Bericht über die eGovernment 2011 Tagung in Dresden

Aufmerksamer Zuhörer an der eGovernment Tagung 2011

Aufmerksamer Zuhörer an der eGovernment Tagung 2011

Am 13. und 14. Oktober fand in Dresden im Stadtmuseum die eGovernment Tagung 2011 mit knapp 100 Teilnehmern statt. Im Folgenden fassen wir einige Eindrücke der Tagung zusammen.

Am Donnerstag beschäftigten sich die ersten beiden Vorträge mit übergeordneten Aspekten von Prozessmanagement in öffentlichen Verwaltungen.

Michael Räckers, ERCIS, stellte die Forschungslandkarte Prozessorientierte Verwaltung (ProVe) vor. Grundsätzliches Ziel dieses Portals ist die Dokumentation von Forschungsergebnissen nach verschiedenen Klassifizierungsdimensionen. Insgesamt wurden knapp 90 Projekte identifiziert. Neue Projekte können jederzeit dezentral zusätzlich erfasst werden. Bisher umfasst das Portal nur entsprechende Aktivitäten aus Deutschland.

Konkrete Zielsetzungen des Portals sind die Bekanntmachung von Forschungsergebnissen sowie die Vernetzung der in diesem Bereich arbeitenden Forschungsinstitutionen. Langfristig soll auf den Ergebnissen aufbauend eine eGoverment-Theorie entwickelt werden.

Räckers stellt kritisch fest, dass viele der Forschungsergebnisse kaum mehr als einmal genutzt werden und dass auch die Nutzung von Standards eine geringe Rolle spielt. Festgestellt wurde auch, dass die Bürgerperspektive kaum eingenommen wird, ebenso werden Sicherheitsaspekte vernachlässigt.

Im zweiten Vortrag stellt Rami-Habib Eid-Sabbagh vom Hasso-Plattner-Institute for IT Systems Engeneering die Nationale Prozessbibliothek vor.

Auch Rami-Habib Eid-Sabbagh bestätigte, dass es zwar viele Aktivitäten zum Prozessmanagement in Verwaltungen gibt, aber kaum ein (Erfahrungs-) Austausch stattfindet und somit eine Landschaft von Inseln existiert. Die Nationale Prozessbibliothek verfolgt das Ziel, existierende Prozessmodelle zu sammeln, die Zusammenarbeit zu fördern und vor allem die redundante Entwicklung zu vermeiden. Das Projekt wird 2013 abgeschlossen.

Unklar blieb allerdings die Frage des unmittelbaren Nutzens der Prozessbibliothek, beispielsweise für Kommunen, die ihre Prozesse entsprechend verfügbar machen, und somit nach der Motivation, Prozesse bereitzustellen.

Konrad Walser, Kompetenzzentrum Public Management und E-Government, Fachhochschule Bern, präsentiert konzeptionelle Überlegungen zu Identity und Access Management (IAM) -Organisation und -Institutionalisierung für das E-Government und die E-Economy Schweiz. Dazu sind auf www.ech.ch zahlreiche Dokumente verfügbar. In Zusammenarbeit mit der Swisscom kündigt Walser ein Projekt zum Proof-of-Concept an.

Abschliessend präsentierte und diskutierte Peter Mertens das Thema Integrierte Bürgerkonten – Ein Beitrag der Wirtschaftsinformatik zur Transparenz im Wohlfahrtsstaat? Das Konzept wird hier in einem frei verfügbarer Beitrag zum Thema (pdf)) vorgestellt.

Mertens ordnet zunächst den Wohlfahrtsstaat zwischen utopischem Sozialismus und reinem Liberalismus ein. Anschliessend weisst er anhand von Beispielen auf die Intransparenz von staatlichen Transferzahlungen hin, die zu Verschwendung öffentlicher Mittel sowie weniger Leistungsbereitschaft führen. Als Lösung schlägt Mertens das Bürgerkonto vor: Es erfasst auf der Aktivseite die Einzahlungen in Solidarkassen und auf der Passivseite die entsprechenden Auszahlungen, hier u.a. auch die anteiligen Vollkosten öffentlicher Dienste wie z.B. Bildung. Insgesamt sieht Mertens positive für den Wohlfahrtsstaat durch die Einführung von Bürgerkonten, er sieht Anreizmechnismen für Bürger, die z.B. in einer höheren Altersrente resultieren können und die Vermeidung von fehlgeleiteten Subventionen.

