Sebastián Lelio – Drehbuch: Sebastián Lelio & Gonzalo Maza – Darsteller: Paulina García, Sergio Hernández, Diego Fontecilla, Fabiola Zamora – Homepage: Berlinale Seite zu “Gloria”



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