Astrophysik - Die Wissenschaft vom Weltuntergang

Theoretische Physiker und Kosmologen denken über das Ende der Zeit nach.
Aus: Spektrum der Wissenschaft, Mai 2011
Keine Panik: Das Ende der Welt steht nicht wirklich bevor. Wenn in ein paar Milliarden Jahren die Sonne sich aufbläht und dabei die Erde verschlingt, ist mit großer Sicherheit die Menschheit am Ende – aber das Universum noch lange nicht. Das, worüber die Kosmologen nachdenken, sind vielmehr Endzeitszenarien im bitteren Sinn des Wortes: Die Entropie des gesamten Weltalls ist so groß geworden, dass es keine Insel der Ordnung im allgemeinen Strahlungsgleichgewicht mehr gibt; dann stirbt das Universum den Wärmetod.
Oder die allgemeine Ausdehnung des Weltalls kehrt sich um, und seine gesamte Masse stürzt in einem Punkt zusammen, so wie sie im Urknall aus einem Punkt hervorgegangen ist. Oder diese kosmische Expansion hört nie auf, und das Weltall zerbröselt. Vielleicht gibt es ja noch Atome oder wenigstens Elementarteilchen, aber sie begegnen einander nicht mehr, weil das Universum unermesslich verdünnt ist.
Aber was geschieht mit der Zeit, wenn die Welt untergegangen ist? "Sie läuft halt weiter", sagt die eine Fraktion der Physiker. Alles andere sei absurd – oder jedenfalls keine Physik. Denn die bestehe darin, zu beschreiben und zu erklären, wie sich die Dinge in der Zeit verhalten. Wenn man sie ihrer Grundvariablen beraube, breche sie zusammen.
Andere Physiker sind davon nicht so überzeugt. Sie haben eine erstaunliche Vielfalt von Ideen zusammengetragen, wie das Ende der Zeit beschaffen sein könne. George Musser, Redakteur des "Scientific American", berichtet darüber in der Maiausgabe von "Spektrum der Wissenschaft".
Newtons klassische Idee von der Zeit als einer Art kosmischer Normaluhr, die allen Vorgängen im Universum einen einheitlichen Takt vorgibt, ist schon seit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie überholt. Im Gravitationsfeld der Erde ticken die Uhren anders als weit draußen im Weltraum, und im Zentrum eines Schwarzen Lochs überhaupt nicht mehr. Dort sitzt eine punktförmige "Singularität", in der etliche Größe unendlich werden und andere, darunter die Zeit, nicht mehr definiert sind. Wenn also das gesamte Universum in einem Schwarzen Loch vergeht, ist es auch mit der Zeit vorbei.
In einem zerbröselnden oder dem Wärmetod anheimfallenden Universum dagegen könnte die Zeit ein weniger dramatisches, aber gleichwohl ein Ende finden. Wenn eine Größe nicht messbar ist, nicht einmal im Prinzip, dann gibt es sie nicht, sagen die Physiker. Mit dieser treffenden Begründung haben sie sich vom Konzept des absoluten Raums verabschiedet, das ansonsten im Rahmen der Relativitätstheorie auf unlösbare Widersprüche geführt hätte. Um aber die Zeit messen zu können, bedarf es einer Uhr. Nicht dass die Physiker anspruchsvoll wären; aber ein gewisses Minimum an Materie, zum Beispiel ein Atom mit Elektronenhülle, muss es schon sein. Wenn es das nicht mehr gibt, ist es auch mit der Zeit vorbei.
Also muss man über eine Physik nachdenken, in der die Zeit nicht mehr eine fundamentale, sondern vielleicht eine abgeleitete Größe ist. Auch dafür gibt es schon Ideen – etwa die vom "holografischen Universum", wonach unser Weltall eine Art Abbild einer tieferliegenden Struktur ist, die ihrerseits aber sehr geordnet sein muss, um dieses Abbild überhaupt erzeugen zu können. Bricht diese Ordnung zusammen, dann ist es vorbei mit der Zeit, und mit dem Universum sowieso. Und das ist nicht erstaunlicher als der Tod eines Menschen: Bewusstes Erleben ist eine „emergente Eigenschaft“; diese hängt an der Existenz einer geordneten materiellen Grundlage und geht mit ihr unter.
In der Tat: Die Vorstellung vom Ende der Zeit ist gewöhnungsbedürftig. Aber sie ist nicht ohne Vorbild. Immerhin gehen die derzeit herrschenden Theorien davon aus, dass es "vor dem Urknall" eine Zeit nicht gegeben habe – was immer das genau heißen mag.

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