4. Hochzeitstag – der erste als Witwe

Artikelbild-EheringeIch weiß: Viele denken, dass es mir richtig gut geht, ich immer fröhlich drauf bin und ja anscheinend vergessen habe, was Ende Dezember passiert ist.

Doch wie könnte ich? Es gibt vereinzelte Tage, an denen ich es schaffe, nicht in Trauer zurückzublicken auf die Zeit mit Stephan, doch meistens stehlen sich sofort Bilder und Erinnerungen an den Tag, an dem er in meinen Armen gestorben ist, mit ein. Meistens schaffe ich es, die aufsteigende Trauer, Wut, Ohnmacht, Magenkrämpfe und Tränen zurückzuhalten und dieses Gefühl vergeht dann wieder.

Doch heute… Heute wäre unser 4. Hochzeitstag gewesen… Eigentlich sollten wir uns gemeinsam an diesen Tag erinnern und uns freuen, dass wir uns noch haben… Haben wir aber nicht… Ich sitze hier alleine, weil ich nach 3,5 Jahre Witwe wurde. Ich hasse dieses Wort. Und doch muss ich es immerzu angeben. Jede Behörde will es hören, auf jedem noch so kleinen Formular muss dieses hässliche Wort eingetragen werden: „verwitwet“.

Gestern war ich bei der S-Bahn um das laufende Abo zu beenden und auf meinen Namen ein Neues zu starten, da das alte auf seinen Namen lief. Als die gute Dame fragte: „Wann ist ihr Mann denn verstorben?“ und ich mit: „Ende Dezember.“ antwortete, schaute sie mich groß an und meinte: „Das ist ja schon eine Weile her.“ Ja und Nein. In 12 Tagen ein halbes Jahr.

Dieses halbe Jahr ohne ihn war voll gepackt mit Dingen, die erledigt werden müssen und vielen angenehmen Augenblicken. Und sicher wird auch die nächste Zeit nicht anders aussehen. Und gerade in den letzten Wochen lief alles super. Doch heute…

Bereits gestern hatte ich arge Probleme, die immer wieder aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Doch was sollte ich machen? Ich kann nicht einfach mal für eine gewisse Zeit auf Arbeit ausfallen, weil ich mich nicht unter Kontrolle habe. So mußte eine kurze Auszeit auf dem Klo ausreichen, in der ich so viele Tränen vergossen habe wie möglich. Die fragenden Blicke der Kollegen hab ich danach ignoriert. Entschuldigt bitte. Aber wenn ich darüber reden müsste, könnte ich es nicht zurückhalten.

Im Moment scheint die Sonne und versucht, mein Gemüt aufzuheitern. Es gelingt ihr nicht wirklich. Eher besteht die Hoffnung, dass sie auch heute nachmittag noch da ist und ich die Kraft finde, zum Friedhof zu fahren. Vorgenommen habe ich es mir. Aber ob ich es wirklich schaffe? Ich weiß nicht. Außerdem habe ich eigentlich so viel anderes heute noch, das erledigt werden muss. Und ja: es hört sich nicht nur nach einer Ausrede an. Ich bin auf der Suche nach ebensolchen um den Gang doch nicht gehen zu müssen. Stimmt auch wieder: ich muß nicht. Aber ganz tief in mir drin möchte ich gerne. Da ist ganz viel Angst davor, denn ich weiß noch sehr gut, wie es mir das letzte Mal erging. Und eigentlich wollte ich es vermeiden, ihn noch einmal alleine zu besuchen.

Doch heute wäre halt unser Hochzeitstag gewesen. Dieser Tag, der damals so perfekt war. Selbst der aufgekommene Regen hat gepasst. Und natürlich die Sonne später. Sicher war das damals schon der Hinweis, dass es in unserer Ehe auch trübe Zeiten geben wird. Doch wir haben uns auf die sonnige Zeit konzentriert. Bis die Dunkelheit uns einholte.

Oh Mann. Es war vielleicht nicht meine beste Idee hier schon früh zu sitzen und meine Gedanken nieder zu schreiben. Nun komme ich heute schon verheult auf Arbeit an. Aber die Tränen wären ohnehin geflossen. Kann sie gar nicht aufhalten.

Ich weiß nicht, wie ich durch diesen besonderen Tag komme. Doch ich werde es versuchen. Wie an jedem anderen Tag auch…


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