Mertens verweist auf Vorläufer des Konzepts wie Arbeitszeitkonten, Gesundheitskonten oder das aktuelle Projekt einer Transparenzdatenbank in Österreich.

Die Diskussionen waren wie erwartet intensiv und kontrovers. U.a. ging es um die Thematiken der ökonomischen Bewertung eines Menschen sowie um die Bewertung diverser gesellschaftlich relevanter Aktivitäten an sich, die gesellschaftliche Akzeptanz als Ganzes oder auch um Fragen der technischen Machbarkeit.

Weitere Hintergründe sind u.a. auch in diesem Paper (pdf) nachzulesen.

Passendes Motto zur eGovernment Tagung

Passendes Motto zur eGovernment Tagung

Peter Schindzielorz, Bereichsleiter Consulting und Mitglied der Geschäftsführung ITM Gesellschaft für IT-Management mbH, diskutierte im ersten Beitrag am zweiten Tag der Tagung – IT-Kosten senken bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung – Ist das möglich? - die Grundpfeiler kommunaler IT: Kostenkontrolle, Sicherheit und Flexibilität. Anhand von Praxisbeispielen zeigt er auf, wie der IT-Einsatz tatsächlich zu Kosteneinsparungen führen kann. Als zukünftige Herausforderungen für die kommunale IT sieht er vor allem die drei Fragestellungen:

  • „Wie gliedern sich kommunale Anwendungen in eine Web2.0 Welt ein?
  • Wie begegne ich der Generation Facebook mit geeigneten eGovernment Dienstleitungen?
  • Wie nutze ich Megathemen wie Cloud Computing in der Verwaltung?“

Ein Highlight der Tagung war der Vortrag Blick nach vorn: Kommunen im Wandel von Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, der eine (gesellschafts-) politische Sicht einnahm.

Für Habbel sind die drei Megatrends die drei Themen Transparenz, Partizipation und Offenheit. Er plädierte leidenschaftlich für ein neues Out-of-the-Box Denken bei den Kommunen und Verwaltungen, für eine neue Rollenverteilung zwischen Kommunen und Bürgern. Für ihn sind die zukünftigen gesellschaftlichen Pole eine Art Weltinnenpolitik einerseits und die lokale Autonomie andererseits. Es werden dezentrale, sich selbst organisierende Bürgergesellschaften bilden, Nationalstaaten werden weiter an Bedeutung verlieren.

Die Frage Was ist in einer veränderten Welt Aufgabe des Staates, der Wirtschaft, der Bürgergesellschaft? durchzog die gesamte äussert inspirierende Präsentation von Habbel.

Habbel forderte die Kommunen auf in Lösungen zu denken und nicht in Institutionen sowie nicht blindlings in Strategien zu investieren, nur weil sie in der Vergangenheit erfolgreich waren.

Die „normative Kraft des Digitalen“ sieht er als Basis der Partizipation und Transparenz einer modernen Bürgergesellschaft; der Bürger wird zukünftig zum Co-Produzent der Verwaltung, ja sogar zum Wettbewerber. Als Beispiel nannte er von Bürgern auf Basis von Open Government Data entwickelte Apps.

In seinem Ausblick setzt Habbel auf den engagierten Bürger, fordert endlich Klartext in der Politik, sieht ein vermehrtes „Teilen statt Besitzen” in der Gesellschaft realisiert auf Basis elektronischer Plattformen, eine neue Qualität von Partizipation, eine dialogorientierte Politik mit dem Bürger sowie eine stärkere Lösungsorientierung der Politik, Open Data und Open Government und er fordert die Überwindung der „Kultur der Verschlossenheit von Regierungen“.

