Außer Spesen nichts gewesen

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Im Industriegebiet setze Silvio mich ab: ›Bis zum Zentrum sind es fünf Kilometer‹. Ich ging los. Und sie bellten los, und ich dachte, im Zickzack der Straße folgend, ›das werden zehn Kilometer‹.

Und doch, ich überlebte: Ein Busfahrer nahm mich mit, für umsonst. Dann setzte ich mich in einen Bus nach Villa Ventana und dann holte sich die Nacht ihr schweigendes Schwarz zurück, als die letzten Passagiere in den Autos, mit denen sie abgeholt wurden, verschwanden, und die Rücklichter im Dunkeln erloschen. Ich zündete mir ein an, schaute hoch. Und verlor – mich um mich drehend – den Halt: Sterne, zur Milchstraße verdichtet. Ich kicherte. Ich lachte! Und sprach mit mir selbst. Gott … wie klein ist unserer Planet, und wie groß doch seine Grenzen … Wie unbedeutend sein Alter, unser Alter, unsere Vorstellungen von ›Ewigkeit‹, von ›langem Leben‹. Unsere gesamte Menschheitsgeschichte ist eine Eintagsfliege – aber wie lang ist der Moment des Wimpernschlags für eine Eintagsfliege? Und ob dieser Stern da, der sein Licht gerade abschickte, als der letzte Neandertaler seinen letzten Atemzug machte, auch heute noch sein Licht abschickt? Wer wird den Stern von heute, morgen sehen können?

Das einzige Gästehaus im Dorf war geschlossen. Alles andere auch. Das orange Licht surrender Laternen ging aus, nach und nach. Ich machte kehrt, und schlug mein Zelt am Dorfeingang auf, im Windschutz eines verrosteten Bauwagens, auf weichem Gras.

Ein Wecker brauchte ich nicht. Denn, nein, ich schlief – romantisch wie ich bin – wieder einmal am Straßenrand. Zwei Meter weiter und ich hätte auf der Straße geschlafen. Aber es war ja dunkel … Ich holte Auskünfte beim Tourismusbüro ein, fragte nach Camping-Möglichkeiten und dem Park, weswegen ich hier war. Sie nannte mir zwei Camping-Plätze. Beide waren geschlossen. Das aber erfuhr ich vor Ort … Aufgekratzt schlurfte ich zum Supermarkt, kaufte Kekse und fand sogleich zwei Freunde – jedoch nur solange ich Kekse hatte. Zurück im Tourismusbüro zeigte sich die junge Dame nach meiner Kunde ganz ergriffen und griff zum Hörer. Letztlich sollte ich wieder doch wieder dahin, wo ich herkam, der Besitzer des Camping-Platzes würde gegen Abend eintreffen und die Sanitäranlagen wären ohnehin aufgeschlossen.

Nein, waren sie nicht. Im Garten hinterlegte ich den Beweis. Ein rostbraunes Pferd wurde unfreiwillig zum Zeugen. Ich schlug mein Zelt auf und musste mein Kopf ganz weit in den Nacken werfen um die Baumkronen zu sehen. Überall hallte es Vogelgesang und der Fluss rauschte. Bei meinem erneuten Gang zum Supermarkt kaufte ich mir Whiskey und Cola – meine Schreibutensilien sozusagen. Ich war ganz verzaubert von diesem Dorf. Obwohl es auf Tourismus ausgerichtet war, versprühte es Charme: Ein Gros der Häuser war aus Holz und Gesteinsbrocken gebaut. Straßennamen standen auf dunklen Planken geschrieben oder geschnitzt. Links und rechts ragten – Alleen gleich – sommergrüne, immergrüne Bäume in den Himmel, in denen die verschiedensten Vögel balzten. Und überhaupt wuchsen Bäume und Sträucher immer und überall, so dass ich mich eher in einem Wald wähnte. Es roch nach Erde, gesägtem Holz, Gras und Blumen. Hunde dösten, ein himmelblauer Oldtimer hustete die Straße entlang und ein Tankwagen sprenkelte die selbige mit Wasser – damit sie nicht so staubt. Kinderstimmen hüpften über den Maschendrahtzaun der Schule und aus der Bäckerei duftete frisches Brot. Sogar der Himmel zeigte sich in Argentiniens Farben: Blau und weiß, so dass man freien Blick auf die bräunlichen Berge und Weiden ringsum hatte. Für Augenblicke sagte ich mir ›hier möchte ich leben‹.

Mit meinen Schreibutensilien machte ich mir es auf dem Campingplatz bequem. Und kurze Zeit später machte der Regen über mir es sich bequem. Ich hievte mir einen Baumstumpf ins Zelt, platzierte darauf meine elektrische Schreibmaschine und machte weiter … und weiter … bis die Batterie leer und ich voll war.

Nach einem weiteren Einkauf für meine geplante Wanderung, abends, tauchte endlich der Besitzer auf. Er luchste mir meine Penunzen ab und führte sein rostbraunes Pferd zur Tränke. Denn den ganzen Tag stand es da, seelenruhig, neben meinem Zelt – vielleicht war es aufgrund des Gesehenen traumatisiert. Dann ging ich schlafen.

Ein Wecker brauchte ich nicht. Denn, nein, ich schlief, als der Regen kam und dieser weckte mich pünktlich um 5 Uhr, baute mit mir mein Zelt ab, latschte mit mir zum Bus, fuhr mit mir zum Eingang des Nationalparkes, baute dort mein Zelt mit mir auf und legte sich erst, als ich wieder nach einem kleinen Nickerchen aufwachte und zum Büro der Park-Ranger wanderte. Und das Glück schien nicht auf meiner Seite, man erklärte mir, dass aufgrund des vergangenen Regens und der damit einhergehen Eisbildung die Pfade alle geschlossen seien. Der zum Cerro de la Ventana sogar bis einschließlich morgen. Ich war enttäuscht. Sie schlugen Alternativen vor, aber nach all dem, was ich bereits gesehen und erlebt habe, war das reizvoll wie kalter Kaffee. Ich versuchte sie zu überreden, aber dann sprachen sie davon, dass die Sperrung der Pfade auch ökologische Gründe hätte und damit war die Sache erledigt. Zeitweilig überlegte ich trotz Verbot hochzusteigen. Wie gesagt … überlegte …

Ich ging also zum Camping-Platz zurück und widmete mich dem Schreiben und der schwarzen Katze mit den gelben Augen, bis der Nachtbus nach Bahia Blanca zurückfuhr.


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