86. Die Streitende Gemeinde

Ein Sammelband zu Bachmann und dem Streit der Forschung  wird unter dem Titel “Eine Lady Di des Literaturbetriebs” von Rolf Löchel abgehandelt: „Der Zusammenhang zwischen Leben und Werk ist ein zentraler Streitpunkt innerhalb der Bachmann-Forschung“, erklärt Renate Langer …

Mag Langers Aussage auch … konsensfähig sein, so erweist sich ihr Aufsatz über die „Bruchlinien im Bachmann-Bild“ doch als lesenswert, und das beinahe schon alleine wegen des Lesevergnügens, das seine mal feine, mal maliziöse Ironie bietet, die Langer gleichermaßen den diversen Herren, die sich rühmen, mit Bachmann Brot und Bett geteilt zu haben, wie auch dem Gefolge eines „postumen Kultes“, dem Bachmann „wie eine Lady Di des Literaturbetriebs“ erscheint, zuteil werden lässt. Besagten Herren bescheinigt sie etwa eine „auffallend“ häufige „Lust am Bloßstellen“ Bachmanns. Die Belege hierfür sind, wie man weiß, zahlreich. Langer zitiert unter anderem einige besonders schäbige Ausfälle von Hermann Hakel.

Nicht weniger hart geht sie andererseits mit Karin Strucks „wirrem und hochemotionalem Bachmann-Kult“ und einer bestimmten feministischen Rezeptionsrichtung ins Gericht, die Bachmann in den 1980er-Jahren „als Ikone eines feministischen Leidenskults verehrte“ … Damals aber wurde Bachmann im Zuge des ‚Opferfeminismus‘ gerne mit ihren Figuren identifiziert, wobei die „zwischen Empörung und Selbstmitleid schwankende Leserin“ sich selbst „sowohl mit der Autorin als auch mit deren Figuren“ identifizierte und sich dabei „in der Gemeinschaft der Opfer eines in seinen Strukturen durch und durch faschistischen Patriarchats gut aufgehoben fühlte“ …

Sigrid Weigels Ende des Jahrhunderts erschienener (Anti-)Biografie „Unter Wahrung des Briefgeheimnisses“ lastet sie an, die Literatin „von allen Körpersäften gesäubert, getrocknet und mit Papier ausgestopft“ zu haben, sodass in dem Buch nur noch ein „blutleerer Automat“ auftrete, „der eines Tages selber Literatur zu produzieren begann, nachdem er genügend Literatur in sich hineingefressen hatte“ …

„Wir würden nur zu einem sehr harmlosen Verständnis von Leben und Werk gelangen, wenn wir uns dem privaten Geheimnis der Werke verschließen würden“, argumentiert Hans Höller. Denn „das Private oder das Biographische fast zwanghaft mit ‚biographistisch‘ und ‚reduktionistisch‘ zu assoziieren“ und die „Vernachlässigung der unverwechselbaren Geschichte“ der VerfasserInnen komme einer „ängstlichen Verdrängung der Bedeutungsvielfalt künstlerischer Werke“ gleich. Nun trifft seine Feststellung eines „nie ganz aufzulösenden Verhältnisses von Literatur und Leben“ zwar sicher zu, doch gibt es schließlich ja tatsächlich zahlreiche Interpretationen zumal von Frauen verfasster Werke, .. die Frauen qua Geschlecht die Fähigkeit abspricht, Kunstwerke schaffen zu können, und ihnen gerade mal die Fertigkeit zugesteht, Selbsterlebtes nachzuerzählen. Ein Problem, dass ihm nicht eben unter den Nägeln zu brennen scheint.

Katya Krylowa etwa folgt der Suche nach Spuren, die Bachmann „zwischen Provinz und Moderne“ hinterließ, während Caitríona Ní Dhúill Bachmanns „Poetik des Rauchens“ nachspürt. Hannes Schwaiger lauscht nicht nur anhand von Audio-Aufzeichnungen auf „Ingeborg Bachmanns Stimme im Rauschen der biographischen Diskurse“. Der „fotografischen Konstruktion einer Dichterin“ gilt das Interesse von J. J. Long und Manfred Mittermayer hat sich die „bewegten Bachmann-Bilder im Dokumentar- und im Spielfilm“ angeschaut. Besonders erhellend aber ist Caitríona Leahys Beitrag über „Bachmann als Objekt von Porträtdarstellungen“. „Das einzig angemessene Porträt Bachmanns“ sei „eines, in dem sie sichtbar abwesend ist“, lautet ihr Resümee.

Nicht weniger lesenswert als Leahys Aufsatz ist Áine McMurtys Beitrag über Marcel Reich-Ranickis berühmt-berüchtigtes Wort von der „gefallenen Lyrikerin“, das noch immer „mit allen Konsequenzen“ nachwirke. Anders, als Reich-Ranickis „ebenso moralisierende wie krude auf das Geschlecht der Lyrikerin verweisende Anspielung“ suggeriert, sei Bachmann keineswegs „hilflos aus dem lyrischen Modus“ gefallen, sondern habe „im lyrischen Schreiben ein entscheidendes Mittel zur Bewältigung der Krisenerfahrung gewonnen, das in ihr politisch-ästhetisches Projekt der 1960er Jahre eingehen sollte“.



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