Ahmadinedschad, der Unsinkbare

Vor unseren Augen

von Thierry Meyssan

Die iranische Demokratie ist in vollem Aufruhr. Die Spaltungen von 2009 sind jetzt hinfällig geworden und zwar bis zu einem Punkt, dass Präsident Obama gerade öffentlich zugegeben hat, dass Mahmoud Ahmadinedschad seinerzeit von einer Mehrheit seiner Mitbürger gewählt worden war. Die grüne Bewegung, die die städtische Bourgeoisie und einen Teil der Jugend gruppiert hatte, ist im Sande versickert. Von nun an setzt Washington nicht mehr auf den Sturz des Regimes, sondern auf Zwietracht. Die USA möchten die Krise zwischen der religiösen Tendenz des Laridschani-Clans und der nationalistischen Tendenz der Ahmadinedschad-Familie ausnutzen.

Voltaire Netzwerk| Teheran (Iran)| 23. Februar 2013Ahmadinedschad, der Unsinkbare

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Das historische Bündnis zwischen den religiösen und nationalistischen Strömungen wird durch das Ungleichgewicht zwischen den niedrigen Wahlresultaten von Ali Laridschani und der enormen Popularität von Mahmoud Ahmadinedschad gestört. Die nahen Wahlen im Juni haben die Krise plötzlich an die Öffentlichkeit gebracht.

Vier Monate vor der iranischen Präsidentschaftswahl ist der Kandidat des charismatischen, vier Jahre erfolgreichen Mahmoud Ahmadinedschad immer noch unbekannt. Entsprechend der Verfassung wird der Präsident nach seinen zwei Amtsperioden nicht Kandidat sein, aber könnte von der Macht nicht weit weg bleiben und bei der nächsten Wahl, wie Wladimir Putin es gehandhabt hat, zurückkommen.

Im Jahr 2009 hatten Protestmärsche Teheran und Isfahan aufgerührt: die Anhänger des liberalen Kandidaten hatten die Macht beschuldigt, die Wahlergebnisse manipuliert zu haben. Dieser Bewegung war der Atem schnell ausgegangen, aber hatte tiefe Wunden unter der Jugend hinterlassen. Sie wurde von einer riesigen Demonstration zur Unterstützung der Institutionen der islamischen Revolution beendet. Die selbst durch die Argumente des Außenseiters überzeugten Iraner haben ihm vorgeworfen, zum Aufstand aufgerufen zu haben.

Die Jugend hatte das Programm von Moussaoui nicht gelesen und war sich seiner Huldigung des globalisierten Kapitalismus nicht bewusst. Sie glaubte, irrtümlich, er sei ein Liberaler, was die Moral angeht. Auf jeden Fall war sie überzeugt, dass sie die Wahl zwischen individueller Freiheit und ’dem System’ hatte. Sie hatte daher plötzlich die nationalen Gedenkfeiern desertiert.

Durch die Gewalt des Putsches erschüttert, hatte die Macht Zeit gebraucht, ihre Parade auszuarbeiten. Beispielsweise zeigte eine durch iranische Experten ausgeführte Einzelbild-Analyse des berühmten Videos von der jungen Neda, die angeblich während einer regierungsfeindlichen Demonstration von Sicherheitskräften getötet worden wäre, dass es gefälscht war. Dann gab es die durch erwachsene Trainer animierte Organisation von Sprech-Gruppen, um junge Menschen zu schulen und ihnen das Ideal der Älteren zu vermitteln. Diese Bemühungen haben Früchte getragen und man konnte wieder eine starke Beteiligung der weniger als 30-Jährigen in den letzten patriotischen Zeremonien beobachten.

Unterdessen hat Washington keine Mühe gespart, um die iranische Gesellschaft zu stören und auf generationsübergreifende Konflikte zu spielen. Mehr als hundert Fernsehsender auf Farsi Sprache wurden geschaffen und von Satelliten aus auf das Land gesendet, um den „Amerikanischen Traum“ zu preisen. Sie haben die Iraner von ihren eigenen nationalen Sendern abgebracht, aber es ist nicht sicher, ob sie sie in dieser Sache überzeugt haben.

Während jedermann sich auf einen neuen Versuch für eine Farbenrevolution vorbereitete, kam die Überraschung aus der Koalitionsregierung. Die klassische Konfrontation zwischen Nationalisten und Religiösen wurde stärker und explodierte schließlich in aller Öffentlichkeit. Der Präsident der Republik, Mahmoud Ahmadinedschad und jener des Parlaments, Ali Laridschani, beschuldigen einander, korrupte Mitarbeiter zu schützen. Die Bilder von ihren Auseinandersetzungen erscheinen in Schleife auf den westlichen Fernsehern auf Farsi. Trotz seiner Ermahnungen ist der oberste Führer, Ajatollah Ali Khamenei, nicht in der Lage, die Protagonisten zu beruhigen.

Darüber hinaus ist die populäre Unterstützung Ahmadinedschads im ganzen Land massiv, außer paradoxerweise in Teheran, der Stadt, wo er Bürgermeister war. Die rasche Industrialisierung des Landes, seine neuen Verteilungsprogramme von Ölgewinnen in Form von monatlichen Vergütungen an jeden Erwachsenen, und der Bau von subventionierten Wohnungen, haben ihm die Zustimmung der Arbeiter und Bauern versichert. Ahmadinedschad, der das Gefühl hat, sein Kandidat werde weitgehend gewählt werden, zögert nicht, den Religiösen zu trotzen und zu zeigen, dass wenn es nur nach ihm ginge, die Jugend-Anforderungen erfüllt werden könnten.

Er hat sich sogar erlaubt, die Schönheit des Hijab zu loben, um umso mehr das Gesetz seiner Pflicht ihn zu tragen, zu kritisieren. Ali Laridschani und sein Bruder Sadiq (Leiter der Justiz) erkennen klar, dass ihr Rivale versucht, die Positionen zu verschieben, um die Kandidatur von seinem Generalstabschef, Esfendiar Rahim Mashaei durchzusetzen. Dieser kümmert sich darum, die religiösen Bezüge in offiziellen Reden umzuschreiben, in ein universelleres, nicht mehr ausschließlich schiitisches Gefühl. Die Religiösen befürchten jedoch, dass diese Flexibilität eine offene Tür für den Niedergang des Islam darstelle.

Sie reagieren, indem sie das Gerücht verbreiten, die Ahmadinedschad-Familie habe den Verstand verloren, befinde sich in direktem Kontakt mit dem Mahdi und erwarte seine Ankunft, indem sie ihm einen freien Sitz im Ministerrat reserviere. Um die Situation zu beruhigen und die Einheit der Revolution zu bewahren, könnte der Führer Khamenei die Ahmadinedschad-Familie auffordern, einen weniger umstrittenen Kandidaten als Mashaei zu präsentieren.

Die westlichen Medien sind von Schizophrenie erfasst. Während ihre Farsi-TV-Kanäle sich an diesen Konfrontationen ergötzen, sagen sie in ihren TV-Sendern in europäischen Sprachen kein Wort. Sie machen weiterhin ihren Zuschauern vor, der Iran sei eine monolithische, von Mullahs beherrschte Diktatur. Die Jugendlichen, die gegen das „Regime“ auf die Straßen gingen, wurden oft die glühendsten Anhänger von Ahmadinedschad und dürften seinen Kandidaten im Juni unterstützen. Sie denken, dass die islamische Revolution mit ihm die nationale Befreiung und die Freiheit des Einzelnen verträglich machen könnte.

Thierry Meyssan

Übersetzung
Horst Frohlich

Quelle
Al-Watan (Syrien)


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