28. Wiederverzauberung der Welt

Nach der Etablierung der „Roughbooks“-Reihe waren zwar sofort die Unkenrufer zur Stelle, die das neue Konzept für nicht überlebensfähig hielten und eine sektiererische Einkapselung der Lyrik-Community in einer winzigen Internet-Nische befürchteten. Aber der Untergang fand nicht statt, im Gegenteil. Nach den ersten zwölf „Roughbooks“ verweist Engeler mit berechtigtem Stolz auf die guten Verkaufszahlen und avisiert sein Konzept als zukunftsträchtiges Erfolgsmodell. „Ich sehe aber eine Gefahr für den Buchhandel heraufkommen“, so Engeler nicht ohne Spott, „wenn sich herumspricht, wie gut das Roughbooks-Konzept funktioniert.“

Dabei verweist er auf die starke Resonanz, auf die selbst die Bände der ungestümen jungen Poeten Christian Filips („Heiße Fusionen“) und Konstantin Ames („Alsohäute“) stießen. Die zweihundert gedruckten Exemplare der „Heißen Fusionen“ sind bereits vergriffen und von den erst im Dezember erschienenen Gedichten des sprachverrückten Konstantin Ames ist bereits die Hälfte der Auflage verkauft. Natürlich kann man mit Auflagen von 200 oder 300 Exemplaren keine fühlbaren Renditen erzielen, aber selbst avancierte Suhrkamp-Gedichtbände erreichen in der Regel kaum höhere Verkaufszahlen. Nur in Ausnahmefällen erreicht die verkaufte Auflage eines zeitgenössischen Gedichtbands noch die berühmte „Enzensbergersche Konstante“ von 1354 Lesern.

Die beiden jüngsten „Roughbooks“ repräsentieren die gegensätzlichen Pole des Engeler-Programms. Der Leipziger Konstantin Ames (Jahrgang 1979) favorisiert ein assoziationswütiges, zergliederndes Schreiben, das auf die „Ironiefähigkeit“ der lyrischen Rede vertraut. Als Roughbook 0012 ist zudem eine kollektive poetische Annäherung an die mittelalterliche Mystikerin Mechthild von Magdeburg erschienen. Fünf Dichter, darunter literarische Schwergewichte wie Franz Josef Czernin und Oswald Egger, vergewissern sich einer sympathetischen Nähe zu den religiösen Visionen Mechthilds. Es handelt sich letztlich um Wiederbelebungen sakralisierender Poetiken, in denen viel von „Vision“, „Ergriffenheit“, „Offenbarung“ und „Geheimnis“ die Rede ist: Die Poesie ist also wieder legitimiert, an der Wiederverzauberung der Welt arbeiten. / Michael Braun, Badische Zeitung



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