Seine Quintessenz für das eGovernment:

Es ist notwendig, eGovernment ganzheitlich zu betrachten und auf zentrale Politikfelder wie Gesundheit, Bildung, Mobilität u.a. auszudehnen, den Cloud-Gedanken zu stärken, eine leistungsfähige IT-Infrastruktur für Bürger anzubieten sowie die Zusammenarbeit mit den Bürgern zu forcieren. Hierbei spielt die IKT eine zentrale Rolle.

Anschliessend an Habbel präsentierte Hans-Dieter Zimmermann von der FHS St. Gallen seine Gedanken zur Nutzung von Social Media als Mittel der ePartizipation – ein Beispiel aus der Schweiz.

Anhand von Beispielen wurde zunächst ein Bogen von der Revolution zur Partizipation in Analogie des Aufsatzes Von der Revolution zur Partizipation: Social Media und der demokratische Willensbildungsprozess gespannt Anschliessend wurden dann basierend auf diesem Blogbeitrag die Social Media Aktivtäten im Rahmen der Abstimmung in St. Gallen von Mai 2011 präsentiert.

Anja Wittberger, Business Consultant bei der TwentyOne AG fokussiert in ihrem Vortrag vor allem auf die Nutzung von Kollaborationswerkzeugen innerhalb von Verwaltungen. Zu Beginn weisst Sie auf die Rolle der Werkzeuge hin, Kernaussagen waren „Soziale Software unterstützt Soziale Interaktion“ und „Werkzeug folgt Aufgabe“.

Anschliessen präsentiert sie das 7-stufige Vorgehen beim Projekt „Social Media im Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien und Baumanagement (SIB)“. Wichtige Erfolgsfaktoren waren Investitionen in das Change Management sowie das cross-funktionale Projektteam.

Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Europa, als Novum in der deutschen Politik auch verantwortlich für die IT des Landes Sachsens, präsentierte seine Gedanken zur „Nationalen E-Government-Strategie – Leitgedanken des IT-Plaungsrates zur Umsetzung“. Er kam direkt von einer Sitzung des IT-Planungsrats.

Die Präsentation orientiert sich an drei Leitgedanken: Koordiniertes Vorgehen, gemeinsame Umsetzungsmassnahmen, kontinuierlicher Strategieprozess.

Eine Liste der Schwerpunktprojekte zur Umsetzung der Nationalen E-Government-Strategie gibt es hier.

Im Beitrag Nationale E-Government-Strategie – Strategie für die Kommunale Ebene? Thematisierte Dirk Furchert, Hauptamtsleiter Stadt Halle/Saale, die Herausforderungen bei der Umsetzung von eGovernment Strategien auf lokaler Ebene. Hier stehen zahlreiche Hemmnisse einer (schnelleren) Einführung entgegen. Er forderte die Gestaltung der IT auch in Kommunen als strategische Aufgabe zu sehen.

Die beiden abschliessenden Beiträge befassten sich mit den Themen Standardisiertes IT-Anforderungsmanagement als Grundlage für individuelle Prozess- und (E-)Service-Gestaltung – Thomas Weber, Direktor der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung und Landesprojekt Langzeitspeicherung und elektronische Archivierung (LeA) – Stand und weiteres Vorgehen in Sachsen – Burkhard Nolte, Sächsisches Staatsarchiv.

Die Tagung hat zwei Dinge deutlich gemacht: Einerseits bestehen ganz aktuell zahlreiche Baustellen und Herausforderungen im Zusammenhang mit eGovernment, die bewältigt werden müssen. Andererseits vollzieht sich ein (gesellschafts-) politischer Wandel, der ein Out-of-the-Box – Denken erfordert, auf den Kommunen offensichtlich (noch) nicht wirklich vorbereitet sind.

Die Vortragsunterlagen incl. Videoaufzeichnungen werden in den nächsten Tagen Online verfügbar sein und hier entsprechend verlinkt.

Autor: Hans-Dieter Zimmermann


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